Sie haben das sicher schon erlebt: Ein Termin für ein bestimmtes Treffen oder eine wichtige Konferenz steht an, und Sie kennen dort noch niemanden. Unsicherheit macht sich breit. Sie fragen sich: „Was mich da wohl erwartet?“
Als EATAW-Newbie befand ich mich vor wenigen Wochen in genau dieser Situation. Zwar bin ich schon seit ein paar Monaten Mitglied in der Gesellschaft, also der European Association 0f Teaching Academic Writing, aber es war eben meine erste Teilnahme an einer der zweijährlich stattfindenden EATAW-Konferenzen. Der Titel lautete dieses Mal: „Academic Writing Now: Policy, Pedagogy and Practice“.
Meine Vorfreude auf drei Tage voller Input und Austausch stieg seit der Zusage immer mehr an. Vorfreude und gleichzeitig Unsicherheit – ich fahre also mit gemischten Gefühlen los.
Mit diesem Beitrag möchte ich Sie teilhaben lassen an meinen Erfahrungen. Wer weiß, vielleicht bekommen Sie ja Lust, beim nächsten Mal dabei zu sein?
Vibrant: die Community
Alle, wirklich alle, die ich kennengelernt habe, waren offen und hilfsbereit. Meine anfängliche Unsicherheit stellte sich als völlig umsonst heraus. Ich empfand es als sehr leicht, ins Gespräch zu kommen und Anknüpfungspunkte zu finden. Bereits im Bus vom Flughafen zum Konferenzort entstand die erste zufällige Begegnung, und beim ersten Abendessen ging es an einem großen Tisch direkt weiter mit den neuen Bekanntschaften. An einem Morgen habe ich ausgedehnt mit jemandem gefrühstückt, den ich bis dahin nur vom Papier her kannte. Und nicht zuletzt gab es ungezählte angeregte Pausengespräche mit so vielen unterschiedlichen Menschen. All diese Begegnungen waren einfach schön und bereichernd. Das habe ich von so manch anderer Konferenz als etwas steifer in Erinnerung.
Inspiring: die Inhalte
Die drei Tage waren prall gefüllt mit Inhalt in den verschiedensten Formaten. Natürlich gab es jeden Tag eine Keynote address sowie klassische Präsentationen und Posterpräsentationen, dazu Workshops und Symposien, am Abend des ersten Tages außerdem noch so genannte Lightning Talks von nur fünf Minuten Länge. Eine klassische Podiumsdiskussion fand am zweiten Tag statt. Auf dem Programm standen einige große Namen der Academic Writing-Szene und viele weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der schönen, weiten Welt. Insgesamt haben dieses Mal gut 400 Personen aus 47 Ländern teilgenommen.
Die Keynotes waren genau das, was sie sein sollten: inspirierend und mit dem Blick auf die großen Zusammenhänge.
• Rowena Murray: „What do we do about policy? – not just a rhetorical questions“
• Ronald Barnett: „Academic Writing – a thing of beauty, a joy to behold“
• Katrin Girgensohn: „Institutionalizing academic writing now: from margin to center“
Die Keynotes sind übrigens alle online verfügbar, wie einige der Präsentationen auch.
Die Präsentationen und Workshops liefen an allen Tagen in bis zu neun parallelen Sessions ab. Die Qual der Wahl war groß und ich mag zufällig eine sehr gute Auswahl getroffen haben, aber ich fand den Informationsgehalt und die Qualität durchgehend gut oder sogar sehr gut.
Invigorating: das Feedback zur eigenen Präsentation
Das Ziel meiner eigenen Präsentation – „The Role of Attribution and perceived Self-Efficacy in Writing Development ¬ Possibilities of evaluating a novel approach at iba, the largest private University of Cooperative Education in Germany“ – habe ich zu hundert Prozent erreicht. (Die Bezeichnung „meine Präsentation“ ist nicht ganz korrekt, denn ich habe stellvertretend für meine Kollegin Prof. Dr. Monika Zimmermann und mich präsentiert. Gemeinsam mit ihr entstand unser Lehrkonzept und alles, was damit zu tun hat. Leider konnte sie nicht mit mir nach London reisen.) Wir wollten hochwertiges Feedback, und wir bekamen sehr viele Anregungen, die uns auf jeden Fall weiterhelfen. Ich habe darüber hinaus erfahren, wer aktuell an ähnlichen Themen arbeitet. Das wäre auf anderem Wege nicht möglich gewesen.
Inhaltlich stufe ich den Besuch der Konferenz als vollen Erfolg ein. Ich habe jede Menge Input für Forschung und Lehre im Gepäck.
Very British: das Rahmenprogramm
Der Ort für die Konferenz war natürlich außergewöhnlich: Royal Holloway, University of London, im Vorort Egham im grünen Surrey. Auf der Website der Universität steht: „Frequently named as one of the most beautiful campuses in the world: Our Founder’s Building is widely recognised as one of the most spectacular university buildings in the world.“ Recht haben sie.
Das Rahmenprogramm kam oh so very British daher. Herauszuheben ist die Garden Party im innenliegenden Garten dieses wirklichen grandiosen Gebäudes, das einen mehr als würdigen Rahmen für den lockeren Austausch am Abend bot.
Die ausführliche Darbietung der Morris Dancers verlieh der Party ein besonderes Flair (Falls Sie nicht wissen, was das ist, bitte sehr. Mir war das vorher auch kein Begriff.).
Mein Fazit: Splendid!
Insgesamt hat sich der Besuch der Konferenz für mich als goldrichtig erwiesen. Zu den bereits genannten Aspekten, Community, Inhalte und Feedback (und ja, Rahmenprogramm), kommt noch ein weiterer Punkt von unschätzbarem Wert hinzu:
die Erkenntnis, wie sehr sich die Herausforderungen überall ähneln.
Mir ist erst jetzt so richtig klar geworden, dass Lehrende des Wissenschaftlichen Arbeitens bzw. Schreibens überall ähnliche Problemchen und Probleme bearbeiten. Nicht nur wir, also Sie und ich, befassen an unseren jeweiligen Standorten damit, sondern auch die Kolleginnen und Kollegen weltweit. Dabei denke ich an drei Themenkreise, die während der Konferenz deutlich wurden:
• Themen im Umgang mit den Studierenden:
So gut wie alle Lehrenden berichten von den gleichen Unsicherheiten und Fragen der Studierenden. Die speziellen Studierenden an einem Ort, in einem Studiengang, in einem Workshop sind also nicht so speziell, wie sie manchmal hingestellt werden. Die Studierenden dort verhalten sich und denken genau wie Studierende an Hunderten anderer Orte dieser Welt.
• Themen im Umgang mit Fachlehrenden und die Zusammenarbeit mit ihnen:
Auch hier ähneln sich die Fragen und – ich darf das sagen, ich bin ja selbst auch Fachlehrende – die Konflikte. Hieraus ist ein eigener Blogartikel geworden: Was Fachlehrende dringend von der Schreibdidaktik lernen sollten
• Themen in der Zusammenarbeit mit den Entscheidern (policy-makers):
Freundlich formuliert wird die Bedeutung des Schreibens und Schreiben-Lernens von den Lehrenden und den Entscheidern unterschiedlich eingeschätzt. Dieser Aspekt zog sich durch alle einschlägigen Vorträge.
Für weitere Einblicke und Fotos und Videos
Link zur Konferenz-Website: EATAW 2017 (Für weitere Fotos schauen Sie auch mal bei Twitter und Facebook vorbei oder auch hier).
Link zur Gesellschaft: EATAW
Haben Sie schon Lust bekommen, an der nächsten Konferenz teilzunehmen? Sie findet im Sommer 2019 an einem noch nicht benannten Ort statt.
Danke, liebe Frau Klein, für die anschauliche Beschreibung Ihrer Konferenzerlebnisse! Das macht in der Tat Lust auf eine Teilnahme 2019!
Viele Grüße
Stefanie Pohle