Unabhängig davon, welche Tools Sie selbst nutzen, wie gehen Sie mit diesem Thema eigentlich in der Lehre um? Das würde mich wirklich einmal interessieren.
Mit Tools meine ich Software für den Rechner, Apps für das Handy und die vielen Websites mit ihren Diensten. An oberster Stelle steht da beim wissenschaftlichen Arbeiten natürlich die Literaturverwaltung. Hinzu kommen Tipps und Tricks für die Textverarbeitung. Außerdem die digitale Form des guten, alten Zettelkastens. Und gerade in vermeintlichen Randbereichen wie Selbstorganisation und Zeitmanagement existieren sehr viele digitale Hilfen.
Bei der Recherche für mein Buch habe ich mich in den vergangenen Monaten intensiv mit Software im Prozess des wissenschaftlichen Arbeitens auseinandergesetzt. (An dieser Stelle ein kleiner Gruß an die jeweiligen Namensgeber der Programme und Apps. Ihr habt mich an den Rand des Wahnsinns gebracht mit Euren austauschbaren Namen und Binnenmajuskeln! Ein Beispiel: Kanbanchi, Kanbanik, Kanboard, KanbanTool und KanbanFlow, wer soll das bitte auseinanderhalten? Für Mindmapping-Programme gilt es analog.)
Hatte ich das Buch hier auf dem Blog schon einmal richtig erwähnt? Im ersten Quartal 2017 erscheint es – es wird der erste Ratgeber zum wissenschaftlichen Arbeiten, der den Software-Aspekt ausführlich beleuchtet.
Geeks and nerds vs. DAUs
Bei den technikaffinen Studierenden rennt man mit solchen Themen natürlich offene Türen ein. Die Tools versprechen eine Arbeitserleichterung und lösen Begeisterung aus. Allerdings ist der Anteil dieser Studierenden nach meiner Erfahrung überraschenderweise gar nicht so hoch. Wo sind die all die Digital Natives?
Bei den DAUs hingegen, die noch den Knopf zum Anschalten des Laptops suchen, wird es problematisch. Die Vorbehalte sind einfach sehr groß: Man muss sich erst einmal lange und umständlich einarbeiten; die Technik erstickt jede Kreativität im Keim; und schließlich besteht die Gefahr, dass mit einem Klick alles weg ist. Diese Vorbehalte wollen erst einmal entkräftet sein, bevor die inhaltliche Auseinandersetzung beginnen kann.
Didaktischer Ansatz?
Beim Thema Tools habe ich noch keinen Weg für die Lehre gefunden, der mich richtig zufriedenstellt. Noch habe ich kein Mittel, wie ich mit den sehr unterschiedlichen Voraussetzungen bei den Studierenden umgehen kann. Da sind zum einen die erwähnten persönlichen Vorlieben und Vorkenntnisse. Zum anderen gibt es da ja auch noch ein technisches Problem, die unterschiedlichen Betriebssysteme und die Frage der Kompatibilität. Auch möchte ich nicht, dass die Lehrveranstaltung zu einer Softwareschulung wird oder wie die Demo eines Software-Verkäufers anmutet.
Momentan gestalte ich es so, dass ich zuerst ganz allgemein über Auswahlkriterien bei der Softwaresuche spreche. Damit sollen die Studierenden in die Lage versetzt werden, im Fall der Fälle kluge Entscheidungen zu treffen. Ausgewählte Tools demonstriere ich kurz, andere erwähne ich an den passenden Stellen nur.
Aber bald wird es ja leichter. Dann stelle ich mich in der Vorlesung vorne hin und sage einfach „Kauft! Mein! Buch!“ – Nein, natürlich mache ich das nicht. Was habe ich das gehasst bei so manchem Professor während meines Studiums!
Zu guter Letzt möchte ich noch ein bisschen Prophylaxe betreiben. Falls der Eindruck entstanden sein sollte, ich würde Software für das Allerwichtigste beim wissenschaftlichen Arbeiten halten: Die wichtigste Software ist und bleibt immer noch das Gehirn.
(Die abgebildete Website kann ich übrigens nur empfehlen. Auf alternativeto.net können Sie bei Bedarf nach Ersatz für Ihre bisherigen Softwarelösungen suchen.)
Und jetzt stelle ich noch einmal meine Frage vom Anfang des Artikels, in der Hoffnung auf Antworten:
Wie gehen Sie mit dem Thema „Tools beim wissenschaftlichen Arbeiten“ in der Lehre um? Und: Wollen Sie dem Thema überhaupt Zeit schenken?
Liebe Frau Klein, da ich mich eher zu den DAUs als zu den geeks zähle, ermutige ich die meist technikaffineren Studierenden, sich untereinander auszutauschen, mit welchen Tools sie sich das Schreibleben leichter machen können. Ich weise aber immer darauf hin, dass die Auseinandersetzung mit solchen Tools sich nur auszahlt, wenn die Abgabe-Deadline nicht schon sehr knapp ist, weil das Einarbeiten in diese langfristig zeitsparenden Tools zuerst einmal Zeit kostet 🙂
Ich bin schon gespannt auf Ihr Buch!
Liebe Grüße aus Wien
Johanna Vedral
Da haben Sie wohl recht, liebe Frau Vedral. Mittlerweile denke ich, die Tools gehören vom ersten Semester an unterrichtet – eben damit es sich lohnt!
Liebe Frau Klein, ich bin ein großer Fan von Softwaretools – innerhalb und außerhalb der Lehre. Ich muss allerdings auch feststellen, dass es (zumindest in meinem Fach) einige Studierende gibt, die regelrecht eine Technikangst haben und den Umgang mit Tools (oder auch der elektronischen Lernplattform) als fast unüberwindliches Hindernis und als Mehrarbeit betrachten.
Als Teil eines Moduls zu Forschungsmethoden habe ich bereits mehrfach einen Workshop zum „Research Technologies & Software“ (MA) durchgeführt. Dort ging es um Forschungstools im engeren Sinne, also Audio-/Videoaufnahme, Transkription, QDA u.ä. Die Studierenden müssen selbst Produkte für jeweils einen Zweck ausprobieren, bewerten und vorstellen und für die anderen Teilnehmer*innen Übungen entwickeln. Es klappt so wunderbar, die Hemmschwelle für die Nutzung zu überwinden; sie stellen fest, dass die Nutzung doch nicht so schwierig ist und sind anschließend eher bereit, solche Tools für ihre Projekte zu nutzen.
Im kommenden Semester werden die Studierenden (MA-Level) als Studienleistungen Blogposts schreiben. Ich bin schon sehr gespannt, welche (technischen) Herausforderungen da auf sie und auch auf mich zukommen. Dabei werde ich anregen, EduPad o.ä. als Tool zum kollaborativen Schreiben zu nutzen.
Viele Grüße
Stefanie Pohle
P.S. Kennen Sie folgende Publikation?
Bauer, Reinhard (2009): Die digitale Bibliothek von Babel. Über den Umgang mit Wissensressourcen im Web 2.0 [ebook] (Masterthese – eEducation. Donau-Universität Krems), 125 pp. Available online at http://webthesis.donau-uni.ac.at/thesen/50672.pdf (last accessed 9 December 2015).
Liebe Frau Pohle,
danke, dass Sie Ihre Erfahrungen geteilt haben. Die Publikation sehe ich mir demnächst auch gern an.
Tools in der Lehre: Das Ausprobieren lassen macht den Nutzen der Tools erlebbar, da gebe ich Ihnen recht. Das ist natürlich der Königsweg. In meinen Lehrveranstaltungen fehlt mir ein wenig die Zeit dafür (noch!). Daher hatte ich diesen Weg gar nicht in Betracht gezogen.
Viele Grüße
Andrea Klein
Liebe Frau Klein,
während meines Bachelorstudiums wurde meinen Mitstudenten und mir zum wissenschaftlichen Schreiben früh Tools nahegelegt. Dazu zählten Microsoft oder LibreOffice in Zusammenarbeit mit Citavi. Diese Kombinationen funktionieren zwar gut, sind aber wirklich nicht Nutzerfreundlich. Vor allem während meiner Bachelor wünschte ich mir ein Tool, mit dem Ich an einem Ort sowohl Schreiben, Zitieren und Formattieren könnte, ohne ständig Versionen zwischen mir und meinem Supervisor hin und her zu Senden.
Nun, nach dem Studium, bin ich selbst im Bereich wissenschaftliches Schreiben besonders aktiv, da ich nun im Digitalen Marketing für eben ein solches Tool arbeite, namentlich SciFlow. 🙂
SciFlow ist für Wissenschaftler aller Titel und Erfahrungsstufen geeignet und erfüllt alle drei von mir genannten Wünsche. Ein kostenloser, einfach zu verwendender, kollaborativer Text Editor für Wissenschaftler. Schreiben, Referenzen hochladen und damit Zitieren, und Formattieren mit einem Klick. Falls Sie oder jemand anders sich dafür interessieren, auf https://www.sciflow.net kann sich jeder einen kostenlosen Account erstellen und es ausprobieren.
Viele Grüße
Lukas Höfig
Lieber Herr Höfig,
danke für den Hinweis. Das werde ich bei Gelegenheit einmal ausprobieren.
Schöne Grüße
Andrea Klein