„Morgen fange ich dann wirklich an …“ – Projektmanagement bei wissenschaftlichen Arbeiten

Ein Gastbeitrag von Stefan Dobler

Studierende sind im Laufe Ihres Studiums mit zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten konfrontiert. Diese „schimpfen“ sich mal Haus- oder Seminararbeit, man findet jedoch auch Praxis-, Projekt- Assistentenarbeiten, Praktikums- und Belegarbeiten sowie zum Ende des Studiums Bachelor- oder Masterarbeiten.

Derartige wissenschaftliche Arbeiten stellen Studierende oft vor eine neue, gewaltige Herausforderung: Häufig müssen sie erstmals in ihrem Leben sich über einen längeren Zeitraum und in einem größeren Kontext mit einer Thematik wissenschaftlich auseinandersetzen, zumindest um eine passable Note zu erzielen.

Da reicht es nicht, sich einfach den Stoff in der Nacht vorher für die anstehende Klausur „reinzuziehen“ oder mal schnell eine Präsentation aus dem Internet zu laden, rasch ein paar Folien zu ändern und dies als eigenständige Präsentation zu „verkaufen“.

Die zahlreichen Hochschul-Veranstaltungen unter dem Titel „Die lange Nacht der (aufgeschobenen) Hausarbeiten“ zeugen oft von Hürden des wissenschaftlichen Arbeitens. Gerne wird die Recherche, Analyse, empirische Erhebung oder das bloße Textschreiben verschoben mit dem Verweis: „Ich hab ja noch drei Monate Zeit, das reicht locker.“ … oder so ähnlich.

In der psychologischen Forschung und Praxis wird das Aufschieben als Prokrastination bezeichnet. Erste Studien stammen dazu aus den 70er-Jahren. Was weiß man über dieses Phänomen? Es gilt als kulturunabhängig, ist in allen Milieus und Schichten zu finden, betrifft Weiblein wie Männlein und kann pathologisch – sprich krankhaft – werden.

Was können Lehrende tun?

Aus Sicht der Studierenden gibt es sicher einige Möglichkeiten. Doch möchte ich hier vor allem die Perspektive der Lehrenden einnehmen.

Eine wissenschaftliche Arbeit kann neben ihrem eigentlichen Zweck noch eine weitere Schlüsselkompetenz vermitteln: das Projektmanagement.

Wissenschaftliche Arbeiten haben die gleichen Bedingungen wie andere Aufgaben auch, die meist mit Projekten gelöst werden. Es handelt sich in der Regel um ein neuartiges Thema, welches in einer vorgegebenen Zeit mit einer gewissen Qualität erfolgreich abgeschlossen werden sollte. Und die Ressourcen dafür, wie der Ökonom formulieren würde, sind knapp.

Eine wissenschaftliche Arbeit als Projekt zu begreifen, welches es zu managen gilt, ist Methode und Haltung zugleich. Methode, weil die Studierenden ein Handwerkszeug mitbekommen, um effizient umfangreiche Aufgaben zu lösen. Haltung, weil auch das systematische wie auch planerische Denken jedes Einzelnen geschult werden kann. Damit kann es gelingen die Komplexität einer wissenschaftlichen Fragestellung durch Systematisierung erheblich zu vereinfachen.

Was im Großen gilt, gilt auch im Kleinen: Ursachen für das Scheitern liegen oft in der Startphase. Das zeigen Großprojekte wie der Flughafen Berlin Brandenburg, aber auch viele kleine wissenschaftliche Projekte: Viel zu knappe zeitliche Pläne, Unterschätzung einzelner Aufgaben, Ignorieren möglicher Risiken von Beginn an etc..

Wie kann nun das Projektmanagement-Gen eingeimpft werden?

Natürlich fällt die Kompetenz eines effizienten Projektmanagements bei wissenschaftlichen Arbeiten nicht vom Himmel. Aber sie kann vermittelt werden. Dazu ist zunächst eine umfassende gemeinsame Projektplanung notwendig. Dabei sind wir als Lehrende besonders gefragt. Mit unserer Erfahrung können wir Studierende auf die vielen Fallstricke hinweisen. Dazu gehören beispielsweise unwissenschaftliche Fragestellungen, viel zu enge Zeitpläne, einen Plan B bei mangelnden empirischen Daten etc..

Danach sollten gemeinsam Arbeitspakete geschnürt werden. Darin wird festgelegt, was ist bis wann mit welchen Mitteln zu erledigen? Sie meinen, dies klingt sehr formal? Stimmt. Aber Probleme wie „Jetzt habe ich vergessen die Bücher zu bestellen und kann nicht an meinem Theorie-Teil weiter schreiben“ oder „Ich wusste gar nicht, dass ich für die Befragung erst den Betriebsrat fragen muss“ gehören dann hoffentlich der Vergangenheit an.

Diese kleinen Meilensteine motivieren, wenn sie geschafft sind, und bieten einen guten Überblick über bisher Geleistetes und die Aufgaben, die noch vor einem liegen.

Projektcontrolling

Wie jedes Projekt sollte es auch ein Projektcontrolling bei wissenschaftlichen Arbeiten geben. Dieses sollte ehrlich sein, sprich etwa eine zeitliche Abweichung sollte auch als solche erkannt werden und dementsprechend nachgesteuert werden. Beispielsweise sollten Kapazitäten realistisch eingeschätzt und geplant werden. Zu einer Überforderung kann es kommen, wenn etwa Klausuren im Bearbeitungszeitraum anstehen oder private Verpflichtungen den Fortgang der wissenschaftlichen Arbeit unterbrechen. Dabei kommt der Einzelne verständlicherweise an seine Kapazitätsgrenze.

Im Rahmen des Projektcontrollings sollten auch Risiken bewusst gemacht werden und realistisch eingeschätzt werden. Gerade unvorhergesehene Entwicklung können viele Studierende völlig aus dem Konzept bringen. Ein immer wiederkehrendes Beispiel ist bei empirischen Erhebungen eine viel zu geringe Fallzahl oder ein Mangel an Repräsentativität. Wer sich zu Beginn des Projekts damit schon einmal gedanklich auseinandergesetzt hat, empfindet es nicht als (zu) schlimm und kann rasch gegensteuern.

Wie verpflichtend sollten denn die Planungen sein?

Natürlich sollte jede Planung verpflichtend sein und auch das Papier wert sein, auf dem sie steht. Aber sie darf auch „atmen“, sprich sie sollte Abweichungen zulassen. Schließlich gelten Studierende meist als eher unerfahren in einer derartigen Arbeitsmethode. Eine gute Wirkung erzielen meiner Erfahrung nach „Verträge“ zwischen Studierenden und Lehrenden. Dabei können zu Beginn ihrer Arbeit die Studierenden nicht nur ihre Gliederung, sondern auch ihre Projektplanung mit dem Lehrenden absprechen. Beides sollte schriftlich fixiert werden und eventuell von beiden unterzeichnet sein. Feste Meilensteine des Projekts „wissenschaftliche Arbeit“ sollten vorher festgehalten und als gemeinsame Termine vereinbart werden. Die Studierenden sollten die Gesprächsinhalte wie die Bewertung der bisherigen Arbeit und die Planung zukünftiger Aufgaben dokumentieren. Mit der Unterschrift beider Parteien, der Studierenden wie auch der Lehrenden, bekommt das Ganze einen verbindlichen Charakter. Das schützt auch vor späteren unangenehmen Missverständnissen.

Das angesprochene Projektmanagement-Gen kann also vermittelt werden: In Lehrveranstaltungen zum wissenschaftlichen Arbeiten, in Kolloquien, aber auch in persönlichen Gesprächen während der Projektphase.

Welche Erfahrungen haben Sie denn im Bezug auf Projektmanagement bei wissenschaftlichen Arbeiten gemacht?

 

Über den Autor

StefanDoblerStefan Dobler (Jg. 1980) lehrt an zahlreichen Hochschulen wie auch Akademien in vier Bundesländern. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Wissenschaftliches Arbeiten, Statistik, VWL sowie Medien und Kommunikation.

Nach einer sechsjährigen Tätigkeit in einem Marktforschungs- und Beratungsinstitut als Projektleiter gründete er ein eigenes Forschungs- und Beratungsunternehmen. Er studierte im Erststudium Politische Wissenschaft auf Magister und im Zweitstudium VWL auf Diplom.

 

 

 

 

Update 01.05.2016: In der Fortsetzung des Beitrags geht es um die individuelle Didaktik im Management wissenschaftlicher Projekte.

Nicht Sie sind das Problem, sondern Ihre Kollegen

Ok, das war jetzt gemein.

Wir alle haben hoffentlich sehr kompetente und nette Kolleginnen und Kollegen, mit denen wir gern zusammenarbeiten. Aber da gibt es eben auch die anderen. Um einmal Pareto zu bemühen: 20 Prozent der Kollegen verursachen 80 Prozent des Ärgers.

Um diese 20 Prozent Problemkollegen soll es heute gehen.

Schreibberater und Schreib-Abrater

In dieser Infografik können Sie sehen, wie sich die Hochschulen in Deutschland zahlenmäßig zu Schreibzentren und zu den Dozierenden verhalten. Das Ergebnis: 427 zu 31 zu 381.269.

Es gibt also wenige Schreibzentren im Vergleich zur Zahl der Hochschulen. Würden die Dozierenden die Schwierigkeiten abfedern, die aus diesem Mangel entstehen, wäre die Situation nur halb so schlimm. Unter den besagten 381.269 Dozierenden sind jedoch mit Sicherheit viele, die grundsätzlich anders an wissenschaftliche Schreibaufgaben herangehen als ein ausgebildeter Schreibberater. Solche, die sich nicht des Stellenwerts bewusst sind, den das Schreiben im wissenschaftlichen Arbeitsprozess haben kann.

Zum Glück gibt es diejenigen Kollegen, die sich Gedanken gemacht haben und daher den Studierenden nicht nur fachlich, sondern auch „schreibtechnisch“ gut weiterhelfen. Dann gibt es da noch die, die wenigstens keinen Schaden anrichten, weil sie in der Hinsicht einfach nichts tun. Bei den Problemkollegen hingegen passiert allerdings leider nicht einfach nur nichts, sondern – viel schlimmer – die Studierenden werden schlecht beraten.

Eckpfeiler der Schreibberatung

Das personenzentrierte Beraten liefert erste Ansatzpunkte für das, was – bei Nicht-Beachten – in der Interaktion zwischen Dozierenden und Studierenden schieflaufen kann.

Mit personenzentrierter Beratung ist eine Grundhaltung gemeint, „die den Ratsuchenden ermöglicht, das Gespräch nach ihren Bedürfnissen zu gestalten. Als Beratende sollten Sie die Ratsuchenden als Person schätzen, deren Autonomie achten und ihnen Entscheidungsfreiheit zugestehen.“ (Grieshammer et al., 2013, „Zukunftsmodell Schreibberatung“ et al., S. 98 (zur Rezension)).

Alles Rogers?

All das fußt auf Carl Rogers‘ Menschenbild und seinem nicht-direktiven (klientenzentrierten) Ansatz des Beratens. Die Ratsuchenden erhalten Impulse von den Beratenden, bleiben jedoch selbst Experten für die Lösung ihres Problems.

Die Studierenden werden bei einer solchen Beratung in die Lage versetzt, selbst die verschiedenen Lösungswege abzuschätzen und eigenständig über ihr weiteres Vorgehen zu entscheiden. Dabei ist es hilfreich, wenn sie die eigenen Fähigkeiten realistisch einschätzen können. Denn wenn Selbstbild und Handeln auseinanderklaffen, droht der Schreibprozess ins Stocken zu geraten. Das bedeutet für die Beratung einerseits, gemeinsam das Selbstbild des Schreibenden zu reflektieren, und andererseits verschiedene Schreibtechniken zu vermitteln oder auch direkt während der Beratung zu erproben.

An die Beratenden stellt ein solches personenzentriertes Vorgehen folgende Anforderungen:

  • Empathie: Sie können sich auf den Ratsuchenden und die Situation einstellen.
  • Akzeptanz und positive Wertschätzung: Sie nehmen die Studierenden ernst und trauen ihnen eigenständige Entscheidungen zu.
  • Kongruenz und Echtheit: Sie sollen sich echt verhalten und offen ihre momentane Verfassung zeigen.
  • Transparenz: Dies betrifft die Möglichkeiten und Grenzen der Beratung, die offen gelegt werden sollen.

(vgl. Grieshammer et al., S. 100)

So weit, so gut. Aber kommen wir wieder zurück zu den problematischen 20 Prozent. Warum sind manche Kollegen Problemkollegen? Ein Blick auf die genannten Anforderungen hilft weiter:

1) Kollegen ohne Empathie

  • Leider können sich Problemkollegen nicht richtig gut auf die Ratsuchenden und die Situation einstellen.

Sie haben schon vergessen, wie das war, als sie selbst ihre ersten Schritte in der Wissenschaft gemacht haben. Sie holen die Studierenden nicht dort ab, wo sie stehen, und erzählen von hehren Ansprüchen an die hohe Wissenschaft, während die Studierenden noch um die Basics ringen. Mit „Basics“ ist dabei nicht Kleinkram im Stile von „Wo setze ich welches Satzzeichen bei den Quellenangaben?“ gemeint, sondern durchaus Fragen inhaltlicher Art oder der methodischen Herangehensweise an die Forschungsfrage (sofern eine solche überhaupt schon vorhanden ist: Fehler Nr. 1).

Problemkollegen fordern, alles müsse beim Wissenschaftlichen Arbeiten zwingend genau so gemacht werden, wie sie es gelernt haben oder es sich über die Jahre selbst angeeignet haben. Ein Problemkollege, der selbst beim Schreiben dringend erst eine Gliederung braucht und diese beim Schreiben nur noch abarbeitet, will es von den Studierenden genauso. Wer selbst beim Schreiben immer jede Menge Ideen generiert, stellt das als den allein glücklich machenden Weg hin.

Abseits der Beratungssituation zeigen sich weitere schädliche Verhaltensweise von Problemkollegen. Zum Beispiel unfreundliche Korrekturen mit komplett durchgestrichenen Passagen oder arroganten Kommentaren („Nonsens!“ oder ähnliche Nettigkeiten). Oder chronische Nicht-Erreichbarkeit für Feedbackgespräche nach der Korrektur und Notenvergabe. Problemkollegen führen, wenn überhaupt, Tür-und-Angel-Gespräche und kanzeln die Studierenden ab. Ade Lernprozess – schade um all die Mühe, die in der studentischen Arbeit steckt.

2) Kollegen ohne die nötige Akzeptanz und positive Wertschätzung für die Studierenden

  • Leider nehmen Problemkollegen die Studierenden mit ihren Anliegen nicht ernst.

Sie glauben: „Schreiben kann man halt“ oder „Das mussten wir uns auch alles selbst erarbeiten.“ Wozu also überhaupt beraten?

  • Leider trauen Problemkollegen den Studierenden keine eigenständige Entscheidungen zu.

Sie haben ein schlechtes Bild von den Studierenden und halten die heutige Generation von Studierenden für faul. (Diese Art von Beschwerden über „die Jugend“ kennt man ja seit Sokrates…). Problemkollegen werfen den Studierenden Unwillen vor, wenn es sich eigentlich um Anfängerschwierigkeiten handelt. In ihren Augen haben die Studierenden eben nicht ausdauernd genug versucht, das Problem eigenständig zu lösen. Das Einholen von Feedback wird nicht als sinnvolle Strategie des Vorankommens interpretiert, sondern als Unselbständigkeit.

Manche Problemkollegen lassen auch den „guten Studierenden“ (sprich: den Einser-Kandidaten) und vor allem den selbstsicher auftretenden Studierenden weitgehend freie Hand. Den Rest beraten sie auf eine direktive Art und Weise. Unschön wird das spätestens dann, wenn sich diese Kollegen im Nachhinein nicht mehr an ihre eigenen Ratschläge erinnern und diese schlecht bewerten.

3) Kollegen, die keine Kongruenz und Echtheit zeigen

  • Leider sind Problemkollegen nicht authentisch.

Sie verstecken sich hinter Konventionen und Belehrungen über vermeintlich allgemeingültige Gebote und Verbote („Sie müssen aber…!“ und „Sie dürfen auf keinen Fall…!“).

Sie zeigen den Studierenden ihr Pokerface und lästern im schlimmsten Fall hinterher bei den Kollegen. Damit ist nicht gemeint, dass die Studierenden im Gespräch jeden negativen Eindruck des Beratenden ungefiltert abbekommen müssen. Ich selbst habe allerdings nur gute Erfahrungen damit gemacht, in der Beratung meine persönliche Wahrnehmung der Ratsuchenden und ihrer momentanen Situation zu schildern. Die Studierenden fühlen sich „gesehen“ und verstanden.

4) Kollegen, die nicht transparent sind

  • Leider machen Problemkollegen die Möglichkeiten und Grenzen der Beratung nicht transparent.

Die Studierenden hegen falsche Erwartungen und sind dann enttäuscht. Dies betrifft vor allem die doch oft gewünschte vorzeitige „Absegnung“ der Arbeit, also die Frage, „ob das alles so richtig ist“. Darauf wird es während einer Beratung allerdings keine abschließende Antwort geben können. Problemkollegen antworten auf solche Fragen gern vorschnell mit „Ja, ja, das passt schon“ – und merken dann später bei der Benotung, dass eben doch nicht alles passte. Das schlägt sich in einer schlechten Note nieder, die die Studierenden kalt erwischt. Denn angeblich war doch alles in Ordnung.

Nix mehr roger(s)?

Sie können sich leicht ausmalen, was passiert, wenn Studierende an einen Problemkollegen geraten. Sie werden frustriert („Ich habe alles falsch gemacht!“), verunsichert („Wie ist es denn nun richtig?“) und blockiert („So wie bisher darf ich nicht an diese Aufgabe gehen.“). In einem Wort: demotiviert.

Ärgert Sie das genauso wie mich?

Schlüsselkompetenz Schreiben?

427 Hochschulen

427 Hochschulen gab es in Deutschland im Wintersemester 2014/15.

31 Schreibzentren

Die Zahl der Schreibzentren lag ein Jahr davor bei 31 und hat sich seitdem vermutlich etwas erhöht, es existiert keine offizielle Zählung. Einen Überblick über die vielfältigen Angebote zu erhalten, ist schwierig. Denn die Bezeichnungen variieren: Schreibzentrum, Schreibberatung, Schreiblabor… Zudem sind die Angebote institutionell unterschiedlich verankert: von der eigenständigen Einheit innerhalb der Hochschule bis zum sporadisch stattfindenden Workshop eines einzelnen Lehrenden…

381.269 Dozierende

Über 381.000 Dozierende lehren an den Hochschulen. Selbst wenn sie nicht Wissenschaftliches Arbeiten lehren, begleiten sie doch auf die eine oder andere Art die Studierenden bei deren Schreibprojekten oder bewerten die fertigen Arbeiten.

Bei den Dozierenden handelt es sich in den wenigsten Fällen ausgebildete Schreibtrainer. Und wie viele von ihnen die Methoden des Wissenschaftlichen Arbeitens und Schreibens intensiv reflektiert haben, kann keiner wissen. Damit meine ich nicht, dass die Dozierenden nicht selbst wissenschaftlich arbeiten. Ich will sagen, dass sie möglicherweise die eigene Praxis zum allgemeingültigen Standard erheben. So verwehren sie unbewusst den Studierenden den Zugang zu anderen (nützlichen!) Herangehensweisen.

Schlüsselkompetenz Schreiben

So richtig fröhlich stimmt mich das nicht. Wie geht es Ihnen damit?

Plagiatprävention: „Die derzeitige Situation zu belassen, wäre fahrlässig“ – Interview mit Dr. Natascha Miljković

Frau Miljković, Sie beschäftigen sich seit einigen Jahren intensiv mit akademischer Redlichkeit und haben im Jahr 2012 in Wien eine Agentur für Plagiatprävention gegründet, „Zitier-Weise“. Was hat Sie dazu bewegt, diesen Weg einzuschlagen?

Als Naturwissenschaftlerin habe ich viele Jahre zahlreiche Projekte an Hochschulen in Österreich und im Ausland geplant und durchgeführt. Aus dieser Zeit stammt viel von meinem praktischen Wissen um Projektmanagement, etliche Weiterbildungen dazu folgten.

Zudem hatten mich Wissenschaftsethik und Wissenschaftstheorie immer schon begeistert, das Dahinterschauen, das finde ich sehr inspirierend. Nachdem ich ab 2010 ein zweijähriges Projekt an einer Hochschule in Wien zur Implementierung einer internen Stelle für Plagiatsprüfung leitete, wollte ich unbedingt in diesem Gebiet bleiben und mein Fachwissen zum Thema auch weiterhin zur Verfügung stellen.

Wie viele Kolleginnen und Kollegen haben Sie eigentlich in Österreich?

Das ist sehr überschaubar! Hauptberuflich arbeitend, wie ich das mache, kenne ich niemanden. Es gibt einzelne Personen, die sich aus unterschiedlichen Fachrichtungen kommend in ihrem Gebiet mit akademischen bzw. wissenschaftlichen Unredlichkeiten auseinandersetzen – Juristen, Didaktiker.

An Hochschulen findet man natürlich die offiziell Zuständigen, meist müssen Institutsvorstände oder die Lehrenden ein Auge auf Abschlussarbeiten und deren Plagiatsprüfungen haben. Diese arbeiten allerdings nur kontrollierend und führen meist keine vollständige Plagiatsprüfung durch. Schließlich kommen vereinzelt noch einige Schreibtrainer vor, die gelegentlich auch eine Plagiatsprüfung durchführen. Ein kleiner, aber feiner Kreis an Expertinnen und Experten also!

Welche Unterschiede sehen Sie zu anderen Ländern? Ist die Situation in Deutschland anders als in Österreich? Was haben unsere andere Länder voraus, vor allem die USA?

In Deutschland ist die Situation, was hauptberuflich Plagiatsprüfende betrifft, ähnlich. Hie und da gibt es Agenturen, die nach dem zu Guttenberg-Skandal entstanden sind. Einen großen Unterschied mache ich bezüglich „Plagiatsjägern“ aus, die diversen Plattformen freuen sich in Deutschland doch einiger Beliebtheit. Dieses aktive Nachjagen ist in Österreich etwas verpönt (was nicht bedeutet, dass nicht auch viele der zumeist anonymen „Plagiatsjäger“ Österreicher sind).

Im anglo-amerikanischen Raum sieht es komplett anders aus, daher auch meine Berufsbezeichnung des Science Counsellor bzw. Academic Integrity Officer, eine deutschsprachige Entsprechung gibt es dafür (noch) nicht. Man setzt sehr auf Prävention anstatt wie bei uns in Europa eher auf Aufdeckung von Zuwiderhandlungen. Daher findet man an vielen Hochschulen in den USA und Großbritannien standardmäßig hauptberuflich tätige Berater für akademische Redlichkeit. Ich sehe den Trend bei uns langfristig auch in diese Richtung gehend, die derzeitige Situation zu belassen, wäre fahrlässig.

Wenn Sie Arbeiten prüfen – finden Sie lieber etwas, oder finden Sie lieber nichts?

Das ist sehr leicht zu beantworten – am liebsten finde ich nichts! Wobei das relativ ist, denn im Grunde liefert jede Plagiatsprüfung Textähnlichkeiten. Das ist ganz normal, vor allem die Literaturangaben in den Texten, Fußnoten und im Verzeichnis liefern natürlich viele „false positives“. Null bis fünf Prozent Ähnlichkeit finde ich sogar etwas verdächtig, da könnte es nämlich sein, dass jemand schon an der Arbeit „herumgedoktert“ hat, und zwar schlecht.

Was geht in Ihnen vor, wenn Sie fündig werden?

Bei den weniger gut erstellten Abschlussarbeiten tut es mir sehr leid für die Studierenden, denn da ist offensichtlich etwas mächtig schief gelaufen. Ohne etwas schön reden zu wollen, aber es gibt für so etwas viele Gründe! Häufig hat es an Zeit gemangelt, gut, daran sind viele selbst Schuld, beginnen zu spät zu schreiben usw. Andererseits weiß ich von Bekannten, Freunden sowie von Interviews mit Kunden, dass es oft auch an professioneller Betreuung gemangelt hat. Die Studierenden tun ihr Bestes, aber so gänzlich ohne Anleitung kann das ungünstig verlaufen.

Weiters können Fehlannahmen zum wissenschaftlichen Erkenntnis- und Schreibprozess dahinter liegen. Schwer zu sagen, was im Einzelfall passiert ist! Ich kann anhand der Plagiatsprüfung unterstützen und aufzeigen, wie die Studierenden eine formell bessere Arbeit machen können, eben indem sie beispielsweise Zitate gründlicher einarbeiten. Wenn sie bei mir ankommen und eine Überprüfung wollen, ist es in jedem Fall schon höchste Eisenbahn, meist ein, zwei Wochen bis einige Tage vor Abgabe, für viele der letzte Ausweg doch noch was Ordentliches abzugeben.

Nur, sehr schlechte Arbeiten ärgern mich wirklich! Da ist fast immer absichtlich geschlampt worden, sorry, das kann man auch mit viel Wille für Verständnis nicht mehr schön reden. Da tun mir die Lehrenden leid, die sich damit herumplagen müssen. Schade, um die vergeudete Zeit und den ganzen Aufwand.

Beeinflussen Plagiatsskandale Ihre Arbeit? Wie sehr greift deswegen eine gewisse Paranoia bei Studierenden und Wissenschaftlern um sich?

Leider ja! Aus den Kundengesprächen weiß ich, dass viele Studierende Angst haben, das war bis vor diesen Skandalen nicht so. Sehr viele wissen gar nicht, ob und wie an ihrer Hochschule plagiatsgeprüft wird. Eigentlich unvorstellbar im Informationszeitalter! Die meisten sind sehr verunsichert, besonders was unabsichtliche Fehler betrifft.

Für mich sind diese Skandale sehr zweischneidig, zum Einen bekommt die Wissenschaftsethik dadurch deutlich mehr Aufwind, es wird mehr diskutiert, was ich sehr positiv finde. Das Thema ist wirklich lohnenswert, alle Wissenschaftler sollten sich über das wissenschaftliche Arbeiten an sich mehr Gedanken machen dürfen. Andererseits entstehen bei mangelnder Aufarbeitung und geringer Informationsweitergabe an die Studierenden eben diese Ängste. Das wäre leicht vermeidbar! Zudem kommt dem Aufdecken dadurch viel mehr Aufmerksamkeit als der Prävention zu.

Wissenschaftler sind ebenfalls verunsichert, in meinen Workshops mit Lehrenden wird mir regelmäßig berichtet, wie sehr sie selbst sich auch mit der mangelnden Information und oftmals fehlenden Strategie ihrer Hochschulen herumschlagen. Vieles wird von Fall zu Fall im stillen Kämmerlein abgearbeitet. Ich erlebe Frust an allen Ecken und Enden, aber auch sehr viel Wille etwas zu verbessern, das motiviert mich sehr!

Sowohl in Österreich als auch in Deutschland müssen vielerorts bereits in der weiterführenden Schule größere schriftliche Arbeiten mit Quellennachweisen angefertigt werden. Inwiefern prägt das bei den Schülern das Vorverständnis von Wissenschaft und Wissenschaftlichem Arbeiten?

Richtig! In Österreich ist dies die Vorwissenschaftliche Arbeit, eine neue schriftliche Abschlussarbeit für das Abitur, die nach den Grundsätzen des wissenschaftlichen Arbeitens erstellt werden soll. Auch sogenannte „Diplomarbeiten“ an höheren berufsbildenden Schulen gehen in diese Richtung. Grundsätzlich ist diese Form der Prüfung sehr lehrreich, da die Jugendlichen länger an einem Projekt arbeiten und sich unter Anleitung der Lehrenden intensiver mit dem Wissenserwerb auseinandersetzen.

Aus meiner Arbeit mit Schülern und Mittelschul-Lehrenden weiß ich, dass jedoch auf beiden Seiten große Überforderung herrscht. Theoretisch ist alles klar, doch die Ausführung ist doch etwas komplett Neues. Was heißt überhaupt „vorwissenschaftlich“? Welche wissenschaftlichen Prinzipien sind eigentlich genau gemeint? Eine Lehrerin fragte mich vor kurzem in einem Workshop aufgebracht „Was muss ich denn noch alles vermitteln?!“ In Wirklichkeit ist nichts davon neu, nur kondensierter. Man muss den Schülern nun die Recherche nach Informationen und die Bewertung von gefundenen Inhalten etwas genauer erläutern, nicht alles glauben was man findet, hinterfragen lernen, Abläufe für Interviews und Experimente planen und dokumentieren lehren usw. Durchaus herausfordernd also, aber auch sehr spannend! Ob es die Sicht auf Wissenschaft ändern wird, wird erst die Zukunft zeigen.

Wie hat Ihre Tätigkeit als Plagiatprüferin Ihre Lehre verändert?

Nur durch meine mehrschichtige Tätigkeit bestehend aus analysieren, plagiatsprüfen und lehren, kann ich die aktuellsten und wichtigsten Themen mit den Teilnehmern besprechen. Oft ist auch das Sichtbarmachen von Hintergründen der jeweils anderen Seite nötig.

Lehrenden ist zum Beispiel oft nicht bewusst, dass das, was sie zum wissenschaftlich Schreiben lehren, von den Studierenden nicht so ohne weiteres direkt in die Praxis übersetzt werden kann. Viele würden ein kurzes Feedback benötigen, was in vielen Fächern großem Zeitmangel zum Opfer fällt. Studierende fragen mich sehr häufig, was mit Paraphrasieren nun wirklich genau gemeint ist. Gehört haben sie es, sie machen es auch, aber es sagt ihnen ja niemand, ob sie es auch richtig machen. Besonders mangelhaftes Paraphrasieren, also zu nahe am Original zu bleiben, ist definitiv eine große Fehlerquelle bei der Entstehung von Plagiaten!

Meine Vorgehensweise praxisnahe vorzutragen, löst viele Aha-Momente bei meinen Teilnehmern aus. Die Rückmeldungen, die ich zu meinen Lehraufträgen bekomme, sind dementsprechend toll, was mich wirklich sehr ehrt! Ich liebe es zu unterrichten!

Zum Abschluss: Ihr größter Wunsch an die Dozierenden an den Hochschulen?

Bleiben Sie dran und reden Sie mit! Nur durch Infragestellen und regelmäßiges Diskutieren kann man Probleme mit akademischer Integrität bearbeiten. Haben Sie außerdem Mut auch Fehler zu besprechen, wenn geht auch zu publizieren. Das alles stellt für mich die Quintessenz von Wissenschaft und wissenschaftlicher Integrität dar!

Frau Miljković, herzlichen Dank für dieses aufschlussreiche Interview!

 

(c) Thomas Steibl
(c) Thomas Steibl

Natascha Miljković ist Inhaberin der Firma „Zitier-Weise“, Agentur für Plagiatprävention (www.plagiatpruefung.at), Naturwissenschaftlerin, Wissenschaftsberaterin, Educational Counsellor, Lektorin an österreichischen und internationalen Bildungseinrichtungen, Autorin, Editorin und präventive Plagiatprüferin.

Sie analysiert und berät Bildungseinrichtungen zu akademischen Unredlichkeiten, führt Hochschul-Strategieentwicklungsprozesse durch und unterrichtet, wie man wissenschaftliche Integrität fördern kann. Weiters beschäftigt sie sich mit wissenschaftlich Arbeiten, writing scientific English, Karriereentwicklung für Akademiker, Self Branding in den Wissenschaften u. v. m. Ihren Blog finden Sie hier.

Was alle Lehrenden über Patente wissen sollten

Ein Gastbeitrag von Dr.-Ing. Wolfgang Hahnl

Wissenschaftliches Arbeiten beginnt bekanntlich mit einer Aufgabenstellung und der damit verbundenen Auswertung dokumentierten Wissens. Das Ziel besteht darin, durch neue Ideen zum Erkenntnisgewinn beizutragen. Das gilt für jede Wissenschaftsdisziplin, und damit auch für die technischen Wissenschaften. Die schöpferischen Leistungen der technischen Fachdisziplinen münden früher oder später in neue Produkte, Maschinen, Verfahren und Einrichtungen.

Doch in der Technik liegt dokumentiertes Wissen nicht nur in Büchern oder Fachartikeln vor, sondern vor allem auch in der Patentliteratur. Dieser Literaturzweig ist aufgrund seiner juristischen Beschreibungsweise selbst für Techniker schwer verständlich und wird daher leider zu selten in die wissenschaftliche Auswertung einbezogen.

  1. Bedeutung von Patentdokumenten für die wissenschaftliche Arbeit

 Derjenige, der eine Erfindung beim Deutschen Patent- und Markenamt einreicht, muss sie nach § 34 PatG so deutlich und vollständig darstellen, dass sie ein Fachmann ausführen kann. Wird die Erfindung nicht vollständig offenbart, weist das Patentamt die Anmeldung zurück. Auch der naheliegende Stand der Technik ist nach bestem Wissen vollständig zu beschreiben.

Diese gesetzlichen Anforderungen machen ein Patentdokument so wertvoll für die Gewinnung von Fachinformationen und definiert es als „Lehre zum technischen Handeln“ (BGH GRUR 65, 533, 534).

Die Lösung technischer Aufgabenstellungen wird in Patentdokumenten immer im Zusammenhang von Mittel/Merkmal/Ursache und Wirkung anhand mindestens eines Ausführungsbeispiels klar dargestellt.

Im Stand der Technik werden naheliegende technische Lösungen zitiert.

In manchen Datenbanken werden sogar Verknüpfungen zu den Dokumenten hergestellt, die das gerade betrachtete Dokument zitieren.

Beides kann ein Entwickler aufgreifen, um ergänzende Hintergrundinformationen zu gewinnen.

Erfindungen werden 18 Monate nach ihrer Einreichung vom Patentamt offen gelegt. Von diesem Zeitpunkt an kann jeder die Dokumente einsehen.

Die Veröffentlichung technischer Lösungen erfolgt durch Patentdokumente meist wesentlich eher als durch jeden anderen Fachartikel.

Eine Recherche in den Patentdatenbanken bietet unter anderem die Möglichkeit

  • den Stand der Technik zu erfassen,
  • Informationen über neue Entwicklungstrends zu erhalten oder
  • seinen Wettbewerb zu beobachten.

Zusätzlich können Sie sich regelmäßig über Neuheiten Ihres Fachgebiets informieren lassen.

Patentämter bieten entsprechende Dienste kostenlos an.

  1. Patente als Quellenangabe

Wollen Sie ein Patentdokument in Ihr Quellenverzeichnis aufnehmen, genügt die Angabe der Patentnummer, z. B. DE 10 2009 032 A1.

Am Anfang steht der Ländercode (DE für Deutschland), gefolgt vom länderspezifischen Aktenzeichen und dem Schriftartcode A1 (A1 für Offenlegungsschrift). Damit ist jedes Dokument eindeutig identifizierbar. Jeder kann eine so gekennzeichnete Quelle leicht in der Patentdatenbank des jeweiligen Landes finden.

  1. Patentdatenbanken – komplizierter als die Suche im Web

Jedes Land besitzt ein eigenes Patentamt. Jedes Patentamt archiviert eine große Anzahl von Patentdokumenten. Die weltweiten Archive der Patentämter sind nicht deckungsgleich.

Allein das Deutschen Patent- und Markenamt verfügt über mehr als 80 Mio. Patentdokumente.

Das betrifft 80 Mio. Ideen, technische Lösungen und Handlungsanweisungen.

Eine Recherche in diesen Datenbanken ist komplizierter als die Suche im Web. Die Patentdatenbanken jedes Landes verwenden eigene Suchvariablen und Syntaxen. Mit etwas Grundwissen, den richtigen Werkzeugen und einer angemessenen Suchstrategie findet man die Nadel im Heuhaufen.

  1. Über die Ablagestruktur von Patenten

 Das gesamte Gebiet der Technik ist systematisch strukturiert. Die Struktur wird als Internationale Patentklassifikation (IPC) bezeichnet. Verantwortlich für die Herausgabe und ihre ständige Aktualisierung ist die Weltorganisation für geistiges Eigentum, auf Neudeutsch: World Intellectual Property Organisation (WIPO).

Die IPC enthält 70.000 Unterteilungen. Die darauf aufbauende Deutsche Patentklassifikation (DEKLA) umfasst 110.000 Gliederungspunkte.

Jede Erfindung, die bei einem Patentamt eingereicht wird, wird im Rahmen der Vorprüfung mindestens einer dieser Gliederungspunkte zugeordnet.

Bevor man also eine Recherche nach dem Stand der Technik in den Datenbeständen der Patentämter startet, empfiehlt es sich, mit einer IPC-Recherche zu beginnen. Das ist eine Suche nach dem zutreffenden IPC-Symbol. Warum?

Bei der Beschreibung eines Erfindungsgedankens gehen Erfinder und Patentanwälte sehr ideenreich vor. Sie kreieren mitunter neue Wortschöpfungen, verwenden englische Bezeichnungen oder bevorzugen Oberbegriffe. Hierfür gibt es sowohl fachliche als auch taktische und/oder juristische Gründe. Aus einem Hammer wird sehr schnell ein Impulsgeber, ein Werkzeug für den Schmied, für den Dachdecker zum Einschlagen und Ziehen von Nägeln usw. Das macht die Recherche nur nach Suchbegriffen nahezu unmöglich.

  1. Warum sind Patentdokumente schwer verständlich

Patentdokumente werden meist von Patentanwälten unter juristischen Gesichtspunkten formuliert. Es geht um einen möglichst großen Schutzumfang und im Rechtsstreit meist um sehr viel Geld.

Doch wenn man sich erst einmal mit der Struktur von Patenten vertraut gemacht hat und weiß, dass neben üblichen Fachbegriffen auch Oberbegriffe oder neue Wortschöpfungen zur Anwendung kommen, gelingt durch regelmäßiges Üben wissenschaftliches Arbeiten auch mit dieser Literaturgattung immer besser.

  1. Wie sollte man Patentdokumente lesen, um sie besser zu verstehen

Patente unterliegen einer klaren Gliederung. Die Patentansprüche sind das Wesen eines Patentes. Beschreibung und Abbildungen dienen zur näheren Erklärung der Patentansprüche. Sie stellen das Lexikon für ein Patent dar.

Es empfiehlt sich, mit den Patentansprüchen zu beginnen. Das hilft bei der Entscheidung: Muss ich den kompletten Text (Patentschriften können schon einmal locker 30 Seiten und mehr umfassen) durcharbeiten oder ist das Dokument eher nicht zielführend.

  1. Bedeutung von Patenten für ein Unternehmen

Patente schützen Ideen. Der Schutzumfang ist zeitlich (so lange Patentgebühren bezahlt werden, maximal 20 Jahre) und räumlich (nur für das Land, für das ein Patent erteilt wurde) begrenzt.

Die eigentliche Zündkraft steckt in den §§9 und 10 PatG. Es ist allein dem Patentinhaber erlaubt, seine Erfindung zu nutzen. Er hat das Recht jedem Dritten zu verbieten, Produkte und/oder Verfahren, die durch das Patent geschützt sind, herzustellen.

Der Wert eines Patentes offenbart sich meist bei gerichtlichen Auseinandersetzungen.

Geht man von einem Patentstreit zwischen Apple und Samsung aus, bei dem Apple für 5 Patentverletzungen durch Samsung 87 Mio. Euro zugesprochen bekam, betrifft das 17,4 Mio. pro Patent. (Zeit online (2014) Samsung muss Apple Schadenersatz zahlen, Zugriff: 31.08.2014)

In Deutschland beziffern sich die Streitwerte nicht ganz so hoch.

Offenlegungsschriften gelten als ungeschützte Patentdokumente und haben den materiellen Wert von 0 €. Achtung: Sobald aber das Patent erteilt wird, ändert sich die Sachlage.

Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BiMoG) erlaubt es Unternehmen, Patente als immaterielle Werte in die Bilanz aufzunehmen.

  1. Erfinder und/oder Eigentümer von Patenten

Jeder Erfinder, der bei einem Unternehmen fest angestellt ist, ist nach dem Arbeitnehmererfindungsgesetz verpflichtet, seinem Arbeitgeber die Erfindung unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Der Arbeitgeber entscheidet dann, ob er die Diensterfindung in Anspruch nehmen möchte oder nicht. Nimmt er die Erfindung in Anspruch, ist er Eigentümer der Erfindung. Nimmt er sie nicht in Anspruch, steht es jedem Erfinder frei, seine Erfindung   selbst beim Patentamt einzureichen.

  1. Erfindung und Urheberrecht

 Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen, Sprachwerke, Schriftwerke, plastische Darstellungen, Reden und Computerprogramme sind geistige Schöpfungen und zählen gemäß § 2 UrhG zu den geschützten Werken.

Der Begriff der Erfindung ist laut Schulte, dem Standardwerk der Patentanwälte, ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung der Rechtsprechung und der Lehre überlassen werden.

Das einzige brauchbare Abgrenzungskriterium für die Erfindung gegenüber anderen geistigen Leistungen ist der Bezug zur Technik. Damit unterliegt es dem Patentgesetz und nicht mehr dem Urheberrechtsgesetz (UrhG).

  1. Neue Lösungsansätze durch die kombinierte Versuchs-und-Irrtum-Methode

 In der Literatur werden viele Methoden zur Lösung technischer Problemstellungen propagiert.

Ich halte die systematische Herangehensweise als eine Grundvoraussetzung, um auf wissenschaftlichem Weg neue Lösungsansätze, neue Lösungsideen zu erarbeiten.

Meine Methode bezeichne ich als „kombinierte Versuchs-und-Irrtum-Methode“ (kurz: koVIM).

Sie hat mir geholfen, bei verzwickten, widersprüchlichen technischen Problemstellungen Lösungen zu finden und zum Patent anzumelden.

 

Können Sie sich vorstellen, einmal mit Ihren Studierenden einen Ausflug in diese andere Art der Recherche zu wagen?

 

Über den Autor

HahnlWolfgang

Erfindungen und Patente faszinieren Dr.-Ing. Wolfgang Hahnl seit Beginn seiner beruflichen Laufbahn. Er verfügt über mehr als 35 Jahre Erfahrung als Entwicklungsingenieur und hat 83 Erfindungen in Deutschland und den USA zum Patent angemeldet.

Seine Erfahrung hat Dr. Hahnl sowohl als nebenberuflicher Dozent und Betreuer von Diplomarbeiten weitergegeben als auch für die Projektleitung mehrerer von BMBF geförderter Verbundprojekte genutzt. Auch noch im Ruhestand betreut er seit 2013 ein vom BMWi gefördertes Projekt zur Nutzung von Strahlungswärme in der Stahlindustrie zur direkten Umwandlung in Elektroenergie mittels thermoelektrischer Generatoren.

In Dr. Hahnls Buch „Praktische Methoden des Erfindens – Kreativität und Patentschutz“ (Springer 2015) können Sie neben allen Informationen aus dem Artikel 35 Internetadressen öffentlich zugänglicher elektronischer Patentarchive, mit Beispielen für Syntax und Suchanfragen uvm. ausführlich nachlesen.

Weitere Informationen zum Autor finden Sie auch im XING-Netzwerk.

 

 

Blogpause bis 10. Januar

Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich schöne Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Am 10. Januar geht es wie gewohnt weiter: Einmal wöchentlich finden Sie dann wieder einen neuen Beitrag zu allen Themen rund um die Lehre im Fach Wissenschaftliches Arbeiten.

 

Der BTDT-Effekt in der Lehre, und wie Sie gleich zu Semesterbeginn gegensteuern

Es gab einmal eine Gruppe, in der ich furchtbar auf die Nase gefallen bin. Das liegt schon einige Semester zurück, aber es ist mir lange nachgegangen.

Was war passiert?

Ich hatte eigentlich alles wie immer gemacht. Auf die bewährte Vorgehensweise gesetzt und die erprobten Übungen verwendet. Genau das war das Problem, wie sich später herausstellen sollte.

Im Laufe des Semesters wurde es immer unruhiger im Kurs. Die Zahl der Nebengespräche nahm zu, die Arbeitsaufträge wurden nur unwillig erledigt, auch wurden immer weniger Fragen an mich gerichtet. Kurzum: Es ging nicht mehr vorwärts. Ich erreichte die Studierenden nicht mehr.

Ich ließ es zu einem reinigenden Gewitter kommen. Daran konnte ein klärendes, konstruktives Gespräch mit der Gruppe anschließen, in dem mir eines klar wurde:

Standardrezepte funktionieren in Standardgruppen.

Ich hatte schlichtweg versäumt, dass es sich in diesem speziellen Semester nicht um eine solche handelte. Diese Gruppe war anders als die bisherigen, und das besagte Problem entstand, weil sie einer Art kollektivem Missverständnis erlegen war. Diese Studierenden nahmen an – aus welchen Gründen auch immer – , dass unsere Veranstaltung im ersten Semester eine Verlängerung ihrer Schulzeit war. Sie fühlten sich überfahren von dem Tempo, das ich vorlegte. Sie kamen nicht damit klar, dass jetzt viel mehr Eigeninitiative gefragt war. Sie hatten die Anspruchshaltung, alle Inhalte von A bis Z schön aufbereitet präsentiert zu bekommen, ohne sich auch nur ein kleines Bisschen selbst erarbeiten zu müssen. Modell Trichter.

Hätte ich das gewusst, wäre ich anders an die Sache herangegangen. Dann hätte ich mir am Anfang der Veranstaltung mehr Zeit genommen, um über Selbstverantwortung im Studium zu reden.

Aber: Hätte ich es wissen können? Hätte ich es besser wissen müssen?

Achtung Routine!

Gerade wenn sich nach einigen Semestern die Routine einschleicht und man die Veranstaltung im x-ten Durchlauf gehalten hat, lauert die Gefahr in Form einer Scheinsicherheit:

  • „Ich weiß doch genau, wen ich da vor mir habe.“
  • „Der da hinten tut nur so, als würde er zuhören.“
  • „Ich ahne schon, welche Frage als nächstes kommt.“
  • „Und nächste Woche will sie wieder wissen, ob ihre Gliederung richtig war.“

Ich nenne das den BTDT-Effekt – „Been there, done that“.

Fehlt nur noch „Got the T-shirt“. Alles kommt einem bekannt vor, alles hat man schon einmal – ach was, ein Dutzend Mal – erlebt. Gähn. Kein Wunder, dass man da in einen Trott verfällt.

Als ich diesen Effekt an mir bemerkte, war es an der Zeit, etwas Neues auszuprobieren. Natürlich habe ich nicht gleich das Gesamtkonzept über den Haufen geworfen. Aber zumindest die nächste Auftaktveranstaltung wollte ich anders gestalten. Das Ziel: mehr über die Studierenden erfahren.

Wie hatte ich bisher den Einstieg gestaltet?

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich in der ersten Lehrveranstaltung meist durch eine mündliche Abfrage versucht, etwas näher herauszubekommen, wen ich da so vor mir habe. (Mehr zur ersten Lehrveranstaltung finden Sie hier).

Meine Fragen an die Studierenden lauteten dabei:

  1. Welche Erfahrungen haben Sie mit Wissenschaftlichem Arbeit bislang gemacht?
  2. Was erhoffen Sie sich von unserer Lehrveranstaltung?

Das war entweder in die Vorstellungsrunde integriert oder ein separater Punkt danach. Mitunter führte das zu grotesken Situationen, die doch sehr an Sketche über Selbsthilfegruppen erinnerten: „Ich heiße Timo Müller und habe keine Ahnung vom wissenschaftlichen Arbeiten.“ (Gruppe: „Hallo, Timo!“)

Natürlich habe ich auch auf diese Art und Weise viel über die Studierenden erfahren. Sonst hätte ich es ja auch nicht jahrelang so praktiziert.

Außerdem konnten die Studierenden direkt in der ersten Stunde ihre Mitstudierenden kennenlernen. Sie erlebten dabei oft, dass sie selbst nicht die einzige Person im Raum sind, die noch keine Ahnung hat und alles von Grund auf lernen muss. Manche nehmen ja zu Studienbeginn an, dass alle anderen so viel klüger sind als sie selbst.

Wie könnte die Alternative aussehen?

Wir wollen also eine möglichst ehrliche Auskunft von den Studierenden erhalten.

Optimal wäre ein Weg,

  • bei dem genügend Zeit wäre, um über seine Antwort nachzudenken
  • bei dem auch die ruhigen Studierenden ausreichend zu Wort kämen
  • bei dem wir echte eigene Antworten der einzelnen Studierenden bekämen und reines Nachplappern vermeiden könnten.

Eine Methode erfüllt alle genannten Punkte: die schriftliche Abfrage.

Dazu drucken Sie in ausreichender Anzahl Bögen mit den Fragen, die Sie interessieren. Ich habe beispielsweise die folgenden beiden Fragen benutzt:

Wenn Sie jetzt direkt beginnen müssten, Ihre erste wissenschaftliche Arbeit zu verfassen:

  1. Vor welchen Schwierigkeiten würden Sie konkret stehen?
  2. Welches Wissen und welche Fähigkeiten fehlen Ihnen derzeit noch?

Diese Bögen verteilen Sie an die Studierenden und geben ihnen genügend Zeit, um ihre Antwort zu verfassen. Sie selbst wiederum nehmen sich dann auch einen ruhigen Moment, um die Bögen zu lesen und auszuwerten.

Ich habe das anonym ablaufen lassen, um möglichst ungeschönte Antworten zu bekommen.

Zu einem geeigneten Zeitpunkt in der Lehrveranstaltung besprechen Sie mit der Gruppe die (gefilterten) Ergebnisse.

In der eingangs erwähnten Gruppe hätte diese Methode wahrscheinlich das Problem nicht komplett abgefangen. Vermutlich hätte ich aber bessere Anknüpfungspunkte gewonnen.

Bessere Ergebnisse?

Als ich diese Methode das erste Mal nutzte, erhielt ich neben den erwarteten Antworten auch ein paar neue Einblicke.

Wie die üblichen Antworten lauteten, können Sie sich denken:

  • „Wo fange ich denn da überhaupt an?“
  • „Wie erstelle ich eine Gliederung?“
  • „Worauf kommt es inhaltlich an? Wie kann ich herausfinden, was relevant und was irrelevant ist?“
  • „Ich möchte wissen, wie ich die Arbeit formatieren soll.“
  • „Wie soll ich mir meine Zeit einteilen?“

So weit, so gut. Es gab aber auch diese Antwort:

  • „Ist Zitieren erlaubt?“

Natürlich wäre im Verlauf des Semesters ohnehin schnell deutlich geworden, dass Zitieren nicht nur erlaubt, sondern sogar zwingend nötig ist. Ich hätte allerdings gedacht, dass sich das unter Erstsemestern schon herumgesprochen hat. So zeigte mir diese Frage, dass man eben nichts als selbstverständlich voraussetzen sollte. Ein wertvoller Einblick. Und für den Studierenden freut mich, dass er eine solche Frage loswerden konnte, ohne sich zu blamieren.

Dann wiederum las ich auch eher „fortgeschrittene“ Antworten, die ich in einem ersten Semester nicht erwartet hätte:

  • „Ist die wissenschaftliche Arbeit ähnlich wie Textsorten, die ich schon kenne (Analyse, Interpretation, Aufsätze)?“
  • „Wie gestalte ich die Übergänge zwischen den Kapiteln?“
  • „Wie kann ich die Arbeit spannend gestalten, so dass man Lust hat weiterzulesen?“

Es bestätigt sich wieder einmal: Die Studierenden kommen mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen.

Manche von ihnen schweigen in einer mündlichen Abfrage, weil sie in der ersten Lehrveranstaltung nicht aus der Gruppe herausstechen wollen, weder negativ noch positiv. Die anonyme schriftliche Variante liefert andere und, wie ich finde, bessere Ergebnisse.

Fazit: Wer sich mit seiner Lehrveranstaltung im Wissenschaftlichen Arbeiten als Problemlöser versteht, sollte zuerst einmal das Problem verstehen.

Was Eisenhower mit den Studierendentypen zu tun hat

Ich lade Sie zu einem Gedankenspiel ein:

Welchen der vier Studierendentypen würden Sie sich für den Fall wünschen, dass in einem Kurs alle Studierenden gleich wären?

Falls Sie die vier Typen noch nicht kennen, sollten Sie zuerst diesen Beitrag lesen.

Na, was ist Ihre Antwort?

So ein homogener Kurs kommt wahrscheinlich selten vor. Allerdings hätte das zwei Vorteile.

Erstens, als Lehrender könnte man sich viel besser auf die Bedürfnisse der Studierenden einstellen. Bei vier Typen versuchen Sie vier Ziele gleichzeitig zu treffen und müssen vier Handlungsweisen im Repertoire haben.

Zweitens, auch die Zahl der möglichen Konflikte würde innerhalb eines homogenen Kurses minimiert, weil weniger gegensätzliche Interessen aufeinander treffen.

  • Typ 1 würden niemanden mehr vom Lernen abhalten.
  • Typ 2 würde nicht mehr das Tempo für den Rest drosseln.
  • Typ 3 würde nicht mehr die Veranstaltung torpedieren, weil „das sowieso alles überflüssig ist“.
  • Und Typ 4? Spontan wünschen sich viele wohl einen kompletten Kurs voller Typ-4-Studierender.

Das führt mich zu einem weiteren Gedanken: Wie müssten wir eigentlich die Lehre jeweils verändern, wenn wir homogene Kurse vor uns hätten?

Wie würden typgerechte Lehrformate aussehen?

Der Typ 1-Studierende ist „der Schulverweigerer“. Er will nicht, und er kann auch nicht. Eine Lehrveranstaltung ist dementsprechend sinnlos, für beide Seiten. Hier wäre eine Lockerung der Anwesenheitspflicht hilfreich. Typ 1-Studierende würden wohl einfach wegbleiben.

Studierende des Typ 2, „die Nachhilfeschüler“, bräuchten einen Intensivkurs mit zusätzlicher Beratung. Sie fragen viel nach, wollen eindeutige Antworten und benötigen meist etwas länger, bis sie die Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens wirklich verinnerlicht haben. Wie ich einmal schrieb, die Bezeichnung dieses Typsmüsste korrekt heißen: „Kann noch nicht, will aber“.

Typ 3 nenne ich mal „den Hinterbänkler“. Diese Studierenden sitzen meist eher abwartend in den hinteren Reihen und sind nicht bereit, die Inhalte aufzunehmen. Der Grund: Sie halten die Lehrveranstaltung oder zumindest die Menge der dafür vorgesehenen Einheiten für überflüssig. Ihnen wäre am besten mit einem fakultativen, spät im Semester angesetzten Schnellkurs geholfen. Zudem wären optionale Beratungsstunden für sie hilfreich, die sie einfach bei Bedarf (im Anschluss an den Schnellkurs oder sogar stattdessen) nutzen könnten.

Typ 4-Studierende weisen die ideale Kombination aus Können und Wollen auf. Bei diesen „Musterschülern“ wäre die Lehre ein Selbstläufer. Vielleicht würden sogar die eher stillen Studierenden des Typ 4 mehr aus sich herauskommen, wenn sie unter ihresgleichen wären. Für diese Gruppe könnte man also die Lehrveranstaltung so lassen, wie sie ist.

Im Überblick sieht das dann so aus:

Studierendentypen

Eisenhower?

So, und was hat das alles nun mit Eisenhower zu tun? Zeit für die Auflösung.

Ich habe meinen Gedanken weiter freien Lauf gelassen und die vier Typen mit Eisenhowers Matrix zum Zeitmanagement kombiniert. Nicht dass, sich das inhaltlich aufdrängen würde – ich kam hauptsächlich wegen der gleichen Form auf die Idee.

Beim Eisenhower-Prinzip geht es, kurz gesagt, darum, welche Aufgaben wann und wie erledigt werden sollten, um Zeit sinnvoll zu nutzen und die höchste Wirksamkeit zu erreichen. Dabei werden die Kriterien „Wichtigkeit“ und „Dringlichkeit“ unterschieden, so dass sich vier Zusammenstellungen (Quadranten) ergeben.

Eisenhowers Dringlichkeit ordne ich bei den Studierendentypen das Können zu, Eisenhowers Wichtigkeit das Wollen. Bitte suchen Sie nicht die inhaltliche Übereinstimmung, diese Zuordnung ist rein formal. Die Nummerierung der Quadranten stimmt nicht ganz mit der der Typen überein: Typ 1 befindet sich in Quadrant 4 und umgekehrt. Schlussendlich ergibt sich die folgende Konstellation:

  • Typ 1: Quadrant der Verschwendung

Bei Typ 1 ist Lehre sinnlos, wie wir oben festgestellt haben, ergo befinden wir uns hier im Quadranten der Verschwendung. Das sind bei Eisenhower die Aufgaben, die im Papierkorb landen, sprich nicht erledigt werden.

  • Typ 2: Quadrant der Qualität

Bei Typ 2 haben wir als Lehrende die Gelegenheit zu zeigen, was wir können. Es handelt sich um den Quadranten der Qualität. Bei diesen Studierenden ist relativ gesehen der größte individuelle Fortschritt zu erwarten. Wir arbeiten vorausschauend. Analog zur Eisenhower-Matrix werden hier die Grundlagen für spätere Erfolge gelegt.

  • Typ 3: Quadrant der Täuschung

Bei Typ 3 denken wir bisher nur, dass wir lehren. Denn eigentlich wollen sich diese Studierenden ja die Herangehensweise des wissenschaftlichen Arbeitens zu gegebener Zeit selbst erschließen. Das ist also der Quadrant der Täuschung. In der Eisenhower-Matrix besteht eine Lösung im Delegieren. Genau das tun wir: Wir übergeben die Verantwortung an die Typ 3-Studierenden.

  • Typ 4: Quadrant der Notwendigkeit, besser: Quadrant der Routine

Bei Typ 4 lehren wir im Quadranten der Notwendigkeit. Wir tun, was getan werden muss. Eigentlich geht es gemäß dem Eisenhower-Prinzip hier um Dinge, die jetzt getan werden müssen, weil sie keinen Aufschub mehr dulden. Treffender für unsere Zwecke könnte man diesen Quadranten umbenennen zum Quadrant der Routine.

In der Zusammenfassung stellt sich das folgendermaßen dar:

Quadranten

Die Lösung für mehr Qualität

Wie wäre es, wenn die Studierenden zwischen verschiedenen Lehrformaten auswählen könnten? Vielleicht wäre Selbstselektion wirklich eine Lösung für viele Probleme? Dort, wo das institutionelle Setting es hergibt, könnten verschiedene Lehrformate angeboten werden, zu denen sich die Studierenden dann selbst zuordnen und anmelden.

So würden wir als Lehrende weniger Zeit in den Quadranten der Verschwendung und Täuschung zubringen und müssten außerdem in der Lehrveranstaltung weniger Konflikte bearbeiten. Die gewonnene Zeit könnten wir dem Quadranten der Qualität widmen.

Universitätsbibliothek : „Und rechts sehen Sie den Präsenzbestand…“

Es führt kein Weg daran vorbei: Irgendwann benötigt jeder Literatur, wenn eine wissenschaftliche Arbeit anzufertigen ist. Manche steuern die Bibliothek gleich am Anfang an, wenn sie noch nach einem Thema oder einer Fragestellung suchen. Sie sichten erst einmal viele Quellen und lesen sich ein. Andere wissen schon, in welche Richtung ihre Arbeit gehen soll, und können gezielter recherchieren. In beiden Fällen ist es unabdingbar, die Techniken der Literatursuche zu beherrschen.

Das nötige Wissen über die Literaturrecherche lässt sich sehr gut in der Lehrveranstaltung vermitteln:

  • Wie ist eine wissenschaftliche Bibliothek grundsätzlich aufgebaut?
  • Was ist dort anders organisiert als etwa in einer Stadtbücherei?
  • Wie funktioniert ein OPAC?
  • Welche Strategien kann ich bei der Literatursuche anwenden?
  • Wieso sollte ich nicht nur im Internet nach Quellen suchen?

Um diese Inhalte zu vermitteln, müssen wir den Hörsaal theoretisch nicht verlassen. All das lässt sich mündlich, anhand unterstützender Folien und mit ein bis zwei Ausflügen in die weite Welt des Internets, sehr anschaulich lehren. (In diesem Artikel habe ich mehr dazu geschrieben.)

Was bringt ein gemeinsamer Besuch in der Bibliothek?

Wieso also sollte ich mit dem kompletten Kurs der Bibliothek einen Besuch abstatten? Dieses Thema möchte ich zuerst aus der Perspektive der Studierenden betrachten. Danach schildere ich, welche Aspekte bei der Vorbereitung zu beachten sind.

Das „Pro“ aus Sicht der Studierenden

 

  • Das Zurechtfinden in einer wissenschaftlichen Bibliothek ist kompliziert.

Solche Bibliotheken sind im Regelfall groß und auf den ersten Blick unübersichtlich: Es hilft, wenn man die verschiedenen Bereiche direkt vor Ort gezeigt bekommt und etwa ausleihbare Bücher vom Präsenzbestand unterscheiden lernt. Neulinge sparen einiges an Zeit, wenn jemand ihnen die wichtigsten Informationen an Ort und Stelle weitergibt.

  • Ein gemeinsamer Bibliotheksbesuch nimmt eventuelle Schwellenängste.

Gerade bei Studierenden aus Familien ohne akademischen Hintergrund ist das manchmal ein Thema. Oder besser gesagt: Es ist eben kein Thema, denn fast niemand spricht es offen aus. Einige hegen die Befürchtung, das Angebot der Bibliothek gar nicht nutzen zu dürfen (Zugang nur für „echte Wissenschaftler“). Einige haben Angst, sich mangels Erfahrung falsch zu verhalten, sich zu blamieren und direkt als Unwissender erkannt zu werden. Diese Studierenden profitieren davon, den ersten Besuch nicht alleine meistern zu müssen, sondern innerhalb einer Gruppe unterwegs zu sein.

Das „Contra“ aus Sicht der Studierenden

 

  • Manche Studierende empfinden den gemeinsamen Besuch der Bibliothek als Zeitverschwendung.

Sie wären mit den Erklärungen in der Lehrveranstaltung und einer selbständigen Suche schneller vorangekommen. Sie hätten die Zeit besser nutzen können , indem sie gezielt für ihre eigene Arbeit recherchieren.

  • Manche Studierende empfinden einen gemeinsamen Bibliotheksbesuch als nicht angemessen.

So eine Veranstaltung hat etwas von Schulausflug und Projekttagen und An-die-Hand-genommen-werden. Wenn jemand Schwellenängste hat, soll er sie ihrer Meinung nach eben einfach überwinden.

Der Blick auf die Rahmenbedingungen

Hat man als Dozent seinen Standpunkt zu den angesprochenen Aspekten gefunden, geht es an die Vorüberlegungen für die Umsetzung. (Wie) ist ein gemeinsamer Bibliotheksbesuch überhaupt sinnvoll zu gestalten? Folgende zwei Punkte sind abzuwägen:

1. Gruppengröße

Bei überschaubaren Gruppen ist eine gemeinsame Führung durch die Lehrkraft gut machbar. Das muss selbstverständlich im Vorfeld mit der Bibliothek abgestimmt sein. Alternativ kann man „outsourcen“ und das Schulungsangebot der Bibliothek nutzen. Hierdurch entstehen manchmal Kosten, das wird von Bibliothek zu Bibliothek unterschiedlich gehandhabt.

Zur Vertiefung können im Anschluss an den Rundgang zusätzliche Arbeitsaufträge für einzelne Studierende oder Kleingruppen gegeben und ausgewertet werden, so dass diese sich nicht nur „berieseln“ lassen, sondern auch selbst aktiv werden müssen.

Bei größeren Gruppen bietet sich eine Rallye durch die Bibliothek an. Dabei schickt man wie bei einer Schnitzeljagd die Kleingruppen zeitlich versetzt und/oder in verschiedene Richtungen los, so dass immer nur wenige Personen gemeinsam durch die Räume gehen. Verschiedene Aufgaben müssen gelöst werden. Die Gruppenmitglieder können sich dabei gut im Flüsterton abstimmen, dadurch hält sich der Lärm in Grenzen.

2. Aufwand

Im Vergleich zu einer regulären Lehrveranstaltung fällt natürlich bei einer solchen Exkursion mehr Aufwand an.

Je nach den örtlichen Gegebenheiten sollte die Zeit für die Anfahrt berücksichtigt werden. Gerade wenn direkt vor oder nach dem Besuch der Bibliothek andere Lehrveranstaltungen stattfinden, wird es unter Umständen zeitlich eng für die Betroffenen.

Die Vorbereitungszeit variiert je nach der eingesetzten Methode.

  • Führt man die Gruppe selbst durch die Räume, setzt das ein gewisses Maß an Ortskenntnis voraus. Zumindest ein grober Plan der anzusteuernden Bereiche sollte vorab erstellt werden – sei es durch reines Überlegen vom Schreibtisch aus, sei es durch eine „Vortour“.
  • Bei einer Führung durch Angestellte der Bibliothek reduziert sich der Vorbereitungsaufwand auf die Absprachen im Vorfeld. Danach kann man sich entspannt zurücklehnen. Während der Führung muss man auch nichts weiter tun, als eventuell auftretende kleinere Fragen zu den Besonderheiten des eigenen Fachgebiets zu beantworten. Das Allgemeine erledigen die Bibliotheksmitarbeiter.
  • Die aufwändigste Vorbereitung bringt eine Rallye mit sich. Die Aufgaben müssen erstellt und die Lösungen dokumentiert werden. (Eine Checkliste zur Vorbereitung und Durchführung habe ich hier eingestellt.) Zurück am Schreibtisch gilt es, die Aufgabenblätter niederzuschreiben und zu vervielfältigen. Die Durchführung der Rallye erfordert zudem für den Dozenten einen Raum oder zumindest eine abgelegene Stelle, an der man mit seinen kurzen Besprechungen die anderen Nutzer nicht stört. Das muss wiederum rechtzeitig mit der Bibliothek abgestimmt werden.

Fazit

Der Bibliotheksbesuch mit dem gesamten Kurs kann eine willkommene Ergänzung der Lehrveranstaltung sein, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Je nach Gestaltung des Besuchs fällt mehr oder weniger Vorbereitung an. Der Nutzen liegt für manche Studierende in der Zeitersparnis, für andere in der Überwindung ihrer Schwellenängste. Da über Letzteres kaum jemand offen spricht, ist dieser Nutzen nicht direkt greifbar.

Denkbar wäre es, den Besuch auf freiwilliger Basis anzubieten, um allen Interessenlagen gerecht zu werden. Dann können diejenigen teilnehmen, die sich etwas davon versprechen, und alle anderen ziehen auf eigene Faust los.

Wie machen Sie das denn in Ihren Kursen? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Wie Sie Hausarbeiten korrigieren und trotzdem glücklich bleiben

„Da liegt er wieder, der Stapel…“ Sie setzen sich an Ihren Schreibtisch. Darauf: ein Berg von Hausarbeiten, die auf die Korrektur warten. Es gibt sicher Schöneres und Erfüllenderes als diese Aussicht- zum Beispiel einen Schreibtisch mit einem Berg von gerade fertig korrigierten Hausarbeiten. Ah, dieses Gefühl, wenn alles erledigt ist… herrlich!

Was ist es eigentlich, was mich so mitnimmt bei der Korrektur? Ich bin der Sache mal auf den Grund gegangen.

Vorab möchte ich etwas Entscheidendes klarstellen. Ich meine in diesem Beitrag nicht die größeren Arbeiten, die in den meisten Fällen mit Hingabe und Herzblut verfasst werden, wie etwa Bachelorarbeiten. Hier soll tatsächlich die Rede von den kleineren und mittleren Arbeiten im Studium sein, die aus der Sicht der Studierenden reine Pflicht sind und die hauptsächlich einem Zweck dienen, nämlich dem Erlangen des Leistungsnachweises. Sicher werden auch dann wirklich sehr gute Arbeiten eingereicht, aber mal ehrlich, das Verhältnis von sehr guten Arbeiten zu „Pflichterfüllungsarbeiten“ könnte besser sein, oder?

Woher rührt der Frust genau?

Ich habe das nun mehrere Jahre an mir beobachtet und komme zu dem Schluss, dass mich vor allem eines stört (und ja, je nach Tagesform nicht nur stört, sondern sogar ärgert):

Es handelt sich immer wieder um dieselben Fehler!

Damit beziehe ich mich nur bedingt auf Fehler Nummer 1, die fehlende Fragestellung. (Diesbezüglich habe ich den Eindruck, dass es gerade besser wird. Vielleicht fruchtet die von mir verwendete Übung mittlerweile doch? Das wäre zu schön.) Nein, ich meine andere Dinge damit.

Ich sitze also da und korrigiere wieder und wieder die gleichen Fehler. Nicht alle in einer Arbeit, aber eben doch gehäuft. Es handelt sich oft um unwesentliche Fehler. Leider kann ich sie deswegen ja nicht einfach unkorrigiert stehen lassen.

Manchmal wünschte ich, ich hätte einen Stempel. Gerade für die formalen Kleinigkeiten, die gern falsch gemacht werden, wäre das nützlich. „Fußnoten enden mit einem Punkt“, um mal ein banales Beispiel zu nennen. Wie oft habe ich das schon hingeschrieben? Oder „Zitation so nicht richtig, bitte im Leitfaden nachschlagen!“ Oder, auch sehr beliebt: „Quelle?“, wenn offensichtlich fremdes Wissen ungekennzeichnet verarbeitet wurde.

Warum passieren immer wieder die gleichen Fehler?

Es scheint mir also in der Lehrveranstaltung nicht immer gelungen zu sein, die Inhalte zu 100 Prozent zu vermitteln. Über die Gründe für diesen Umstand kann jetzt trefflich spekuliert werden.

  • „Gehört ist nicht verstanden“, um es einmal mit Konrad Lorenz zu sagen.

Vielleicht kam bei einzelnen Studierenden gar nicht erst an, was wir in der Lehrveranstaltung besprochen und erarbeitet haben. Vielleicht sind auch Missverständnisse unbemerkt geblieben.

  • Die Eigendynamik in der Semestergruppe spielt ebenfalls eine Rolle.

Gerüchte verbreiten sich, und Halbwahrheiten kursieren. Schnell ist es da passiert, dass sich alle Beteiligten über die vermeintliche Lösung eines Problems einig sind. (Dieses Semester führen plötzlich auffällig viele Studierende auch diejenigen Abbildungen im Abbildungsverzeichnis auf, die sie nicht im Text, sondern im Anhang verwenden. Das war noch nie ein Problem. Wieso es jetzt zu einem wurde? Ich kann nur spekulieren!)

  • Weiter mit Lorenz: „Gewollt und gekonnt ist nicht getan“.

Manche Konventionen im wissenschaftlichen Arbeiten finden einzelne Studierende schlichtweg doof und nicht logisch nachvollziehbar. Daher halten sie sich nicht daran. Punkt. Und einigen Studierenden ist es auch einfach egal – Hauptsache bestanden.

  • Außerdem: Die lieben Kollegen

Je nach institutionellem Setting kämpft man eventuell noch damit, dass Kolleginnen und Kollegen manchmal falsche Auskünfte geben. Das geschieht oft aus einem einfachen Grund: In ihrer Rolle als Fachdozenten (und nicht als Lehrende im Wissenschaftlichen Arbeiten) haben sie sich nicht mit allen Details des Leitfadens der Hochschule vertraut gemacht. Sie antworten, was aus ihrer Erfahrung heraus richtig ist, und ignorieren, dass es so an der Hochschule nicht vorgesehen ist. Die Verwirrung bei den Studierenden ist dann groß.

Wen interessieren meine Korrekturen?

Außer der Wiederholung der immer gleichen Fehler stört mich noch etwas: die Ungewissheit, ob meine Korrekturen überhaupt gelesen und nachvollzogen werden. Mache ich mir die ganze Arbeit umsonst? Wird es den Studierenden weiterhelfen? Ich kann es vorab nicht wissen.

Wie also beim Korrigieren glücklich bleiben?

Diese Frage gehe ich von mehreren Seiten gleichzeitig an.

Schritt 1: Akzeptieren, was nicht zu ändern ist.

Das klingt erst einmal philosophisch, ist für mich aber enorm hilfreich. Bevor ich loslege mit der Korrektur, führe ich mir noch einmal vor Augen, wie ich die Situation auch interpretieren könnte:

  • Fehler, die aufgrund von Missverständnissen auftauchen: Zu einem Missverständnis gehören immer zwei. Nicht nur die Studierenden sind also „schuld“ (wenngleich manche sicher aufmerksamer sein könnten), sondern auch ich muss mir überlegen, was ich zu dem Missverständnis beigetragen habe. (siehe auch unter Schritt 2, Verbesserung des Skripts und der Lehre)
  • Fehler, die aufgrund von Gerüchten und Halbwahrheiten entstehen: Die Studierenden haben immerhin versucht, die Aufgabe eigenständig zu lösen, und haben sich nicht wegen vermeintlichen Kleinigkeiten an mich gewendet. Ist doch auch was wert.
  • Fehler aus Gleichgültigkeit: Manche Studierende setzen andere Prioritäten, als wir Dozierende es uns wünschen würden. Sie minimieren den Aufwand und geben eine Arbeit ab, die nicht „ihr Bestes“ ist. Das ist ok. Sie optimieren die Verwendung ihrer kostbarsten Ressource, nämlich ihrer Zeit. Ich sollte stolz auf sie sein, denn auch darüber reden wir ja in der Veranstaltung.
  • Fehler aufgrund falscher Auskünfte der Kollegen: Hier fehlt mir noch die zündenden Idee. Wir tauschen uns zwar aus, aber das deckt eben nicht alle Eventualitäten ab.

Schritt 2: Positiv denken und handeln

  • Bei der Korrektur nicht nur Fehler suchen, sondern gezielt Positives hervorheben.

Das macht einem selbst gleich bessere Laune, und später freuen sich auch noch die Studierenden. Der alte Spruch „Nicht geschimpft ist gelobt genug“ bringt einen ja auf Dauer wirklich nicht weiter. Die Studierenden motiviert eine ausschließlich fehlersuchende Korrektur nicht, oder schlimmer sie demotiviert sie sogar aktiv. Daher wende ich meine Aufmerksamkeit auf die gelungenen Passagen und versuche, diese nicht als selbstverständlich anzusehen. Ich freue mich darüber, dass etwas richtig oder außergewöhnlich gut gemacht wurde, und formuliere Lob.

  • Wie so oft: Krise als Chance nutzen

Ich notiere mir die auffälligen Fehlerhäufungen und sehe nach, ob in meinen Lehrveranstaltungsunterlagen etwas missverständlich ist oder wichtige Punkte vielleicht gar nicht erwähnt wurden.

Schritt 3: Arbeitsaufteilung überdenken

Manchmal hilft es, seine Routine zu hinterfragen und etwas daran zu ändern. Das bringt neuen Schwung und reduziert das „Und täglich grüßt das Murmeltier“-Gefühl.

  • Korrigiere ich so viele Arbeiten wie möglich in einem Rutsch durch, oder nehme ich mir bewusst nur kleinere Päckchen vor?
  • Setze ich mir ein Zeitziel („Eine Stunde konzentrierte Korrektur“) oder ein Mengenziel („Drei Arbeiten“)? Danach ist dann wieder Zeit für Abwechslung und/oder eine kleine Belohnung.
  • Verfahre ich bei jeder Arbeit nach dem gleichen Schema? Zum Beispiel zuerst die Struktur, dann der Inhalt, dann das Formale? Arbeite ich nach einer Checkliste oder eher nach dem Zufallsprinzip?
  • Lasse ich die vermutlich schlechten Arbeiten bis zum Ende liegen oder nehme ich sie mir zuerst vor? Lese ich die vermutlich beste Arbeit direkt zu Beginn, oder spare ich sie mir bis zum Ende auf? Oder arbeite ich den Stapel einfach so ab, wie er da liegt?

Der Notfall-Plan (wenn es gar zu schlimm wird)

  • Bei Kollegen Dampf ablassen und sich gegenseitig sein Leid klagen. Innerhalb kürzester Zeit ist es wieder erträglich und man kann sich wieder auf die positiven Aspekte der Arbeiten konzentrieren. Wenn nicht: da capo al fine, zurück zu Schritt 1.
  • Korrigiert man im home office, müssen arme unbeteiligte Dritte als Klagemauer (= die Familie) herhalten.

Und jetzt drucke ich mir das alles aus und hänge es über den Schreibtisch. Dort wartet ein Stapel Hausarbeiten auf mich.

Was sind Ihre Tipps und Tricks zum Glücklichbleiben bei der Korrektur von Hausarbeiten?