Checkliste für eine Rallye durch die Bibliothek

Kindergeburtstag? Wie bei einer Schnitzeljagd werden Kleingruppen durch die Gegend geschickt und müssen dabei verschiedene Aufgaben lösen.

Über die Sinnhaftigkeit eines gemeinsamen Bibliotheksbesuchs und die anzustellenden Vorüberlegungen habe ich hier geschrieben. Eine der Schlussfolgerungen in dem Artikel war, dass es sich für größere Gruppen statt einer klassischen Führung eine Rallye durch die Bibliothek anbietet. Übrigens: Damit das Gefühl eines Kindergeburtstags gar nicht erst aufkommt, empfiehlt es sich, zur Einführung kurz mit den Teilnehmern über die Ziele der Rallye und die gewählte Methode zu sprechen.

Mit den folgenden Fragen und Stichworten will ich Ihnen die Vorbereitung Ihrer Rallye erleichtern.

Hopp oder top: Ist eine Rallye überhaupt erlaubt?

Diese Frage gilt es natürlich mit der Bibliothek abzuklären, bevor Sie sich an die konkrete Planung machen. Die beste Anlaufstelle dafür ist die Abteilung „Führungen und Schulungen“, oder wie auch immer sie in Ihrer Heimatbibliothek heißt. Wenn die Möglichkeit einer so genannten „lehrer-“ bzw. „dozentenzentrierten Führung“ besteht, sollte auch eine Rallye kein Problem sein.

Einschränkungen kann es bezüglich des Zeitraums geben. Die Bibliotheken kennen die besucherintensiven Zeiten und gestatten Besuche größerer Gruppen eher dann, wenn es im Haus leerer ist. Mit etwas Glück deckt sich diese Zeit mit der Ihrer Lehrveranstaltung.

Vorbereitung: Wie sollten Sie die Aufgaben der Rallye gestalten?

Einer der Gründe für den gemeinsamen Bibliotheksbesuch besteht im Kennenlernen der räumlichen Gegebenheiten, kurz gesagt: Wo finde ich was? Sinnvoll ist es daher, wenn die Tour die Studierenden durch verschiedene Bereiche der Bibliothek führt:

  • Ausleihe
  • Lesesaal
  • Freihandbereich inklusive Lehrbuchsammlung
  • Zeitschriftensammlung
  • andere interessante Plätze wie etwa Gruppenarbeitsräume, Scanner/Drucker/Kopierer

Achtung, Stolperfallen!

Die Konzeption einer Rallye ist an zwei Stellen fehleranfällig:

Erstens, die Studierenden sollen die gewünschten Orte auch tatsächlich aufsuchen.

Die Aufgaben dürfen sich nur dann lösen lassen, wenn die Studierenden die Orte ablaufen. Dafür haben Sie die Rallye ja überhaupt erst angesetzt.

Vorsicht also, wenn Sie etwas nachschlagen lassen, das sich mit Leichtigkeit auch durch eine Recherche im OPAC findet. Es genügt demnach nicht, Signaturen oder Autoren und Titel abzufragen. Auch die Inhaltsverzeichnisse der Bücher sind oft im Katalog verlinkt. Also sollten Sie entweder ein Buch wählen, bei dem das nicht der Fall ist, oder Fragen stellen wie „Wie lautet das 5. Wort auf Seite 23?“ (statt „Wie lautet die Überschrift des 5. Kapitels?“).

Bei Orten wie Scanner-Stationen, können Sie als Aufgabe zum Beispiel Informationen vom Typenschild ablesen lassen. Was genau die Studierenden tun müssen, ist eigentlich auch irrelevant – Hauptsache, sie haben den Ort nachweisbar gefunden.

Zweitens, die anzusteuernden Bücher müssen in mehreren Exemplaren zur Verfügung stehen.

Wählen Sie auf jeden Fall Werke, die mehrfach vorhanden sind. Damit erhöhen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass am Tag der Rallye mindestens ein Exemplar an Ort und Stelle ist und die Aufgabe lösbar bleibt. Also auf zu den Klassikern und Grundlagenwerken! Es wäre doch frustrierend, wenn die Studierenden die den Zielort gefunden haben und die Aufgabe dennoch nicht lösen können.

Lärmprophylaxe

Zusätzlich zu den zwei genannten Fehlerquellen sollten Sie darauf achten, dass die Anlaufstellen weit auseinanderliegen und außerdem die Gruppen die Aufgaben in verschiedenen Reihenfolgen lösen müssen. Damit verhindern Sie größere Ansammlungen von Studierenden. Denn eine große Gruppe von Studierenden ist immer lauter als mehrere kleine, verteilte Gruppen. Und Sie wollen ja Ihre mühsam erarbeitete Rallye im Folgesemester wahrscheinlich noch einmal durchführen…

Am Tag der Rallye: Die Durchführung

 

  • Treffpunkt

Vereinbaren Sie mit Ihren Studierenden einen gut auffindbaren Treffpunkt wie beispielsweise den Informationsschalter oder einen bestimmten Bereich bei den Schließfächern (die benötigen die Studierenden sowieso, bevor es losgeht).

  • Aufgaben

Jede Kleingruppe erhält ein Aufgabenblatt. (Bisher mache ich das in der Papiervariante. Hat jemand Erfahrung damit, die Aufgabenblätter elektronisch zur Verfügung zu stellen?)

Achtung: Smartphones

Bei der Navigation durch die Bibliothek ist es für die Studierenden ziemlich praktisch, mit dem Smartphone von jeder Stelle aus die gerade benötigten Informationen nachschlagen zu können und dafür nicht immer wieder zu einem Computer laufen zu müssen.

Allerdings erlauben die Telefone auch den Kontakt der Gruppen untereinander, so dass Lösungen leicht weitergegeben werden können. Aus Sicht der Studierenden ist das natürlich phantastisch, aus Sicht der Dozierenden weniger. Der Lerneffekt geht dann gegen Null.

Bei meinen Aufgabenblättern ist daher nicht von vorneherein erkenntlich, dass jede Gruppe unterschiedliche Aufgaben lösen muss. Das erschwert zumindest ein bisschen die Weitergabe von Lösungen, auch wenn ich noch nicht so recht glücklich damit bin.

  • Hinweise zum Ablauf

Neben den Fragen sollten auch Hinweise zum Ablauf der Rallye enthalten sein. Leider ist es nicht allen von vorneherein klar, dass sie sich ruhig zu verhalten haben. Es kann also nicht schaden, darauf auch schriftlich noch einmal hinzuweisen. Außerdem sollten die Studierenden auf dem Blatt nachlesen können, was zu tun ist, wenn alle Aufgaben gelöst sind bzw. wenn sie nicht weiterkommen. Spielen Sie den Ablauf für sich einmal gedanklich durch. Dann sollten Sie schnell merken, ob noch Informationen fehlen.

  • Ihr Standort

Sie selbst benötigen einen Aufenthaltsort, an dem Sie bei Bedarf leicht zu finden sind, es einigermaßen komfortabel haben (denn die Gruppen sind ja dann erst einmal eine Weile lang unterwegs) und an dem Sie niemanden stören, wenn die Gruppen zur Besprechung der Lösungen bei Ihnen ankommen. Ein Gruppenarbeitsraum bietet sich an.

Und dann kann es auch schon losgehen! Seien Sie gespannt, wie viel Zeit zwischen der Ankunft der schnellsten und der langsamsten Gruppe liegt!

Die Checkliste

Zum Abschluss habe ich noch einmal alle Punkte in einer Checkliste für Sie zusammengestellt:

1) Mit der Bibliothek abklären, ob und wann eine Rallye erlaubt ist.

2) Vortour machen mit dem Ziel

  • die Aufgaben zu erstellen
  • einen Treffpunkt festzulegen
  • den eigenen Aufenthaltsort für die Dauer der Rallye festzulegen

Praktisch ist es, die Aufgaben und Lösungen direkt in einer Datei zu erfassen. Planen Sie für die Vortour lieber etwas mehr Zeit ein! Die Erstellung der Aufgaben in mehreren Varianten nimmt viel Zeit in Anspruch.

3) Aufgabenblätter fertigstellen und vervielfältigen

Welche „Regieanweisungen“ für die Studierenden sollen auf dem Aufgabenblatt stehen?

  • „Bitte ruhig verhalten!“
  • Was ist zu tun, wenn alle Aufgaben gelöst sind?
  • Was ist zu tun, wenn man nicht weiterkommt?

4) Den Ablauf im Geiste durchspielen

  • Was passiert in welcher Reihenfolge?
  • Müssen Studierende, die falsche Lösungen präsentieren, noch einmal losziehen?
  • Gibt es ein gemeinsames Ende der Veranstaltung? Eine Nachbesprechung?

5) Am Tag der Rallye

  • kurze Einführung am Treffpunkt geben
  • Aufgabenblätter verteilen
  • Lösungen bereithalten

Haben Sie Ergänzungen zu der Checkliste? Was hat sich bei Ihnen bewährt?

Universitätsbibliothek : „Und rechts sehen Sie den Präsenzbestand…“

Es führt kein Weg daran vorbei: Irgendwann benötigt jeder Literatur, wenn eine wissenschaftliche Arbeit anzufertigen ist. Manche steuern die Bibliothek gleich am Anfang an, wenn sie noch nach einem Thema oder einer Fragestellung suchen. Sie sichten erst einmal viele Quellen und lesen sich ein. Andere wissen schon, in welche Richtung ihre Arbeit gehen soll, und können gezielter recherchieren. In beiden Fällen ist es unabdingbar, die Techniken der Literatursuche zu beherrschen.

Das nötige Wissen über die Literaturrecherche lässt sich sehr gut in der Lehrveranstaltung vermitteln:

  • Wie ist eine wissenschaftliche Bibliothek grundsätzlich aufgebaut?
  • Was ist dort anders organisiert als etwa in einer Stadtbücherei?
  • Wie funktioniert ein OPAC?
  • Welche Strategien kann ich bei der Literatursuche anwenden?
  • Wieso sollte ich nicht nur im Internet nach Quellen suchen?

Um diese Inhalte zu vermitteln, müssen wir den Hörsaal theoretisch nicht verlassen. All das lässt sich mündlich, anhand unterstützender Folien und mit ein bis zwei Ausflügen in die weite Welt des Internets, sehr anschaulich lehren. (In diesem Artikel habe ich mehr dazu geschrieben.)

Was bringt ein gemeinsamer Besuch in der Bibliothek?

Wieso also sollte ich mit dem kompletten Kurs der Bibliothek einen Besuch abstatten? Dieses Thema möchte ich zuerst aus der Perspektive der Studierenden betrachten. Danach schildere ich, welche Aspekte bei der Vorbereitung zu beachten sind.

Das „Pro“ aus Sicht der Studierenden

 

  • Das Zurechtfinden in einer wissenschaftlichen Bibliothek ist kompliziert.

Solche Bibliotheken sind im Regelfall groß und auf den ersten Blick unübersichtlich: Es hilft, wenn man die verschiedenen Bereiche direkt vor Ort gezeigt bekommt und etwa ausleihbare Bücher vom Präsenzbestand unterscheiden lernt. Neulinge sparen einiges an Zeit, wenn jemand ihnen die wichtigsten Informationen an Ort und Stelle weitergibt.

  • Ein gemeinsamer Bibliotheksbesuch nimmt eventuelle Schwellenängste.

Gerade bei Studierenden aus Familien ohne akademischen Hintergrund ist das manchmal ein Thema. Oder besser gesagt: Es ist eben kein Thema, denn fast niemand spricht es offen aus. Einige hegen die Befürchtung, das Angebot der Bibliothek gar nicht nutzen zu dürfen (Zugang nur für „echte Wissenschaftler“). Einige haben Angst, sich mangels Erfahrung falsch zu verhalten, sich zu blamieren und direkt als Unwissender erkannt zu werden. Diese Studierenden profitieren davon, den ersten Besuch nicht alleine meistern zu müssen, sondern innerhalb einer Gruppe unterwegs zu sein.

Das „Contra“ aus Sicht der Studierenden

 

  • Manche Studierende empfinden den gemeinsamen Besuch der Bibliothek als Zeitverschwendung.

Sie wären mit den Erklärungen in der Lehrveranstaltung und einer selbständigen Suche schneller vorangekommen. Sie hätten die Zeit besser nutzen können , indem sie gezielt für ihre eigene Arbeit recherchieren.

  • Manche Studierende empfinden einen gemeinsamen Bibliotheksbesuch als nicht angemessen.

So eine Veranstaltung hat etwas von Schulausflug und Projekttagen und An-die-Hand-genommen-werden. Wenn jemand Schwellenängste hat, soll er sie ihrer Meinung nach eben einfach überwinden.

Der Blick auf die Rahmenbedingungen

Hat man als Dozent seinen Standpunkt zu den angesprochenen Aspekten gefunden, geht es an die Vorüberlegungen für die Umsetzung. (Wie) ist ein gemeinsamer Bibliotheksbesuch überhaupt sinnvoll zu gestalten? Folgende zwei Punkte sind abzuwägen:

1. Gruppengröße

Bei überschaubaren Gruppen ist eine gemeinsame Führung durch die Lehrkraft gut machbar. Das muss selbstverständlich im Vorfeld mit der Bibliothek abgestimmt sein. Alternativ kann man „outsourcen“ und das Schulungsangebot der Bibliothek nutzen. Hierdurch entstehen manchmal Kosten, das wird von Bibliothek zu Bibliothek unterschiedlich gehandhabt.

Zur Vertiefung können im Anschluss an den Rundgang zusätzliche Arbeitsaufträge für einzelne Studierende oder Kleingruppen gegeben und ausgewertet werden, so dass diese sich nicht nur „berieseln“ lassen, sondern auch selbst aktiv werden müssen.

Bei größeren Gruppen bietet sich eine Rallye durch die Bibliothek an. Dabei schickt man wie bei einer Schnitzeljagd die Kleingruppen zeitlich versetzt und/oder in verschiedene Richtungen los, so dass immer nur wenige Personen gemeinsam durch die Räume gehen. Verschiedene Aufgaben müssen gelöst werden. Die Gruppenmitglieder können sich dabei gut im Flüsterton abstimmen, dadurch hält sich der Lärm in Grenzen.

2. Aufwand

Im Vergleich zu einer regulären Lehrveranstaltung fällt natürlich bei einer solchen Exkursion mehr Aufwand an.

Je nach den örtlichen Gegebenheiten sollte die Zeit für die Anfahrt berücksichtigt werden. Gerade wenn direkt vor oder nach dem Besuch der Bibliothek andere Lehrveranstaltungen stattfinden, wird es unter Umständen zeitlich eng für die Betroffenen.

Die Vorbereitungszeit variiert je nach der eingesetzten Methode.

  • Führt man die Gruppe selbst durch die Räume, setzt das ein gewisses Maß an Ortskenntnis voraus. Zumindest ein grober Plan der anzusteuernden Bereiche sollte vorab erstellt werden – sei es durch reines Überlegen vom Schreibtisch aus, sei es durch eine „Vortour“.
  • Bei einer Führung durch Angestellte der Bibliothek reduziert sich der Vorbereitungsaufwand auf die Absprachen im Vorfeld. Danach kann man sich entspannt zurücklehnen. Während der Führung muss man auch nichts weiter tun, als eventuell auftretende kleinere Fragen zu den Besonderheiten des eigenen Fachgebiets zu beantworten. Das Allgemeine erledigen die Bibliotheksmitarbeiter.
  • Die aufwändigste Vorbereitung bringt eine Rallye mit sich. Die Aufgaben müssen erstellt und die Lösungen dokumentiert werden. (Eine Checkliste zur Vorbereitung und Durchführung habe ich hier eingestellt.) Zurück am Schreibtisch gilt es, die Aufgabenblätter niederzuschreiben und zu vervielfältigen. Die Durchführung der Rallye erfordert zudem für den Dozenten einen Raum oder zumindest eine abgelegene Stelle, an der man mit seinen kurzen Besprechungen die anderen Nutzer nicht stört. Das muss wiederum rechtzeitig mit der Bibliothek abgestimmt werden.

Fazit

Der Bibliotheksbesuch mit dem gesamten Kurs kann eine willkommene Ergänzung der Lehrveranstaltung sein, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Je nach Gestaltung des Besuchs fällt mehr oder weniger Vorbereitung an. Der Nutzen liegt für manche Studierende in der Zeitersparnis, für andere in der Überwindung ihrer Schwellenängste. Da über Letzteres kaum jemand offen spricht, ist dieser Nutzen nicht direkt greifbar.

Denkbar wäre es, den Besuch auf freiwilliger Basis anzubieten, um allen Interessenlagen gerecht zu werden. Dann können diejenigen teilnehmen, die sich etwas davon versprechen, und alle anderen ziehen auf eigene Faust los.

Wie machen Sie das denn in Ihren Kursen? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?