Wymann: Got 99 problems, writing ain’t one

Wymann, Christian (2016): Schreibmythen entzaubern. Ungehindert schreiben in der Wissenschaft. Opladen und Toronto: Verlag Barbara Budrich (UTB).

Preis: 12,99 Euro

 

Überblick über den Inhalt:

Wenn Mythen uns im Weg stehen

I Mythen zu den Schreibenden

1 Ich kann einfach nicht schreiben

2 Ich muss inspiriert sein

3 Übers Schreiben spricht man nicht

II Mythen zum Schreibprozess

1 Ich muss zuerst alles lesen und wissen

2 Ich sollte wie die anderen arbeiten

3 Ich brauche viel Zeit am Stück

III Mythen zum Text

1 Mein Erstentwurf muss perfekt sein

2 Ich darf niemals das Wort „Ich“ verwenden

3 Ich muss kompliziert und umständlich schreiben

Schluss: Mythen durchschauen

Dr. Christian Wymann arbeitet als Schreibberater an der Universitätsbibliothek Bern und außerdem als Schreibcoach für Studierende und Forschende (http://www.myw.schreibcoach.ch/ueber-mich/).

 

Wymann: Got 99 problems, writing ain‘t one

Der Buchtitel klingt verheißungsvoll: „Schreibmythen entzaubern“. Und als ob das nicht genug wäre, wird im Untertitel zusätzlich noch eine sehr, sehr verlockende Vorstellung beschrieben: „Ungehindert schreiben“. Wer wünscht sich das nicht?

Eine große Versprechung wird hier also gemacht: Wenn Du das hier liest, lieber Leser, hast Du vielleicht immer noch 99 Probleme in Deinem Leben, aber das Schreiben wird keins davon sein. (Um es einmal mit Jay-Z zu sagen.)

Ein anderer Zugang

Kann das gelingen? Kann ein einzelnes Buch diesen Anspruch erfüllen? Wer als Problemlösung einen klassischen Ratgeber mit allerlei Tipps erwartet, liegt falsch. Wymann geht anders vor. Er beschreibt insgesamt neun so genannte „Schreibmythen“. Darunter ist eine falsche Vorstellung zu verstehen, die man sich vom Schreiben macht. Diese Mythen ergänzt der Verfasser durch Schilderungen prominenter Autoren und Autorinnen und schließt daran Hilfestellungen für Schreibende an („Was Sie tun können“). Wymann stellt in dem Buch Bekanntes zusammen und erhebt auch gar nicht den Anspruch, etwas komplett Neues zu bieten, wie er selbst auf S. 10 f. schreibt. Dennoch ist das Buch sehr hilfreich, eben weil es einen anderen Zugang als herkömmliche Ratgeber bietet.

Durch die Gliederung in 3×3 Mythen erschließt sich die Struktur des Inhalts schnell: Im ersten Teil geht es um den Schreiber selbst, im zweiten Teil um den Prozess des Schreibens und im dritten um das Produkt, den Text. Mit einem Umfang von 118 Seiten lädt das Buch auch diejenigen zum Lesen ein, die vielleicht eher schnelle Hilfe suchen. Zudem ist es durch die verständliche Sprache und die klaren Formulierungen gut lesbar. An den passenden Stellen veranschaulichen Beispiele aus Wymanns Coaching-Praxis und seine eigene Erfahrungen mit dem Schreiben das Gesagte.

Durch die Schreibhölle gehen?

Im Schlusskapitel schreibt Wymann “Schreibbeschwerden empfand ich nur unbewusst als Problem, aber nicht als etwas, was ich gezielt und mit externer Hilfe hätte angehen können. Das war einfach so; da musste ich durch, meinte ich. Womöglich dachte ich insgeheim, dass es eine Art Prüfung sei, wenn man durch die Schreibhölle geht und sie durchsteht. Dass Schreiben keineswegs gleich einer Hölle sein muss, sondern ein anstrengender, herausfordernder, aber auch befriedigender Hindernisparkour sein kann, kam mir nicht in den Sinn.“ (S. 111 f.)

So geht es wahrscheinlich vielen, und damit komme ich zur Ausgangsfrage zurück. Kann ein einzelnes Buch dazu führen, dass man fortan ungehindert schreiben wird? Ja, denn um am eigenen Schreiben zu arbeiten, braucht es genau diese Erkenntnis aus dem Zitat. Durch die Lektüre des Buches reift sie früher heran. Das ist der erste und wahrscheinlich wichtigste Schritt zur Entzauberung der Mythen und damit zum ungehinderten Schreiben.

Welchen Studierenden kann man das Buch empfehlen?

Das Buch kann allen Studierenden dabei helfen herauszufinden, ob sie falschen Vorstellungen über das Schreiben erlegen sind. Wer bereits weiß, dass er eines der neun Probleme hat, findet sich in den Beschreibungen der Schreibenden wieder und profitiert von den Denkanstößen.

Den größten Nutzen entfaltet das Buch vermutlich bei Anfängern oder, besser gesagt, bei Schreibenden, die sich noch nicht intensiv mit dem Schreiben auseinandergesetzt haben. Manche Mythen halten sich ja durchaus hartnäckig ein halbes Schreiberleben lang.

Was bringt es für den Einsatz in der Lehre?

Schreibberater finden vor allem in den Beispielen gute Ansatzpunkte, um ihre eigene Beratungspraxis bei Bedarf etwas anzureichern. Fachlehrende, die sich bisher nicht in der Literatur zur Schreibforschung und -didaktik informiert haben, erhalten eine gute Vorstellung davon, was in den Köpfe ihrer Studierenden beim Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten passieren mag. Auch ein eigener Nutzen durch die Lektüre ist nicht auszuschließen. Vielleicht sind Sie ja auch einem Schreibmythos erlegen?


Herzlichen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar!

Töpfer: Für die Forscher von morgen

Töpfer, Armin (2012): Erfolgreich Forschen. Ein Leitfaden für Bachelor-, Masterstudierende und Doktoranden. 3. Aufl., Wiesbaden: Springer Gabler.

Preis: 29,95 Euro

Überblick über den Inhalt:

Kapitel A: Was bietet mir dieser Forschungs-Leitfaden?

Kapitel B: Wie entwickle ich die Gesamtstruktur für meine wissenschaftliche Arbeit?

Kapitel C: Wie ist der Prozess des Gewinnens und Umsetzens wissenschaftlicher Erkenntnisse insgesamt strukturiert?

Kapitel D: Auf welcher wissenschaftstheoretischen Grundlage basiert der in diesem Forschungs-Leitfaden vorgestellte wissenschaftliche Erkenntnisprozess, und welche Alternativen gibt es hierzu?

Kapitel E: Was untersuche ich theoretisch, wofür will ich Erklärungen geben und Gestaltungen ermöglichen?

Kapitel F: Wie sind Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge/Hypothesen als Kernstücke erkenntniswissenschaftlicher Forschungen herauszuarbeiten?

Kapitel G: Wie erhebe ich empirische Daten, wie prüfe ich meine theoretischen Erkenntnisse mit quantitativen Untersuchungen?

Kapitel H: Wie kann ich Gestaltungsempfehlungen zur Lösung praktischer Probleme geben?

Kapitel I: Was sind Stolpersteine und Fußangeln beim Forschen und Anfertigen einer wissenschaftlichen Arbeit?

Kapitel J: Durchgängige Beispiele für die Konzeptualisierung und Operationalisierung in Forschungsarbeiten

Kapitel K: Wie kann ich mein wissenschaftliches Arbeiten erfolgreich organisieren?

Kapitel L: Wie präsentiere ich den Stand und die Fortschritte meiner wissenschaftlichen Forschungsarbeit erfolgreich?

 Cover Töpfer

Töpfer: Für die Forscher von morgen

Bei diesem Buch handelt es sich um einen echten Wälzer. Mit über 430 Seiten ist es deutlich ausführlicher als der Durchschnitt der anderen erhältlichen Ratgeber. Allein das Inhaltsverzeichnis umfasst acht Seiten!

Der Umfang allein sagt aber natürlich nichts über die besondere Qualität aus. Entscheidend ist für mich: Der Leitfaden kombiniert die Inhalte eines Ratgebers zum Wissenschaftlichen Arbeiten mit Grundwissen eines Statistiklehrbuchs. Gerade das macht ihn interessant. Damit hebt er sich von der Masse ab und wird seinem Titel „Erfolgreich Forschen“ gerecht.

Der Aufbau des Buches orientiert sich am wissenschaftlichen Prozess und wird mit dem „Haus der Wissenschaft“ visualisiert.  Am Ende jedes Kapitels finden Interessierte weiterführende Literaturhinweise.

Haus der Wissenschaft

Töpfer schreibt: „Das Ziel dieses Buches ist keine breite methodische Diskussion der Wissenschaftstheorie und der empirischen Forschung. Vielmehr soll gesichertes Basiswissen des Wissenschaftlichen Arbeitens und Forschens strukturiert und verständlich vermittelt werden. Dieser Forschungs-Leitfaden kann so unmittelbar als Basis für die Anfertigung einer eigenen wissenschaftlichen Arbeit verwendet werden.“ (Quelle: http://www.forschungs-leitfaden.de/presentation.php)

Echte Beispiele aus der Forschung

Töpfer leitet die Forschungsgruppe für Marktorientierte Unternehmensführung an der TU Dresden, wo er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2010 Professor war. Aus seiner Tätigkeit bezieht er die Beispiele, wobei Bezüge zu anderen Disziplinen vorhanden sind und Töpfer seinen Ratgeber als disziplinenübergreifende Anleitung verstanden haben möchte (S. 16):

  • „Kundenbindungsmanagement und Sanierungserfolg – Explorative Analyse der Wirkungszusammenhänge“
  • „Beschwerdezufriedenheit und Kundenloyalität im Dienstleistungsbereich – Kausalanalysen unter Berücksichtigung moderierender Effekte“
  • „Anforderungen an die Unternehmenskultur bei der erfolgreichen Einführung von Lean Six Sigma“
  • „Erzeugen von innovativen und robusten Produkten im Produktentstehungsprozess (PEP)“
  • „Kundenorientierte Gestaltung von Internetportalen zur Steigerung des Kundenwertes in der Zielgruppe 50+“
  • „Risikomanagement und Lernen im Krankenhaus“

Die empirische Forschung kommt demnach nicht zu kurz. Ausführlich wird behandelt, welche Arten von Hypothesen es gib und worauf bei deren Formulierung zu achten ist. Die zur Auswahl stehenden Methoden werden übersichtlich den Arten möglicher Forschungsprobleme zugeordnet. So kann sich jeder relativ schnell orientieren.

Was fehlt diesem Buch?

Kurz gesagt, eigentlich nichts. Eigentlich.

Der Autor hält sich an seine Ankündigung, nur so viel Wissenschaftstheorie wie nötig zu behandeln. Die Inhalte reichen aus, um sein eigenes Vorgehen einzuordnen und gegebenenfalls hinterfragen zu können. Das muss an dieser Stelle genügen und stellt sicher keine Schwäche dar.

Kapitel K, das „Praktische Tipps zur Organisation des eigenen Wissenschaftlichen Arbeitens“ behandelt, wurde ziemlich kurz gehalten (30 der 437 Seiten). Damit geraten die praktischen Tipps im Vergleich zu anderen auf dem Markt erhältlichen Titeln eher oberflächlich. Dies darf man jedoch bei Master-Studierenden und Doktoranden sowieso als bekannt voraussetzen. Interessierten Anfängern sollten Lehrende sowieso andere Bücher empfehlen (siehe unten).

Aus meiner Sicht das einzige wirkliche Manko: Den qualitativen Ansätze der Forschung widmet Töpfer nur etwas über drei Seiten, also fast gar nichts angesichts des Gesamtumfangs. Wer hierzu eine zielführende Anleitung sucht, wird sie nicht im erhofften Ausmaß finden.

Welchen Studierenden kann man das Buch empfehlen?

In einer idealen Welt wären selbstverständlich alle (BWL-)Studierenden an der Lektüre dieses Buches interessiert. Sie wären auch gut damit bedient, weil es so umfassend und sehr gut nachvollziehbar geschrieben ist.

Allerdings würde ich das Buch definitiv nicht Erstsemestern empfehlen, es mag sogar für den durchschnittlichen Bachelor-Studierenden überfordernd und abschreckend sein. Master-Aspiranten und Doktoranden finden hier jedoch mit Sicherheit einen bereichernden Leitfaden.

Durch die BWL-lastigen Beispiele fällt der Gewinn für Studierende anderer Fachrichtungen tendenziell nicht so hoch aus. Einen guten Einstieg finden aber auch sie mithilfe von Töpfers Ratgeber.

Insgesamt eignet sich das Buch nicht für den flüchtigen Leser. Es erfordert eine ernsthafte Beschäftigung mit der Materie, um wirklich davon zu profitieren.

Was bringt es für den Einsatz in der Lehre?

Durch die BWL-nahen Beispiele ist die Richtung eindeutig vorgegeben, der Nutzen für Lehrende anderer Disziplinen hält sich in Grenzen. Gleichwohl wäre es wünschenswert, wenn in anderen Disziplinen ebenso ansprechende Ratgeber zu finden wären. (Damit habe ich mich noch nicht beschäftigt – Sie dürfen es mich gern in den Kommentaren wissen lassen.)

Zudem profitiert die eigene Lehre aus Gründen der Nachvollziehbarkeit vermutlich dann am meisten, wenn man ein Beispiel komplett von A bis Z behandelt und nicht nur Teile davon herausnimmt. Denn der Aha-Effekt tritt wohl vor allem ein, wenn man sich auf die detaillierte Behandlung einlässt. „Ganz oder gar nicht“ empfiehlt sich hier also als Devise.

Ein Vorschlag noch, der wahrscheinlich über die Intention des Autors herausgeht: Die Übersicht über die „25 Fallstricke“ in Kapitel I lässt sich gut als Checkliste bei der Korrektur studentischer Arbeiten nutzen.

Zum Erfahrungsaustausch wurde eine Internet-Plattform geschaffen. Leider wird dieses von der Zielgruppe nicht angenommen: 0 Mitglieder und folglich 0 Beiträge (Stand 01.11.2015). Dozierende können über die Website jedoch auch Unterrichtsmaterialien anfordern und die vielen hilfreichen Abbildungen in ihren Lehrveranstaltungen einsetzen.


Herzlichen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar!

„Der Theisen“: Das Standardwerk

Theisen, Manuel R. (2013): Wissenschaftliches Arbeiten. Erfolgreich bei Bachelor- und Masterarbeit. 13. Aufl., München: Vahlen.

Preis: 14,90 Euro

Überblick über den Inhalt:

  • Gebrauchsanweisung
  • Planung
  • Vorarbeiten
  • Themenabgrenzung und Materialrecherche
  • Materialauswahl
  • Materialauswertung
  • Manuskript
  • Ergebnisgestaltung
  • Druck und Veröffentlichung
  • Präsentation und Beurteilung
  • Fälschung, Verfälschung, Plagiat und Betrug
  • Ratschläge für eine schlechten wissenschaftlichen Arbeiter

 „Der Theisen“: Das Standardwerk

Mittlerweile in der 16. Auflage erschienen – wow! Dieses Buch wird seit Jahren, ja eigentlich sogar seit Jahrzehnten, gern empfohlen, wenn jemand Literatur zum Wissenschaftlichen Arbeiten benötigt (erstmals ist es 1984 erschienen). Es deckt so gut wie jede Frage ab, die beim Erstellen einer schriftlichen Arbeit aufkommen kann. Seine Leserschaft in all den Jahren wird im Vorwort auf etwa 500.000 Personen geschätzt. Verkauft wurden wohl bis 2013 circa 150.000 Exemplare, aber die Bibliotheksnutzer müssen natürlich auch mitgezählt werden.

Die neue Auflage sieht etwas freundlicher aus als ihre Vorgängerversionen. Früher lud „der Theisen“ mit seiner eher angestaubten Art nicht gerade zum Lesen. Jetzt arbeitet er mit Icons am Seitenrand und Checklisten an den Kapitelenden. Die Abbildungen und Tabellen wurden farblich gestaltet, textlich, oder besser stilistisch, hat sich nicht allzu viel verändert.

Die kommentierte Auswahlbibliographie, die in früheren Auflagen enthalten war, gibt es in der 16. Auflage nicht mehr. Das ist für Dozierende schade, da sie einen ersten Anhaltspunkt zur Beurteilung der anderen auf dem Markt verfügbaren Ratgeber zum Wissenschaftlichen Arbeiten geboten hat.

Musterknabe

Die zentrale Idee hinter dem Buch ist folgende: Jede Seite dieses Buches ist beispielhaft und kann als Muster verwendet werden. Es scheint zunächst etwas zu dick aufgetragen, wenn Theisen schreibt „Alles in diesem Buch und an diesem Text ist mustergültig. Merke: Wer hier ‚abschreibt‘, dem ist der Erfolg sicher!“ (S. 24). Letztlich hat er aber wahrscheinlich sogar recht damit. Die Inhalte kommen solide und fundiert daher. Seine Expertise hat Theisen in seiner Promotions- und Habilitationszeit sowie vermutlich vor allem während der jahrelangen Beschäftigung mit dem Thema aufgebaut.

Negatives gibt es nicht viel zu sagen. Entsprechend seinem Ansatz, als Muster dienen zu wollen, verwendet Theisen oft absolute Formulierungen („ist … zu“, also „es ist zu beachten“ oder „es ist diese oder jene Vorschrift einzuhalten“). Vielleicht kommen solche Formulierungen auch gar nicht so häufig vor, für mich las es sich allerdings so. Ein „Sollte“ schien mir meist als „Muss“ gedacht zu sein. Ich kann leider noch nicht genau den Finger darauf legen und sagen, wieso mich das so irritiert.

Welchen Studierenden kann man das Buch empfehlen?

Das lässt sich leicht auf den Punkt bringen: Allen, wirklich allen, Studierenden ist mit „dem Theisen“ geholfen. Das Buch bietet Orientierung von Anfang bis Ende im wissenschaftlichen Prozess. Im Optimalfall soll es möglichst im Ganzen vor der Erstellung der eigenen Arbeit gelesen werden. Wenn die Zeit drängt, kann es auch punktuell, also kapitelweise je nach Arbeitsfortschritt, genutzt werden. Apropos „nutzen“: Im ersten Kapitel, der Gebrauchsanweisung, schreibt Theisen, dass er seinen Ausführungen nicht nur Leser, sondern vor allem Anwender und Benutzer wünscht. Dem kann ich nur zustimmen!

Durch das umfangreiche Register dient das Buch bei späteren Fragen auch sehr gut als Nachschlagewerk. Man kann es also getrost einem Erstsemester empfehlen und sicher sein, dass es drei Jahre später beim Anfertigen der Bachelorarbeit immer noch nützlich sein wird. Selbst wenn bis dahin eine weitere Neuauflage erscheinen sollte, ändert sich an diesem Umstand nichts, da es sich bei den Inhalten um die absoluten Basics handelt. Das bedeutet nun nicht, dass nur ein grober Überblick gegeben wird und die Feinheiten des wissenschaftlichen Arbeitens vernachlässigt werden, im Gegenteil. In dem Buch finden die Leser vielmehr die unabänderlichen Wahrheiten, wenn es so etwas gibt, oder zumindest die Beschreibung von sehr beständigen Konventionen.

Was bringt es für den Einsatz in der Lehre?

„Der Theisen“ war damals, als ich anfing, die Grundlage für mein Skript und hat mir dabei sehr gute Dienste geleistet. Dieses Skript nutze ich heute noch, auch wenn ich natürlich immer wieder Aktualisierungen und Ergänzungen darin vorgenommen habe. Ich habe durch Theisens Buch eine solide Basis für meine Unterlagen und den Unterricht gewonnen. Zusätzlich hatte ich lange Zeit das beruhigende Gefühl, damit alles richtig gemacht zu haben. Wer sich auf ein anerkanntes Standardwerk beruft, kann schließlich nicht falschliegen.

Jetzt kommt das große Aber: Theisen vernachlässigt ein wichtiges Gebiet, nämlich wie man vom Thema zur Fragestellung kommt. Folglich findet sich im Schlagwortregister auch kein Eintrag für „Forschungsfrage“ oder „Fragestellung“. Dem Aspekt „Themenabgrenzung“ ist auch nur etwas mehr als eine Seite des Buches gewidmet, das allerdings auf recht oberflächliche Art und Weise. Hier gibt andere (fachspezifische) Ratgeber, die ihren Fokus stärker auf dieses Problem legen. Wahrscheinlich wäre es aber für eine übergreifende Anleitung, wie das vorliegende Buch sie bieten will, ein schwieriges Unterfangen, hierzu gut nachvollziehbare, eingängige Beispiele zu liefern.

Zum Buch gibt es übrigens eine kostenlose App für Android und iOS. Mit „Plagiatfrei erfolgreich“ kann jeder in Form eines Quiz seinen Wissensstand überprüfen.

 

 

Eco: Der veraltete Klassiker

Eco, Umberto (2010): Wie man eine wissenschaftliche Abschlußarbeit schreibt. Doktor-, Diplom- und Magisterarbeit in den Geistes- und Sozialwissenschaften. 13. Aufl., Stuttgart: UTB.

Preis: 15,90 Euro

Überblick über den Inhalt:

  • Was ist eine wissenschaftliche Arbeit und wozu dient sie?
  • Die Wahl des Themas
  • Die Materialsuche
  • Der Arbeitsplan und die Anlage der Kartei
  • Das Schreiben
  • Die Schlußredaktion

Cover Eco

Eco: Der veraltete Klassiker

Als erstes nehme ich mir gleich mal „den Eco“ vor, einen Klassiker der Ratgeberliteratur zum wissenschaftlichen Arbeiten. Und obwohl dem Buch immer wieder bescheinigt wird, dass es in weiten Teilen veraltet ist, wird es seit über zwanzig Jahren unverändert neu aufgelegt. Warum funktioniert das?

Bei Ecos „Wie man eine wissenschaftliche Abschlußarbeit schreibt“ handelt es sich um eine auf das italienische System abgestimmte Anleitung zum Verfassen einer Tesi di Laurea. Das Buch richtet sich in erster Linie an Geisteswissenschaftler und will diesen bewährte Herangehensweisen vermitteln. Eco schreibt gut verständlich und baut schnell Nähe zu seinen Lesern auf, indem er sie mit „ihr“ anspricht. Er kennt die Nöte der Studierenden, versucht sich in deren Lage hineinzuversetzen und ihnen genau an den Punkten zu helfen, wo nach seiner Erfahrung die größten Stolpersteine liegen.

Schreibmaschine und Karteikarten

So weit, so gut. Das Problem taucht dort auf, wo es um die konkrete Technik des wissenschaftlichen Arbeitens geht. Da ist die Rede von Schreibmaschinen und Karteikartensystemen, als ob das immer noch gängige Methoden wären. Natürlich darf jeder auch heute noch seine Rechercheergebnisse auf Kärtchen sammeln, die Regel wird das allerdings nicht sein. Die entsprechenden Kapitel sollte man daher nur mit einem gewissen „historischen“ Interesse lesen und sich danach darüber freuen, dass es einem heutzutage besser geht.

Es wäre allerdings jammerschade, würde man das Buch in die Neuzeit übersetzen. Es würde seinen Charme verlieren. „Ein Blick in die Werkstatt“ des berühmten Umberto Eco soll es sein (so der Übersetzer in seinem Vorwort), und das wäre es nicht mehr, wenn wir plötzlich von Literaturverarbeitungssoftware und OPACs lesen müssten.

Welchen Studierenden kann man das Buch empfehlen?

Dennoch profitieren einige Studierende wahrscheinlich von Ecos Buch, vor allem solche kurz vor dem Studienende. Die Themenwahl für die Abschlussarbeit nimmt in diesem Buch viel Raum ein, und gerade an diesem Problem knabbern vermutlich sehr viele Studierende eine sehr lange Zeit. Sie überlegen wochen- und monatelang hin und her, bevor sie sich mit einem Vorschlag, von dem sie selbst nicht recht überzeugt sind, in die Sprechstunde ihres Betreuers wagen. Ecos Buch kann ihnen dabei helfen, ein Thema zu finden, es einzugrenzen und anschließend zu beurteilen, ob es tatsächlich bearbeitbar ist.

Wer Ecos Ratgeber liest, muss fähig sein, diejenigen Inhalte herauszupicken, die auch außerhalb Italiens und auch in Zeiten der EDV und Internets zutreffend sind. Manche Studienanfänger sind damit eventuell überfordert, gleichzeitig haben sie noch nicht viel von den allgemeingültigeren Empfehlungen zur Themenwahl.

Was bringt es für den Einsatz in der Lehre?

Direkt in der Lehre verwendbar sind leider die wenigsten Inhalte. Im Gegensatz zu neueren Ratgebern sind keine Übungen enthalten. Der Beispiele zu Zitierweise und Formulierungen können sich nur Lehrende bedienen, in deren Fachgebiet sie fallen.

Erwähnenswert ist jedoch Ecos Schlussgedanke, den er seinen Lesern mit auf den Weg gibt: Eine wissenschaftliche Arbeit schreiben bedeutet Spaß haben. Dieser Aspekt wird meiner Meinung nach im heutigen Hochschulbetrieb oft vernachlässigt. Aber wenn das Schreiben Spaß bereitet, werden die Studierenden Lust bekommen, weiterzumachen und sich noch mehr in ihr Thema zu vertiefen. Sie werden sich um ihr Thema und eventuell noch viele weitere Themen bemühen – und das ist ja der eigentliche (Wort-)Sinn des Studierens.

 

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