Achtung, Literatur: Warum in der Lehre der Umgang mit Literatur ein undankbares Thema ist

Wissenschaftliches Arbeiten ist ohne Literatur kaum denkbar. Für die Lehre bedeutet das: Bei der Vermittlung des entsprechenden Know-hows darf nichts schiefgehen. Nach den entsprechenden Unterrichtseinheiten sollen die Studierenden in der Lage sein, eigenständig Literatur zu recherchieren, aus der Trefferliste eine geeignete Auswahl zu ermitteln und diese Titel so zu erfassen, dass sie die Quellen beim Schreiben reibungslos weiterverarbeiten können.

In diesem Beitrag geht es also darum,

  • welche Punkte beim Thema Literaturrecherche unbedingt erwähnt werden müssen
  • wie die Studierenden lernen können, Literatur zu beurteilen und auszuwerten und
  • was zur Literaturerfassung zu sagen ist.

Während es relativ leicht ist, die Recherchetechniken zu vermitteln, stößt man bei den anderen beiden Punkten öfter mal auf Schwierigkeiten. Warum das so ist? Schauen wir es uns einmal Schritt für Schritt an.

Literaturrecherche: Wieso eine Checkliste?

Ergänzend zu der Auflistung in diesem Artikel  zeige ich hier eine kleinteiligere Liste von Punkten zur Literaturrecherche, die ich in jedem Kurs abdecken will. Die Checkliste hilft dabei, nichts zu vergessen. So einfach ist das. Selbstverständlich stehen die wichtigsten Punkte auf den Folien. Doch manchmal kommt einfach etwas dazwischen.

Ab und an entwickelt das Lehrgespräch eine eigene Dynamik, und es bietet sich an, die Themen spontan in einer anderen als der geplanten Reihenfolge durchzugehen.

Oder mitten im Thema ist die Zeit um (zum Beispiel, wenn Sie das vorgehende Thema schneller abschließen konnten und die restliche Zeit noch nutzen wollten).

Viele lehren auch in mehreren Kursen parallel, manchmal auch mit etwas Zeitversatz. Da sollte man dann schon wissen, was genau wo bereits gesagt wurde.

In all diesen Fällen bin ich froh, wenn ich den Überblick behalten und unkompliziert nachvollziehen kann, welche Punkte noch offen sind. Gerade bei so einem zentralen Thema wie der Literaturrecherche.

Hier ist sie, die Literaturrecherchenvermittlungscheckliste

Ist das nicht ein tolles Wort? Aber kümmern wir uns lieber um die Inhalte. Als Lehrende wissen Sie, was hinter den folgenden Punkten steckt. Ich erkläre deshalb nichts, sondern liste wirklich nur auf:

  • Vor- und Nachteile der pragmatischen Herangehensweise (auch bekannt als Schneeballsystem oder Methode der konzentrischen Kreise)
  • Vor- und Nachteile der systematischen Herangehensweise (Fachlexika, Handwörterbücher, Katalogsuche etc.)
  • Organisatorische Unterschiede Stadtbücherei – Universitätsbibliothek
  • Aufbau einer wissenschaftlichen Bibliothek (Präsenzbestand, Lehrbuchsammlung, Freihandbereich, Magazin, Zeitschriftensammlung etc.)
  • Vorlaufzeiten für die Ausleihe (durch Vorbestellung, durch eine eventuell nötige Vormerkung)
  • Richtige Verwendung von Suchbegriffen und Operatoren
  • Schlagworte, Suche über Schlagworte
  • Verhalten bei zu vielen Treffern
  • Verhalten bei zu wenigen Treffern
  • Arbeitserleichternde Möglichkeiten des OPAC (speichern, Liste verschicken, Daten exportieren)
  • Hinweis auf Schulungsangebot der UB (offline und online)
  • Karlsruher Virtueller Katalog (KVK)
  • Fernleihe
  • Datenbanksuche und Alternativen zur UB

Damit sollte das Wesentliche abgedeckt sein. Haben Sie weitere Punkte auf Ihrer Liste? Schreiben Sie sie gern in die Kommentare.

Literaturauswahl: Undankbare Themen, Teil 1

Sie stehen jetzt also an dem Punkt, an dem Sie Ihrem Kurs bereits erläutert haben, wie man nach allen Regeln der Kunst Literatur recherchiert. Eventuell haben Sie sogar gemeinsam der Bibliothek einen Besuch abgestattet.

Was danach kommt, finde ich schwierig zu vermitteln. Die Auswahl der passenden Literatur ist, gerade für Erstsemester (wo ich es oft unterrichte), ein heikles Thema. Als Anfänger versuchen die Studierenden gerade erst, sich im Wissenschaftsbetrieb zu orientieren, und jetzt müssen sie plötzlich Werke von den Etablierten des Faches auf deren Tauglichkeit prüfen.

  • Zum einen sollen die Studierenden die Nützlichkeit einer Quelle für ihre Fragestellung abschätzen. (Das klappt gerade noch so.)
  • Zum anderen sollen sie die Wissenschaftlichkeit der Quelle beurteilen. (Das geht bei den eindeutigen Fällen gut und ansonsten eher schlecht.) Wie sollen Neulinge ad hoc wissen, ob das vorliegende Werk von einem mittelmäßigen Populärwissenschaftler oder einer echten Koryphäe ihres (ihnen noch ziemlich neuen) Faches stammt?

Als Dozentin fühle ich mich an der Stelle ein klein wenig hilflos. Ich behelfe mir damit, den Studierenden eine, genau genommen zwei, Listen mit Auswahlkriterien an die Hand zu geben. Leider handelt es sich bei den Kriterien nur um bedenkenswerte Aspekte, und nicht um etwas, bei dem wir nach dem „Hop oder top“-Prinzip vorgehen dürften.

Jede Quelle durchläuft zwei Filter

Die Idee der zwei Filter bei der Beurteilung von wissenschaftlicher Literatur habe ich zu Beginn meiner Lehrtätigkeit von Brink (Anfertigung wissenschaftlicher Arbeiten, mittlerweile 5. Aufl., 2013, Springer Gabler) übernommen und angepasst. Mit dieser Relevanzprüfung lässt sich die Menge an Treffern bei der OPAC-Recherche auf das Wesentliche reduzieren.

Beim ersten Filter versucht man herauszufinden, ob eine Quelle aus der Trefferliste überhaupt beachtet werden soll. Als Informationen steht alles zur Verfügung, was im Katalog oder auch online herausgefunden werden kann. Die Kriterien des ersten Filters lauten u.a.: Titel und Untertitel, Verfasser und Herausgeber, Erscheinungsjahr und Auflage, Verlag, Reihe und Inhaltsverzeichnis. Hält eine Quelle diesen Kriterien stand, wird sie ausgeliehen.

Beim zweiten Filter geht es dann darum, ob eine Quelle intensiv bearbeitet und in der eigenen Arbeit verwendet werden soll. Die Kriterien des zweiten Filters lauten u.a.: Klappentext und/oder Rückseite, Vorwort, Einleitung und Zusammenfassung, Geleitwort (bei Dissertationen), Literaturverzeichnis, Zitate und Rezensionen. Das ist bereits ein Vorgriff auf das Thema Lesetechniken, insbesondere das Kursivlesen, das vielerorts im Wissenschaftlichen Arbeit auch vermittelt wird.

(Wenn Sie mehr über die zwei Filter lesen wollen, empfehle ich Ihnen den Ratgeber von Brink. Dort ist alles genau geklärt, hier würde es den Rahmen sprengen.)

Für die Studierenden kommt bei diesem Thema ziemlich viel Neues auf einmal. Das macht die Sache nicht gerade leichter.

Literaturerfassung: Undankbare Themen, Teil 2

Das dritte Thema dieses Beitrags, das Erfassen von Literatur, halte ich vor allem bei Erstsemestern für fast genauso undankbar wie das Lehren der Literaturauswahl.

Bei einer Handvoll Quellen erschließt sich den Studierenden oft nicht die Notwendigkeit einer sauberen Erfassung. Der Zeitverlust hält sich in Grenzen, wenn man wirklich mal eine fehlende Angabe nachrecherchieren muss, und auch eine Verschlagwortung ist noch nicht nötig, wenn die Zahl der Quellen im wahrsten Sinne des Wortes überschaubar bleibt. (Merken Sie, wie ich mich davor drücke, eine konkrete Zahl an Quellen zu nennen?)

Deswegen versuche ich an dieser Stelle einfach nur, bei den Studierenden das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass später einmal der Punkt kommen mag, an dem die Freude über eine lückenlose, saubere Erfassung der ausgewählten Literatur groß ist. Oder andersherum: dass man es anderenfalls verfluchen wird, nicht von Tag 1 der Recherche an alle Angaben zu einer Quelle notiert zu haben. Nämlich zum Beispiel in der Nacht vor dem Einreichen der Bachelorarbeit.

Mit diesen Gedanken im Hinterkopf erläutere ich, welche Angaben zu einer Quellen man sich auf jeden Fall notieren sollte (alle nötigen bibliographischen Informationen), welche man sich zur Arbeitserleichterung zusätzlich notieren könnte (Schlagworte, ggf. Abstract, aber auch Standort und Signatur) und welche technischen Möglichkeiten es dafür gibt. Was die Studierenden aus diesem Wissen machen, bekomme ich selten mit.

Wie lehren Sie den Umgang mit Literatur?

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