Coole Konferenzen

Kommt der Sommer, kommen die Konferenzen. Das ist im akademischen Jahreslauf ebenso unvermeidlich wie schön.

In diesem Artikel möchte ich Sie nachträglich zu zwei Konferenzen mitnehmen, die ich im Juni besucht habe. Auf diese Art erhalten Sie einen Einblick in einen kleinen Ausschnitt meiner Arbeit.

  • Die Teilnahme an der Konferenz „Lesen und Schreiben: Texte rezipieren, integrieren, produzieren“ (eigentlich in Brugg-Windisch in der Schweiz) war von langer Hand geplant. Ursprünglich sollte das bereits im Jahr 2020 stattfinden. Meine Einreichung war schon vor über einem Jahr angenommen worden, und das Kurzreferat wartete darauf, endlich gehalten zu werden.
  • Die Teilnahme an der Konferenz „European Conference on Academic Integrity and Plagiarism“ (ECAIP 2021, eigentlich in Brno, Tschechien) kam vergleichsweise spontan hinzu, weil eine Arbeitsgruppe, der ich seit ihrer Gründung im November 2020 angehöre, sich entschied, ein Proposal für einen Workshop einzureichen, das auch direkt angenommen wurde.

Zeitlich haben sich diese beide Konferenzen um einen Tag überschnitten. Nur durch das Online-Format konnte ich überhaupt an beiden teilnehmen und – noch besser – die Aufzeichnung interessanter Beiträge, die ich verpasst hatte, nachträglich ansehen.

Aber der Reihe nach:

ECAIP 2021: „European Conference on Academic Integrity and Plagiarism“

Die Tagung des European Network for Academic Integrity (ENAI) war Neuland für mich, diese internationale Community kann ich bisher nur aus Erzählungen. Mittwochs ging es los, und mittags stand auch gleich unser Workshop „Who is Responsible for Integrity in the Age of Artificial Intelligence?“ auf dem Programm. Wir hatten 45 Minuten Zeit und wollten der Frage nachgehen, wer im Zusammenhang mit KI-gestützten Schreiben wissenschaftlicher Texte überhaupt die Verantwortung übernehmen kann. Diese Frage kam auf, als wir uns für einen Sammelbandbeitrag intensiv mit den traditionellen Werten auseinandersetzten. (Der Beitrag „Forschungsintegrität und Künstliche Intelligenz mit Fokus auf den wissenschaftlichen Schreibprozess. Traditionelle Werte auf dem Prüfstand für eine neue Ära“ wird in ein paar Wochen zugänglich sein). Im Workshop stellten wir ein vorläufiges Modell mit ausdifferenzierten Rollen zur Diskussion.

Ansonsten wurde der Einsatz künstlicher Intelligenz im Zusammenhang mit dem wissenschaftlichen Schreiben kaum thematisiert. Im Mittelpunkt der ECAIP steht vielmehr die Prävention von „klassischem“ akademischem Fehlverhalten und das Erforschen der Umstände, die zu einem solchen Verhalten führen bzw. es eben eindämmen könnten. In diesem Jahr richtete sich der Blick zudem, wie sollte es anders sein, auf die Auswirkungen der Pandemie auf den Studien- und Prüfungsalltag.

Wenn ich von „klassischem akademischen Fehlverhalten“ schreibe, will ich auf keinen Fall implizieren, dass der Einsatz von künstlicher Intelligenz das moderne Gegenstück dazu ist. Sicher ist es möglich, sich weite Teile der Arbeit von KI-gestützten Tools abnehmen zu lassen. Inwieweit das allerdings ein Fehlverhalten darstellt, ist im Detail zu diskutieren.

An dieser Stelle hole ich einen LinkedIn-Beitrag https://www.linkedin.com/pulse/feedback-auf-texte-zu-textfeedback-eine-frage-lehrende-klein/ hervor, den ich im November 2020 veröffentlicht habe. Leider hat damals niemand die vier dort veröffentlichten Textauszüge kommentiert. Meine Frage lautete, ob denn wohl einer der Auszüge nicht eigenständig von dem oder der Studierenden verfasst wurde. Jetzt würde ich gern konkreter fragen und von Ihnen wissen, ob Ihrer Meinung nach KI-Tools genutzt wurden. Schreiben Sie es gern hier oder bei LinkedIn in die Kommentare.

„Lesen und Schreiben“

Nahtlos ging es nach zwei Tagen ECAIP am Freitag für mich weiter zum 8. internationalen Kongress des Forums wissenschaftliches Schreiben (FwS), das in Kooperation mit der Schreibberatung der Pädagogischen Hochschule FHNW und dem Institut für Geistes- und Sozialwissenschaften der Hochschule für Technik FHNW stattfand. Dies war gleichzeitig auch die 2. trinationale Tagung der Gesellschaften für wissenschaftliches Schreiben in Deutschland, Österreich und der Schweiz, also der gefsus (Gesellschaft für Schreibdidaktik und Schreibforschung), der GeWiss (Gesellschaft für wissenschaftliches Schreiben) und des FwS. Somit schloss sich diese Tagung an die 1. trinationale Tagung in Klagenfurt vor zwei Jahren an. Während es damals um die Etablierung der Schreibwissenschaften ging, rückte dieses Mal ein bislang regelrecht ausgespartes Thema in den Vordergrund: das Lesen.

Im Gegensatz zur ECAIP war ich hier allein und in einer mir bekannten Community unterwegs. Mein Impulsreferat „Gehört das so ausführlich? Wie Lesen beim Schreiben hilft: Fachartikel als Vorbild für das eigene Methodenkapitel“ fand in zwei Durchgängen à 5 Minuten mit jeweils 10 Minuten anschließender Diskussion statt. Ich berichtete aus meinen Erfahrungen in der Praxis: Wie lese ich mit Studierenden Fachartikel, was diskutieren wir im Anschluss daran, und wie führt das (hoffentlich) zu besseren Methodenkapiteln in ihren Arbeiten?

Dass 5 Minuten Vortragszeit wirklich wenig sind, war mir natürlich von vorneherein klar, so dass ich den Beitrag das eine oder andere Mal mit der Stoppuhr geprobt hatte (besser gesagt: mit dem Tabata-Timer, den ich sonst für den Sport nutze :D). Und auch 10 Minuten sind wirklich kurz für eine Diskussion. Dennoch konnte ich wertvolle Anregungen mitnehmen. Bestätigung und Zustimmung habe ich auch bekommen, was ja auch wertvoll ist.

Extraspannend wurde es dann noch einmal am Freitag kurz vor Ende, als Prof. Dr. Sarah Brommer von der Universität Bremen ihren Vortrag „Wissenschaftliches Lesen und Schreiben lernen mit Schreibratgebern“ hielt. Als Autorin eines solchen Ratgebers interessierte mich natürlich sehr, was sie zu sagen hat. Als ich dann gleich zu Beginn das Cover meines Buches auf ihren Folien sah, schlug mein Herz doch etwas schneller…

Die Hauptthese war, dass echtes Lernen ohne Transfer – also z. B. durch Übungen und Feedback – nicht stattfindet, und dass die Ratgeber allenfalls als Einblick in die Materie und ggf. als Nachschlagewerk dienen können. Innerhalb dieses Rahmens habe ich mich mit meinem Buch wohl aber ganz gut angestellt 😉

Offene Fragen und ein kleines Fazit

Von beiden Konferenzen nehme ich mit, dass derzeit die Frage diskutiert wird, wann das Erlernen des wissenschaftlichen Schreibens eigentlich beginnen sollte. Insbesondere bei der ECAIP liefen viele Diskussionen in diese Richtung: Ist es vielleicht in den ersten Semestern des Studiums zu spät? Muss man damit nicht in der Sekundarstufe ansetzen? Manche gingen sogar so weit zu sagen, dass schon die Grundschule ein guter Ort ist, um die Mitwirkenden und helfenden Hände der eigenen Arbeitsergebnisse zu nennen und sich nicht mit fremden Federn zu schmücken. Gewissermaßen eine frühe Form von Zitieren und Danksagung.

Auch das „Wie“ des Erlernens stand im Fokus, nämlich bei der „Lesen und Schreiben“-Tagung und da natürlich mit dem Blick auf den Umgang mit einer Vielzahl von Texten: Wie geht man mit multiplen Dokumenten um, wie liest man sie geschickt und bereitet sie so auf, dass daraus ein eigener Text entstehen kann?

Insgesamt schien es mir übrigens, als gäbe es wenige Überlappungen zwischen den beiden Communities. Nun ist die ENAI natürlich englischsprachig und „noch internationaler“ als die deutschsprachige, trinationale Tagung. Aber auch zwischen ENAI und der internationalen EATAW sehe ich keine (starke) Verbindung. Integrität wird bei der EATAW von anderen Menschen behandelt als jenen, die ich im Juni gehört habe. Auch das Thema Künstliche Intelligenz im Schreibprozess wird im Juli bei der EATAW-Konferenz zwar vertreten sein, aber auch hier wieder nur am Rande.

Ach so: Warum eigentlich „Coole Konferenzen“ als Überschrift? Es war anstrengend, so viel steht fest. Dennoch freue ich mich eigentlich jedes Mal auf und über den Input durch eine Konferenzteilnahme. Ich erhalte Einblick in die Arbeit anderer, in deren Denkweise und Ergebnisse (die ich gar nicht versuchen wollte, hier darzustellen, weil es nicht annähernd hätte gelingen können). Ich erhalte bei Konferenzen Antworten auf meine Fragen und kann umgekehrt für andere Menschen Verbindungen herstellen, die sie selbst noch nicht gesehen haben. Ich komme auf neue Fragen. Das alles finde ich cool, so dass ich auch gern die Anstrengung in Kauf nehme.

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Studierende, verzettelt Euch!

Wie viele Ihrer Studierenden lesen eigentlich so viel wissenschaftliche Literatur, dass sie Gefahr laufen, dabei den Überblick zu verlieren?

Sollten Sie angesichts dieser Frage gerade vor lauter Lachen vom Stuhl gefallen sein, tut es mir leid. Das wollte ich nicht!

Oder kennen Sie vielleicht doch eher Studierende, die gern etwas mehr Quellen verarbeiten dürften?

Ich schätze, dass die Antwort recht eindeutig ausfällt.

Einer (!) der Gründe für die „Leseunlust“ mag darin liegen, dass die Studierenden gar nicht wissen, wie sie ihr neu angelesenes Wissen organisieren sollten. Ein Gefühl der Überforderung macht sich breit, allein schon bei der Vorstellung von Bücherstapeln und riesigen Dateiordnern mit ungezählten PDFs. Exzerpieren ist ja schön und gut, aber wohin dann mit all den Exzerpten? Eine „Lösung“ sehen viele Studierende in der Reduktion der Quellenarbeit auf das Nötigste. Damit sind sie, was die Belastung und Arbeitstechniken angeht, auf der sicheren Seite, denn einige wenige Quellen lassen sich auch ohne besondere Hilfsmittel überschauen. Ein einfaches Durcharbeiten der Texte mit Markierungen und Randnotizen funktioniert noch gut, und das Problem der Exzerpte und deren Verwaltung taucht erst gar nicht auf.

Schade!

Mit einer solchen Vermeidungshaltung nehmen sich diese Studierenden viel. Zum Beispiel die Chance, neues Wissen aufzunehmen und sich fachlich weiterzuentwickeln. Was war noch gleich der Sinn eines Studiums?

Als Lehrende sollten wir aufzeigen, wie der Umgang mit Wissen gelingen kann, so dass es eben nicht so schnell zu überfordernden und abschreckenden Situationen kommen kann. Dazu bedarf es der richtigen Methoden und Techniken, und ja, auch der richtigen Tools. Diese müssen wir den Studierenden zugänglich machen.

Selbstverständlich lassen sich Exzerpte auch handschriftlich anfertigen und anschließend in Ordnern oder Karteikästen ablegen. Wer auf diese Weise gut zurecht kommt, muss sich nicht unbedingt umstellen. Ungezählte wissenschaftliche Publikationen sind auf der Basis solcher Vorarbeiten entstanden. Luhmanns Zettelkasten ist wohl das prominenteste Beispiel für einen nicht-digitalen Wissensspeicher.

Problematisch wird es bei der Arbeit ohne Software meist nicht beim Erstellen der Exzerpte, sondern beim Wiederfinden der Inhalte („Wo stand das noch mal? Ich habe das kürzlich doch irgendwo gelesen.“). Ohne ein ausgeklügeltes System und ein jederzeit zuverlässig funktionierendes Gedächtnis sieht man da manchmal alt aus.

Zettel, überall Zettel

Was ist die Lösung? Ein digitales Notizprogramm.

Das Angebot an Notizprogrammen wächst stetig. Allerdings ist die allgemeine Software wie OneNote, Evernote usw. für das wissenschaftliche Arbeiten nur mäßig geeignet, denn ihr fehlt eine Schnittstelle zur Literaturverwaltung.

Das Programm meiner Wahl ist daher der Zettelkasten ZKN von Daniel Lüdecke, die digitale Version des guten alten Zettelkastens. Den empfehle ich auch sehr gern meinen Studierenden weiter. Von Vorteil ist, dass er kostenlos erhältlich und plattformunabhängig zu nutzen ist. Einen Nachteil hat das Programm leider auch, nämlich dass es nicht ganz so modern daherkommt: Die Nutzeroberfläche wirkt ziemlich sachlich und nicht gerade einladend, es gibt keine ergänzende App, und die Möglichkeit zur Zusammenarbeit mit anderen besteht auch nicht. (All diese Nachteile weist das herkömmliche Karteikartensystem, so nebenbei gesagt, übrigens auch auf.)

Der Zettelkasten kommt Luhmanns Arbeitsweise sehr nahe. Kurz gesagt: Mit dem Zettelkasten können Sie auf „Zetteln“ Informationen erfassen und sie mit Schlagworten sowie Verweisen und Literaturangaben versehen. Wenn Sie später mit den Zetteln weiterarbeiten wollen, lassen sich diese komfortabel suchen, nach Wunsch auf einem so genannten Schreibtisch anordnen und zu einem exportierbaren Rohtext zusammenstellen. Wer neugierig geworden ist, kann nähere Informationen auf Daniel Lüdeckes Blog und seinem YouTube-Kanal finden. (Update: Auch in meinem Buch erhalten Sie eine erste Einführung in die Nutzung des Zettelkastens. )

In einer Hinsicht ist bei der Arbeit mit dem Zettelkasten allerdings umdenken angesagt. Anstatt Ordner und Kategorien anzulegen und seine Zettel hinein zu sortieren, vergibt man für jeden Eintrag passende Schlagworte (tags). Diese Technik ist den meisten Studierenden wiederum gar nicht so fremd, weil sie sie von den sozialen Medien kennen (mehr dazu im Artikel #zitieren). Bei der Suche nach Inhalten helfen die Schlagworte und dabei ganz besonders eine bestimmte Funktion. Sie können Ihrem Zettelkasten nämlich beibringen, welche Schlagworte Sie als Synonyme verstanden haben wollen. So müssen Sie sich bei deren Vergabe nicht vorab festlegen oder gar erinnern, welche Schlagworte Sie bereits nutzen oder vor Jahren einmal verwendet haben.

Zettel zeigen

In der Vorlesung habe ich derzeit noch ein Problem. Ich will meine eigene Zettelkasten-Datenbank nicht zeigen. Das wäre mir dann doch zu persönlich, wenn alle sehen könnten, womit ich mich gerade beschäftige, wie ich formuliere und welche Schlagworte ich vergebe. Der nächste logische Schritt ist also das Anlegen einer aussagekräftigen Demo-Datenbank. Denn je weniger in so einem Zettelkasten erfasst ist, desto weniger spannend ist er leider auch. Je mehr Einträge vorhanden sind, desto besser entfaltet er seine Wirkung. Die Studierenden müssen derzeit also noch viel Vorstellungskraft mitbringen. Dennoch weiß ich von einigen, die in der Zeit zwischen zwei Vorlesungen zur Tat geschritten sind und den Zettelkasten einfach ausprobiert haben.

Wie halten Sie es mit den Zetteln? Was empfehlen Sie Ihren Studierenden?

Lesen lehren

Lesen sollten die Studierenden ja eigentlich können, wenn sie ihr Studium aufnehmen. Sie können es ja auch. Eigentlich.

Wenn ich in der Vorlesung ankündige, dass wir uns anderthalb Stunden, wenn nicht sogar noch mehr, mit Lesetechniken beschäftigen werden, ernte ich oft etwas Verwunderung. Aber hinterher sind die Studierenden recht dankbar, dass wir das Thema aufgegriffen haben. Denn sie können eben nur „eigentlich“ lesen. Mit ein bisschen Kratzen an der Oberfläche finde ich meist heraus, dass beim überwiegenden Teil große Unzufriedenheit herrscht: zum einen mit der eigenen Lesegeschwindigkeit (viel zu langsam) und zu anderen mit der inhaltlichen „Ausbeute“ der Lektüre (viel zu gering angesichts der aufgewandten Zeit).

Die Studierenden haben also das Gefühl, zu viel Zeit für zu wenig Ertrag zu investieren. Das Lesen empfinden sie in den wenigsten Fällen als genussvoll, sondern eher als belastend und als ein Übel, das man in Kauf nehmen muss.

Lesequal?

Warum empfinden viele Studierenden das Lesen als Qual? Vermutlich, weil sie nicht wissen, dass es verschiedene Lesesituationen gibt, die verschiedene Techniken erfordern. Zwar lesen sie die wissenschaftlichen Texte nicht so, wie sie einen Roman lesen würden. Aber sie nutzen oft immer noch Ansätze und Techniken, die sie aus der Schulzeit kennen. Die Anforderungen an die Lektüre sind an der Hochschule jedoch andere.

Die Texte im Studium sind anspruchsvoller als die in der Schule und nicht mehr nur lehrbuchartig, sondern eben, ja, wissenschaftlich. Die Inhalte der Texte sollen nicht mehr nur aufgenommen und möglichst korrekt wiedergegeben werden, sondern auch kritisiert und weiterentwickelt. Nur leider lesen viele Studierende weiterhin mit ihren alten, scheinbar bewährten Techniken. Sie haben es versäumt, diese an die veränderten Anforderungen anzupassen. Daher ist es gut und nötig, in einen Dialog über dieses Thema einzutreten.

Aspekte des wissenschaftlichen Lesens

Durch die Lehrveranstaltung sollten den Studierenden verschiedene Aspekte näher gebracht werden:

  • Die ideale Leseumgebung (zur Förderung der Konzentration)
  • Verschiedene Lesearten (wie z.B. überfliegendes und verstehendes Lesen)
  • Phasen beim Lesen
  • Verschiedene Lesemethoden (wie SQ3R und PQ4R)
  • Elbows „Believing game und Doubting Game“
  • Markierungen und Randnotizen
  • Exzerpieren
  • Nützliche Software wie Notiz-Tools und Literaturverwaltungssoftware

Summa summarum also: Aktives Lesen!

Weiterhin erwähnenswert könnten Themen wie das Führen eines Lesejournals und außerdem Lesen in Gruppen sein, wenn es in den jeweiligen Kontext der Lehrveranstaltung passt.

Wie aber können Sie bei der Vermittlung dieser Inhalte vorgehen?

1) Sackgassen

Lange habe ich nur über all diese Themen rund um das Lesen nur gesprochen. Denn ich hatte schlicht und ergreifend keine gute Idee, wie ich das Thema anders als in einem Lehrvortrag vermitteln könnte. (Und nebenbei bemerkt: Noch viel länger habe ich das Thema Lesen sogar weitgehend ausgespart, weil mir das Problem gar nicht bewusst war).

Einmal hatte ich eine Idee. Sie hat sich leider nicht als gute Idee erwiesen. Damals wollte ich einen Text in der Lehrveranstaltung gemeinsam (oder besser gesagt parallel) exzerpieren lassen. Das war nicht nur ziemlich zäh, nein, das hat auch wirklich niemandem etwas gebracht. Vielmehr wirkte es wohl sogar abschreckend auf die Studierenden.

2) Volle Fahrt voraus!

Wie geht es also besser? Durch einen Beitrag in der XING-Gruppe „Leichter, schneller, besser! Wissenschaft(lich) schreiben“ bin ich auf eine tolle Idee aufmerksam geworden.

Dr. Christian Wymann, Autor des Buches „Der Schreibzeitplan: Zeitmanagement für Studierende“ hat eine Diskussion über das Thema „Lesetechniken vermitteln“ angestoßen und eine seiner Methoden vorgestellt. Diese habe ich mittlerweile selbst mit Erfolg getestet und werde auf jeden Fall in Zukunft weiter damit arbeiten.

Einstieg:

Ergänzend zur Methode von Christian Wymann habe ich gute Erfahrungen damit gemacht, zu Beginn dieser Vorlesung die Problempunkte beim Lesen anzusprechen. Gemeinsam mit den Studierenden trage ich zusammen, was sie beim Lesen am meisten nervt und was ihnen am schwersten fällt. Es wird dadurch offensichtlich, dass es so nicht weitergehen sollte und einiges optimiert werden kann. Auf diese Liste lässt sich später immer wieder zurückgreifen.

Jetzt aber wirklich los:

– Schritt 1:

Zuerst sollen alle Studierenden für sich notieren, wie sie bei der Lektüre einer wissenschaftlichen Quelle vorgehen. Dabei entstehen individuelle Listen oder Flussdiagramme, die die einzelnen Schritte oder Phasen des tatsächlichen Vorgehens abbilden.

– Schritt 2:

Jetzt finden sich Kleingruppen zusammen, diskutieren die einzelnen Ergebnisse aus dem ersten Schritt und einigen sich auf den idealen Leseprozess. Ihr Ergebnis soll jede Gruppe auf einem Flipchart festhalten, und zwar vorzugsweise als Flussdiagramm. Ersatzweise geht natürlich auch eine einfache Auflistung, anschaulicher ist es mit dem Flussdiagramm.

– Schritt 3:

Anhand der verschiedenen Flipcharts lässt sich nun leicht diskutieren, welche Lesephasen es gibt (Vorbereitung der Lektüre, Lektüre, Nachbereitung der Lektüre) und welche Techniken sich jeweils dabei einsetzen lassen.

Überholspur

Durch das Bearbeiten dieses einen Aspekts des wissenschaftlichen Lesen aus der obigen Liste lassen sich die restlichen Aspekte sehr gut spontan und flexibel in den Dialog integrieren. Der frühere Lehrvortrag wird also gestückelt und direkt bedarfsorientiert eingebaut.

Im Anschluss, eventuell in einer weiteren Lehrveranstaltung, sollte auch die Weiterverarbeitung des gelesenen Wissens thematisiert werden:

  •  Wie arbeitet man sinnvoll mit Markierungen und Randnotizen?
  •  Wie exzerpiert man einen Text, mit oder ohne technische Hilfsmittel?
  •  Welche Software unterstützt die Weiterverarbeitung des Gelesenen?

 

Literaturempfehlungen:

Kruse, Otto (2015): Lesen und Schreiben. Der richtige Umgang mit Texten im Studium, 2. Aufl., Konstanz: UVK

Lange, Ulrike (2013): Fachtexte lesen – verstehen -wiedergeben. Paderborn: Verlag Ferdinand Schöningh.

Marti, Madeleine und Marianne Ulmi (2006): Lesend denken – Strategien im Umgang mit Fachtexten. In: Prozessorientierte Schreibdidaktik. Schreibtraining für Schule, Studium und Beruf. Hg: Kruse, Otto, Katja Berger und Marianne Ulmi .Bern, Stuttgart und Wien: Haupt. S. 175-194.

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