Danner-Schröder/Müller-Seitz: Qualitativ hochwertig

Danner-Schröder, Anja und Gordon Müller-Seitz (2017): Qualitative Methoden in der Organisations- und Managementforschung. Ein anwendungsorientierter Leitfaden für Datensammlung und -analyse. München: Vahlen.

Preis: 14,90 Euro

 

Überblick über den Inhalt:

1. Möglichkeiten und Herausforderungen qualitativer Methoden der Organisations- und Managementforschung

1.1 Problemstellung – Herausforderungen qualitativer Methoden der Organisations- und Managementforschung und Konsequenzen für diesen Leitfaden

1.2 Wie der Leitfaden zu nutzen ist

2. Fallauswahl sowie Ein- und Abgrenzung

2.1 Überblick

2.2 Forschungslücken identifizieren und Forschungsfragen ableiten

2.3 Fallauswahlstrategien

2.4 Empirische Rahmenbedingungen

3. Datensammlung

3.1 Überblick

3.2 Vorbereitende Maßnahmen und Überlegungen

3.2.1 Ethische und politische Erwägungen

3.2.2 Feldzugang herstellen

3.2.3 Gütekriterien

3.3 Interviews führen

3.3.1 Formen von Interviews

3.3.2 Entwicklung eines Interviewleitfadens

3.3.3 Hinweise, was es zu berücksichtigen und zu vermeiden gilt

3.4 (Teilnehmend) beobachten

3.4.1 Formen der Beobachtung und verschiedene Beobachtungsdimensionen

3.4.2 Das Protokollieren der erfassten Daten

3.4.3 Hinweise, was es zu berücksichtigen und zu vermeiden gilt

3.5 Dokumente und Artefakte erfassen

4. Ausgewählte Datenanalyseformen

4.1 Überblick

4.2 Sichten und sortieren der Daten

4.3 Daten kodieren und kategorisieren

5. Daten für Ergebnisdarstellungen aufbereiten

5.1 Überblick

5.2 Auswertungsprozess darstellen

5.3 Ergebnisse durch Abbildungen unterstützen

6. Fazit

Danner-Schröder/Müller-Seitz: Qualitativ hochwertig

Vorab: Das Buch erfüllt seinen eigenen Anspruch aus dem Untertitel sehr gut, es ist tatsächlich eine „anwendungsorientierte, methodische Arbeitshilfe für Seminar- und Abschlussarbeiten“. Das unterscheidet es von den meisten (allen?) deutschsprachigen Werken zu Methodenfragen. Es ist das Buch, das im Regal mit der Methodenliteratur noch fehlte.

Auf 112 Seiten geht es von der Fallauswahl über die Datensammlung und die Datenaufbereitung bis hin zur Ergebnisdarstellung. Der Schwerpunkt des Buches liegt eindeutig bei der Datensammlung.

Zwei durchgängige Beispiele aus Danner-Schröders und Müller-Seitz‘ eigener Forschung veranschaulichen die theoretisch-methodischen Inhalte. Das ist zum einen ein Projekt der Autorin („Routinen im Katastrophenmanagement“), zum anderen ein Projekt des Autors („Umgang mit Unsicherheit“). Bei beiden Projekten handelt es sich um „echte Forschung“, nicht um Lehrprojekte.

Als Leserin erhalte ich einen detaillierten Einblick in den Ablauf von A bis Z, die Unwägbarkeiten und die zu treffenden Entscheidungen. Die Schilderungen sind dabei sehr offen, so dass noch unerfahrene Leser direkt sehen können, dass eben nicht immer alles nach Schema F wie aus dem Lehrbuch abläuft. Es werden auch Aspekte thematisiert, die sonst eher ausgeklammert werden, etwa so alltägliche (und gleichzeitig allesentscheidende!) Probleme wie der Zugang zum Feld (S. 36 f.). Weiterhin fand ich sehr wichtig, dass die ethische Dimension bei Befragungen und Beobachtungen angerissen wird (S. 26 ff.), und auch die Subjektivität qualitativer Methoden offengelegt wird. Letzteres wird zum Beispiel an der Frage deutlich, wie man denn ein Ende für seine Datenerhebung findet („Das Gefühl, dass Sie das alles schon einmal gesehen oder gehört haben, ist meist ein guter Indikator, dass Sie genügend Daten gesammelt haben“ (S. 69) – danke, dass es einfach mal jemand so offen schreibt!). Für hilfreich halte ich auch die Anregungen, wie man die Ergebnisse für die Darstellung aufbereitet (S. 98 ff.). Das kommt in vergleichbaren Werken oft zu kurz.

Zielgenau verfasst

Das Buch ist sehr gut lesbar, einfach und verständlich ausgedrückt, so dass nicht die Sprache unnötig den Zugang zu den Inhalten erschwert. Ich finde, man merkt dem Buch an, dass es „vom Leser her gedacht“ ist. Didaktisch sinnvoll der Aufbau: „Ausgewählte Lernziele“ stehen zu Beginn jedes Kapitels, es wurden viele Übungen und Beispiele integriert, und am Ende eines Kapitels finden sich oft so genannte „Anregungen aus der Literatur“. Dabei handelt es sich um Hinweise auf fremde Studien, die in Hinblick auf eine gute Nachvollziehbarkeit ausgewählt wurden. Zu guter Letzt erleichtert ein Glossar das Nachschlagen der Fachbegriffe.

Ausbaufähig an zwei Stellen

Aus meiner Sicht weist das Buch zwei kleinere Schwachstellen auf:

Erstens kommt die Transkription etwas kurz (S. 52 f.). Vor allem über den (oft unterschätzten!) Zeitaufwand finden die Leser keine Angaben und leider auch keine Hinweise auf weiterführende Literatur. Gerade bei zeitlich eng abgesteckten Arbeiten wie eben Seminar- oder Bachelorarbeiten sollten die Studierenden einen Anhaltspunkt dafür bekommen, was machbar ist, um sich notfalls auch gegen die Vorstellungen ihrer Betreuungsperson abgrenzen zu können.

Zweitens wären bei den Studierenden Lösungen oder zumindest Lösungsansätze für die vielen Übungsaufgaben und Reflexionen bestimmt gern gesehen. Hier tappen die Leser im Dunkeln, ob ihre Gedanken denn in eine sinnvolle Richtung gehen.

Welchen Studierenden kann man das Buch empfehlen?

Die Zielgruppe des Buches sind Studierende der Wirtschaftswissenschaften und anderer Fachbereiche, insbesondere der Sozialwissenschaften, die für Seminar- oder Abschlussarbeiten qualitative Methoden einsetzen. Das bedeutet, dass die Entscheidung für die qualitativen Methoden bereits gefallen ist. Denn über die Abwägung „quantitativ vs. qualitativ vs. kombinierter Einsatz“ findet man im Buch keine Informationen oder Entscheidungshilfen – was auch nicht nötig ist, dazu gibt es andere Ratgeber.

Was bringt es für den Einsatz in der Lehre?

In der Lehre sind die vielen Beispiele und Übungsaufgaben sicher hilfreich. Bei der nächsten passenden Gelegenheit werde ich es testen.

 

Herzlichen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar!

 

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