Fragestellung.
Forschungsfragen.
Fragen zur Fragestellung.
Fragen zu den Forschungsfragen.
Fragen über Fragen.
Noch Fragen? Fragen Sie sich gerade, was das alles soll, und haben nur noch Fragezeichen in den Augen?
Es ist schnell aufgelöst:
Um Fragestellungen, die Studierende zu einem vorgegebenen Thema entwickeln sollen, ging es in einer meiner Lehrveranstaltungen vor ein paar Tagen.
Um Forschungsfragen ging es anschließend.
Am Ende hatten die Studierenden viele Fragen zur Fragestellung und zu den Forschungsfragen.
Fragen über Fragen eben.
Was war passiert?
Wir hatten uns der Sache mit einer kollegialen Beratung angenommen (mehr zur Methode der kollegialen Beratung beim wissenschaftlichen Arbeiten). Die Studierenden waren bestens vorbereitet in die Veranstaltung gekommen und konnte ihre Anliegen mit allen nötigen Informationen vortragen.
Allerdings hatten wir nur anderthalb Stunden zur Verfügung. Jetzt können Sie leicht ausrechnen, wie viele (oder besser: wie wenige) Studierende die Gelegenheit hatten, eine Beratung zu erhalten. Zwar hat den Studierenden auch das Beraten ihrer Mitstudieren viel gebracht, wie mir hinterher bestätigt wurde. Selbst das bloße Zuhören bei den Beratungen erzeugte eine Wirkung, was ich daran merkte, dass manche sich eifrig ihre Geistesblitze notierten. Aber das ist eben doch etwas anderes, als direkte und zielgerichtete Anregungen zum eigenen Fall zu bekommen. Die Lehrveranstaltung endete demnach etwas unbefriedigend mit ein paar langen Gesichtern bei den Studierenden. Eine gewisse Orientierungslosigkeit machte sich bei jenen breit, die nicht mehr drankommen durften. Das konnte mein Dozentinnenherz natürlich nicht gut ertragen.
Einen Tag später setzte ich mich an den Rechner und erstellte kurzerhand eine Checkliste. Ich wollte den Studierenden wenigstens auf diesem Weg noch einige Anhaltspunkte geben, an denen sie eine gute Frage erkennen können. Entstanden ist eine Liste mit sieben ziemlich simplen Fragen und noch viel simpleren Erläuterungen. Vereinfachen liegt mir eben.
Vorab für Sie noch zwei Hinweise zur besseren Einordnung:
- Es handelt sich um Studierende im zweiten Semester eines dualen Bachelor-Studiengangs. Der Begriff „Praxispartner“ in manchen Fragen bezieht sich auf das Unternehmen, in dem die Studierenden den praktischen Teil ihres Studiums absolvieren.
- Die Studierenden waren vorab über die grundsätzliche Bedeutung einer Fragestellung für ihre wissenschaftlichen Arbeiten informiert. Die Basics waren also zumindest theoretisch klar. Anderenfalls hätten die Studierenden den Termin ja auch nicht so gut vorbereiten können.
Hier die Checkliste:
- Ist die Fragestellung zu einfach? D.h. liegt die Lösung eigentlich schon auf der Hand?
Woran erkennen Sie das? Fragen Sie unabhängig voneinander fünf Personen nach der Antwort. Liegen alle spontan richtig? Dann sollten Sie Ihre Fragestellung noch einmal verfeinern. Sie müssen sich wahrscheinlich ein wenig aus Ihrer Komfortzone bewegen, um etwas Relevantes zu entdecken.
- Lässt die Frage überhaupt wissenschaftlich beantworten?
Woran erkennen Sie das? Sie können in Ihrem Text argumentieren (und nicht nur spekulieren); für Ihre Argumente gibt es Belege in Form von Literatur oder Daten. „Daten“ können in bestimmten Fällen auch Auskünfte des Praxispartners sein.
- Kann ich diese Fragestellung überhaupt beantworten?
Woran erkennen Sie das?
- Sie haben Zugang zu allen relevanten Daten und/oder Personen.
- Sie kennen die einzusetzende Methode bereits bzw. können sie rechtzeitig erlernen#
- Ist die Frage so formuliert, dass sie eine gute Antwort ermöglicht?
Woran erkennen Sie das?
- Die Frage lässt sich nicht mit Ja oder Nein beantworten. Außerdem zielt sie nicht auf eine schulische Erörterung ab, sondern auf wissenschaftliche Argumentation (s. auch 2.)
- Sie haben die wesentlichen Aspekte nicht nur im Kopf, sondern sie auch aufs Papier gebracht. (Kann jemand, der weder das Thema noch den Praxispartner kennt, in Ansätzen verstehen, wonach Sie fragen?)
- Beziehe ich den Praxispartner ausreichend ein?
Woran erkennen Sie das?
- Der Name des Praxispartners ist im Optimalfall in der Frage explizit genannt.
- Die Antwort auf die Fragestellung hat einen Nutzen für den Praxispartner.
- Ist die Fragestellung genügend eingegrenzt?
Woran erkennen Sie das? Das ist der schwierigste Teil… Überlegen Sie, ob Sie für jedes Unterthema noch genügend Raum in der Arbeit haben, um es wirklich zu vertiefen. Oder genügt es nur noch für oberflächlichen Text? Dann müssen Sie weiter eingrenzen.
- Passt die Fragestellung zum Thema?
Manchmal passiert es, dass man sich beim Brainstorming sehr weit vom Ausgangspunkt entfernt. Es ist also gar nicht selten, dass am Ende eine vermeintlich perfekte Fragestellung steht, diese aber nicht mehr zum vorgegebenen Thema passt. Überprüfen Sie das auf jeden Fall!
Zu dieser Liste habe ich von den Studierenden bislang ausschließlich positive Rückmeldungen erhalten, was natürlich schon einmal schön ist. Noch spannender wird es für mich letztlich, wenn ich später die Ergebnisse in Form der gewählten Fragestellungen und Forschungsfragen sehe.
Woran erkennen Sie eigentlich eine gute Fragestellung? Welche No-Gos haben Sie für sich in Bezug auf Fragestellung und Forschungsfragen definiert, wenn Sie Arbeiten betreuen oder begutachten?