Lehrphilosophie revisited

Kürzlich durfte ich an einem Think Tank der Stiftung Innovation Hochschullehre teilnehmen, der unter dem Motto „Hochschullehre innovativ gestalten“ stand. Im Zuge der Vorbereitung waren alle dazu aufgerufen, eine eigene Lehrinnovation zu beschreiben, so dass diese Sammlung am Tag des Think Tanks sichtbar werden kann. Schnell fiel meine Wahl auf meine Lehrphilosophie, denn a) halte ich diese weiterhin für innovativ – dazu gleich mehr – und b) hat ihr Einsatz tatsächlich einen deutlich spürbaren Effekt auf die Lehre.

Ein kurzer Rückblick

Vor ein paar Jahren habe ich begonnen, mich intensiver mit meiner Haltung zur Lehre zu befassen und meinen Gedanken in einer Lehrphilosophie eine Form zu geben. Im Oktober 2017 habe ich das Ergebnis dann erstmals in der Lehre verwendet und auch hier auf dem Blog mitsamt einem Begleitartikel veröffentlicht.

Seitdem hat sich aus meiner Perspektive im Umfeld nichts Wesentliches getan. Weiterhin kenne ich kaum jemanden, der eine Lehrphilosophie verwendet. Auch spricht kaum jemand über ein solches Dokument oder auch nur über das Vorhaben, ein solches zu erstellen und zu nutzen.

Angeregt durch die Reaktionen während des Think Tanks schreibe ich diesen Beitrag, der eine ausführlichere Antwort auf die Fragen und Anmerkungen sein soll, als dies auf dem dort eingesetzten Miro-Board möglich war.

Wie kommt die Lehrphilosophie an?

Diese Frage ist aus mehreren Gründen nicht leicht zu beantworten.

In Präsenzseminaren teile ich die Lehrphilosophie aus und lasse sie lesen. Stille legt sich dann über den Raum, und nach dem Lesen glaube ich in vielen Gesichtern Verwunderung zu sehen. Es ist in diesem Moment auch nicht leicht, das Eis zu brechen. Meist fasst sich doch eine Person ein Herz und bekundet, dass sie gut findet, was sie da gelesen hat. Andere nicken. Oft folgt eine Anmerkung wie „So was haben wir noch nie von jemandem bekommen.“ Ab und an werde ich gefragt: „Meinen Sie das ernst?“, an guten Tagen sage ich „Ja, verdammt!“.

Inhaltliche Fragen tauchen kaum auf. Manchmal möchte jemand wissen, was es mit dem „believing game und doubting game“ auf sich hat oder was ich mit „Schreibaufgaben“ meine. Ausgiebiger wurde gern der Passus zur Nutzung von Laptops und Smartphones diskutiert, was mittlerweile etwas aus der Zeit gefallen scheint.

Was mich zum nächsten Punkt bringt: Im digitalen Raum spüre ich weniger Resonanz auf die Lehrphilosophie. Zum einen ist sie nur eine weitere Datei unter vielen, ich kann sie nicht physisch austeilen. Zum anderen sehe ich meist die Gesichter während des Lesens und unmittelbar nach dem Lesen nicht. Hier geht etwas verloren, weil ich nicht mehr in der Gruppe stehe und gleichzeitig für etwas stehe. Die sonst aufkommende Atmosphäre lässt sich im Digitalen schwer hervorrufen. Auch wenn ich wirklich gern online lehre, fehlt mir dieser Moment zu Beginn eines Seminars.

Was ändert die Lehrphilosophie für mich?

Kurz gesagt: Alles.

Ich kann natürlich nur mein eigenes Vorher und Nachher in der Lehre vergleichen. Meine Lehre ohne Lehrphilosophie war sicher von der gleichen Haltung getragen und von den gleichen Gedanken geprägt. Inhaltlich hat sich also nichts geändert, dafür aber strukturell. Die Haltung und die Gedanken sind nun formuliert und schriftlich festgehalten und somit erst einmal unverrückbar. Ich mache den Studierenden die Lehrphilosophie zugänglich und lege mich damit auf genau diese Haltung und Gedanken fest.

Der Offenheits-Vorschuss

Diese Festlegung nehmen die Studierenden natürlich wahr. Sie haben da nun eine Dozierende vor sich, die einen Standpunkt einnimmt und diesen offen kommuniziert.

Ich gebe durch dieses Vorgehen einen Offenheits-Vorschuss – und erhalte Offenheit zurück. Mein Eindruck ist: Wir kommunizieren auf eine andere Art und Weise, eben offener. Das macht sich bemerkbar in einer Öffnung der Studierenden über die eigenen Unsicherheiten und Zweifel in Bezug auf das Lernen. Als Lehrende bekomme ich mehr mit, kann es aufgreifen und damit arbeiten, so dass am Ende ein besseres und angenehmeres gemeinsames Lernen entsteht.

Festnageln?

Eine solche Transparenz macht Versprechungen. Ich teile meine Haltung und meinen Anspruch an mich selbst den Studierenden mit, woraus die Studierenden zurecht Ansprüche ableiten: „Was sie da verspricht, soll sie einhalten!“

Ich empfinde das nicht als Einengung oder als Festnageln. In der Lehrphilosophie ist gewissermaßen der Kern meiner Ansichten niedergeschrieben. Dieser Kern ist nicht tagesformabhängig, er gilt bis auf Weiteres immer. An den Rändern bin ich beweglich.

Das bedeutet: Mein Menschenbild, meine Werte und mein Verständnis von Wissen unterliegen keinen Schwankungen, die durch den Alltag oder eine bestimmte Lehr-Lern-Situation hervorgerufen werden. Die Aussagen zu den Lehrmethoden, zum Setting und den Lehrzielen sind so grundlegend und gleichzeitig offen, dass sie mich leiten, aber nicht einengen.

Langzeitwirkungen

Ein Großteil der Wirkung entzieht sich wahrscheinlich meiner Kenntnis, weil wir uns im Lauf der Seminare nicht übermäßig über die Lehrphilosophie austauschen. Das eine oder andere Mal habe ich am Ende gefragt, was die Studierenden im Rückblick von der Lehrphilosophie halten. Die Antworten fielen bisher immer positiv aus, was natürlich der Situation geschuldet sein mag – nicht viele haben Lust, am Ende eines Seminars eine Diskussion vom Zaun zu brechen. Vielleicht gehe ich dazu über, mir zu diesem Punkt anonymes Feedback einzuholen.

Einen Teil ihrer Wirkung entfaltet die Lehrphilosophie wohl auch erst geraume Zeit später. Ehemalige Studierende melden sich nach Jahren mit einem aktuellen Anliegen bei mir, getragen von dem gleichen Vertrauen, das sie damals schon hatten. Sie schildern mir, wie sie sich damals gesehen fühlten, und sprechen mit der gleichen Offenheit wie zu Studienzeiten mit mir. All das mag anderen Lehrenden auch ohne Lehrphilosophie geschehen, ich weiß es nicht. Meine Vermutung ist allerdings, dass sich die Wahrscheinlichkeit dafür mit einer Lehrphilosophie erhöht, eben weil diese nach meiner Erfahrung zu einem besseren Miteinander führt.

Wieso die Lehrphilosophie kein Lernkontrakt sein soll

In meinem Verständnis ist ein Lernvertrag oder Lehrkontrakt sehr viel konkreter auf eine einzelne Veranstaltung bezogen und nimmt deren Ziele in den Fokus. Gedanklich nachgelagert werden bestimmte Verhaltensweisen vereinbart („pünktlich sein“, „Handy aus“).

Das Wesen der Lehrphilosophie ist ein anderes: Ich lege meinen Standpunkt dar, von dem aus ich die Welt sehe und von dem aus ich mit anderen Menschen, in dem Fall mit den Studierende, umgehe. Dieser Standpunkt ändert sich nicht so schnell. Das bedeutet gleichzeitig, dass er natürlich nicht auf immer und ewig gleichbleiben muss. Aber eine zweite Version der Lehrphilosophie würde eine intensive Auseinandersetzung mit den potenziell zu ändernden Inhalten erfordern. Dies wiederum setzt eine Unzufriedenheit oder zumindest einen Anlass voraus. Das ist derzeit für mich nicht der Fall, ich bin weiterhin glücklich und zufrieden mit dem, was ich damals geschrieben habe.

Mit einer Einschränkung: Der bereits angesprochene Passus zur Laptop- und Smartphone-Nutzung ist zumindest diskussionswürdig bzw. wäre es in dem Moment, in dem wir wieder Präsenzseminare halten. Das ist noch einmal ein eigener Artikel, dessen Entwurf seit Monaten in der Schublade liegt.

Think again

Der Think Tank hat seinen Zweck erfüllt. Ich konnte sowohl etwas beitragen als auch etwas mitnehmen. Der Think Tank hat, so vermute ich, bei allen Beteiligten weiterführende Denkprozesse angeregt und ihnen eine Richtung gegeben.

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Was Studierende vom Projektmanagement für das wissenschaftliche Arbeiten lernen können

Quelle: https://de.depositphotos.com, Urheberrecht: DmitryPoch

Ein Gastbeitrag von Dieter Zibert

Im Laufe eines Studiums kommt man um das wissenschaftliche Arbeiten nicht herum. Umso früher man lernt, worauf es ankommt, desto einfacher wird es, die späteren Aufgaben, Haus- und Seminararbeiten erfolgreich zu erledigen. Für frisch gebackene Studierende ist das wissenschaftliche Arbeiten meist eine neue Herausforderung, die am Anfang schnell Verunsicherungen stiftet.

Doch die meisten Bedenken über das wissenschaftliche Arbeiten sind absolut unbegründet. Das wissenschaftliche Arbeiten ist zwar anstrengend und zeitintensiv – doch unmöglich ist es ganz und gar nicht. Es kommt allen voran auf die richtige Strategie an.

In diesem Beitrag erfahren Sie,

  • Was Projektmanagement mit wissenschaftlichem Arbeiten zu tun hat
  • welche unterschiedlichen Methoden des Projektmanagements existieren
  • welche dieser Methoden am vielversprechendsten für das Anfertigen und Betreuen einer wissenschaftlichen Arbeit sein könnte
  • was das für die Lehre bedeutet

Was hat Projektmanagement mit wissenschaftlichen Arbeiten zu tun?

Eine wissenschaftliche Arbeit kann neben den eigentlichen Zweck eine wichtige Kompetenz vermitteln – Projektmanagement. Eine wissenschaftliche Arbeit als großes Projekt zu verstehen, ist Methode und Haltung zugleich. Die Studierenden bekommen ein Werkzeug an die Hand, um umfangreiche Arbeiten auf effizientem Weg lösen zu können und entwickeln das systematische und planerische Denken. Damit kann es gelingen, die Komplexität der wissenschaftlichen Frage durch Systematisierung zu vereinfachen.

Welche Projektmanagementwerkzeuge gibt es, um eine wissenschaftliche Arbeit zu schreiben?

Selbstverständlich haben alle in ihrer Schulzeit einige Texte geschrieben, doch davon sollte man sich nicht täuschen lassen. Eine Arbeit im Studium ist wesentlich komplexer. Um die wissenschaftliche Arbeit so gut wie möglich zu meistern, gibt es Projektmanagementwerkzeuge, die nachfolgend genauer erklärt werden.

Klassische Projektmanagementwerkzeuge

Wer seine wissenschaftliche Arbeit als Projekt versteht, wird durch eine strukturierte Vorgehensweise und den Fokus auf das Wesentliche mit einem besseren Erfolg belohnt werden. Am Anfang stellt die wissenschaftliche Arbeit die Studierende vor eine große Herausforderung. Umso wichtiger ist es, das Projekt in mehrere Abschnitte zu unterteilen. Hier können die Maßnahmen im Projektmanagement helfen. Hier wird das Projekt folgendermaßen unterteilt.

Ein klassisches Projekt zeichnet sich durch einen Projektstart bzw. durch eine Initiierung aus. Dieser muss anschließend geplant werden. Erst danach kann es zur Umsetzung kommen. Während der Umsetzung wird das Projekt fortlaufend kontrolliert. Schlussendlich kommt es dann zum Projektabschluss.

Der Projektstart

Am Anfang einer wissenschaftlichen Arbeit steht der Projektstart. Der Projektstart wird durch einen Projektauftrag (im Rahmen der wissenschaftlichen Arbeiten auch Exposé genannt) erstellt und muss von der Betreuungsperson freigegeben werden. Hierfür eignet sich ein Dokument, welches alle wichtigen Punkte beinhaltet. Auf diese Weise wird das Projekt übersichtlich dargestellt und wenn man einmal den Faden verlieren sollte, hat man eine gute Übersicht, an welcher man sich orientieren kann.

Die Projektplanung

In dieser Phase wird die Recherche durchgeführt. Zudem kommt es in diesem Abschnitt zur Gliederung der Arbeit in einen realistischen Ablaufplan für die wissenschaftliche Arbeit.

Die Projektdurchführung

Wenn die beiden oberen Schritte erledigt sind, erfolgt die eigentliche Arbeit – das Schreiben der wissenschaftlichen Arbeit.

Die Projektüberwachung und die Steuerung

Die Fortschritte in einem Projekt müssen regelmäßig überwacht und in die richtige Richtung gesteuert werden. Das Gleiche gilt auch für eine wissenschaftliche Arbeit.

Während die Arbeit geschrieben wird, sollte es regelmäßige Abstimmungen mit der Betreuungsperson geben, wo die Fortschritte der Arbeit besprochen werden.

Nachdem die Arbeit fertig geschrieben wurde, muss die Arbeit korrigiert werden. Dabei ist es ratsam, dass mehrere Personen die Arbeit noch einmal lesen. So lassen sich Fehler in der Rechtschreibung und Grammatik leichter finden.

Der Abschluss des Projektes

Zum Schluss muss die Arbeit fertiggestellt werden. Wie das genau erfolgen muss, hängt immer von der Uni ab. In den meisten Fällen wird die Arbeit ausgedruckt und gebunden verlangt. Zu guter Letzt wird die Arbeit abgegeben und die große Herausforderung der wissenschaftlichen Arbeit ist geschafft.

Eignung für wissenschaftliche Arbeiten

Wie man merkt, sind rein klassische Projektmanagementwerkzeuge ziemlich linear und sind weniger empfehlenswert für das Schreiben von wissenschaftlichen Arbeiten. Die agilen und hybriden Projektmanagementwerkzeuge sind deutlich besser dafür geeignet.

Agile Projektmanagementwerkzeuge – Die SCRUM Methodologie

Die SCRUM Methodologie ist das am weitesten verbreitete Werkzeug im agilen Projektmanagement. Das Hauptziel ist dabei, in sehr regelmäßigen Zeitabständen auch Sprints genannt, die Produktanforderungen Stück für Stück abzuarbeiten und diese Teilanforderungen von Stakeholdern am Ende eines Sprints abnehmen zu lassen.

Im Rahmen der SCRUM Methodologie werden unter anderem SCRUM Events (z.B. Sprintplanung, Sprint Review, Daily Scrum bzw. Daily Stand-Up und Retrospektive), und SCRUM Artifacts bzw. Hilfswerkzeuge (z.B. Produktbacklog, Springbacklog) eingesetzt, um einem Projekt einen Rahmen zu geben. Diese Scrum Events und Artifacts werden im Folgenden erklärt.

Der Produktbacklog

Der Produktbacklog beschreibt, wie die fertige Arbeit aussehen soll. Sämtliche Anforderungen an die Arbeit werden angeführt und priorisiert, um die Arbeit mit gutem Erfolg abschließen zu können. Für den Produktbacklog sind Studierende verantwortlich und sollten sich diesbezüglich mit den Lehrenden abstimmen

Der Sprint – das Zeitmaß der Zyklen

Der Sprint ist ein bestimmter Zeitraum (in der Regel 1-4 Wochen), in welchem Studierende an den Aufgaben der wissenschaftlichen Arbeit arbeiten. Die Sprints sollten immer kurz gehalten werden.

Auf diese Weise kann man sichergehen, dass man nicht allzu lange in die falsche Richtung arbeitet. Ein Sprint dauert so lange, wie dieser im Vorhinein vereinbart wurde und kann auch nicht nach hinten verschoben werden.

Der Sprintbacklog

Bei einer wissenschaftlichen Arbeit kann das Sprintbacklog als ein Kapitel der Arbeit angesehen werden. Hierfür muss ausgearbeitet werden, was genau in dem Kapitel stehen soll. Danach können die Aufgaben verfasst werden. Nachfolgend werden die Aufgaben entsprechend verteilt und abgearbeitet. Diese Aufgaben sind komplett von Studierenden zu erledigen. Ggf. können sich Studierende mit einer Betreuungsperson kurz abstimmen, falls Bedarf besteht.

Die Sprintplanung

In der Planung des Sprints wird erläutert, welches Kapitel der wissenschaftlichen Arbeit bearbeitet wird.

Daily Stand-Up

Bei einer wissenschaftlichen Arbeit ist es besonders empfehlenswert, jeden Tag eine Kurzplanung der nächsten Schritte durchzuführen. So wird am Anfang des Tages festgelegt, was in Bezug zu dem jeweiligen Kapitel an diesem Tag erledigt werden muss. Dies liegt komplett in der Verantwortung der Studierenden. Dabei werden drei Fragen beantwortet:

  • Was habe ich gestern gemacht?
  • Was werde ich heute machen?
  • Welche Hindernisse gibt es und sollen geklärt werden?

Sprint Review

Nach jedem Sprint werden die Aufgaben zur Korrektur übergeben (z.B. ein fertiges Kapitel). Hierbei wird die Arbeit gegengelesen und entsprechend der ausgemachten Merkmale korrigiert. Im Idealfall wird z.B. ein fertiges Kapitel zur Korrektur an eine Betreuungsperson übergeben. Das können aber auch externe Feedbackgeber sein.

Sprint Retrospektive

Nach dem Sprint Review erfolgt ein Rückblick über den letzten Sprint. Hier konzentriert man sich darauf, was bei den nächsten Sprints besser gemacht werden kann. Diese Maßnahmen werden z.B. gleich beim Schreiben des nächsten Kapitels der wissenschaftlichen Arbeit berücksichtigt.

Eignung für wissenschaftliche Arbeiten

Agile Projektmanagementwerkzeuge sind besonders für komplexe wissenschaftliche Arbeiten gut geeignet.

Hybride Projektmanagementwerkzeuge

Die hybride Methode beinhaltet die Integration der klassischen, aber auch der agilen Methoden. Diese Methode ist abhängig von der Komplexität und der Größe des Projektes.

In der hybriden Methode wird das Beste aus beiden Welten kombiniert. Die Kombination klassischer und agiler Methoden sorgt für ein höheres Maß an Flexibilität und steigert die Effizienz deutlich. Es werden lediglich Teilprojekte agil organisiert, doch die grundsätzliche Struktur des Projektes bleibt klassisch.

Die Initiierung

Im ersten Schritt der wissenschaftlichen Arbeit muss das passende Thema gefunden werden. Da die Initiierung immer eine kritische Phase ist, müssen die Ziele des Projektes durchdacht, messbar, realistisch, umsetzbar und klar verständlich sein.

Die Planung der wissenschaftlichen Arbeit

Nachdem das passende Thema gefunden worden ist, muss die Arbeit genau geplant werden. Hierfür muss eine Gliederung der einzelnen Kapitel erfolgen und darin muss beschrieben werden, was in den einzelnen Kapiteln stehen soll. Danach kann die eigentliche Recherche der wissenschaftlichen Arbeit stattfinden.

Die Durchführung, Überwachung und Steuerung nach der SCRUM-Methode

Die Durchführung, Überwachung und Steuerung bei der hybriden Methode erfolgt wie bei der SCRUM Methodologie mit Hilfe von Sprints.

Der Abschluss

Die wissenschaftliche Arbeit wurde nun geschrieben und korrigiert. Dementsprechend kann die wissenschaftliche Arbeit nun zur Abgabe vorbereitet werden und schlussendlich abgegeben werden.

Eignung für wissenschaftliche Arbeiten

Hybride Projektmanagementwerkzeuge sind in der Regel für das Schreiben wissenschaftlicher Arbeiten am besten geeignet, da aus beiden Welten (klassisch und agil) das Beste verwendet wird.

Stakeholdermanagement ist das Wichtigste beim wissenschaftlichen Arbeiten

Stakeholdermanagement bedeutet, dass die Kommunikation so gesteuert wird, dass alle wichtigen Anforderungen einer wissenschaftlichen Arbeit erfüllt werden und die anfallenden Probleme gemeinsam mit allen Stakeholdern (z.B. Betreuern einer Arbeit) gelöst werden können. Der Kernpunkt dabei ist ein regelmäßiger, wenn auch kurzer Austausch mit den involvierten Personen wie z.B. einer Betreuungsperson, um die wichtigen Punkte der Stakeholder zu erfassen, Probleme so früh wie möglich zu erkennen und diese dann zu beheben.

Wer sind die wichtigsten Stakeholder?

Die wichtigsten Stakeholder werden im Rahmen des Projektstartes bzw. der Initiierung identifiziert und entsprechend priorisiert. Eine Stakeholderanalyse ist hierbei die Grundlage für die Entwicklung der wissenschaftlichen Arbeit. Die Identifikation und die Kommunikation sind wichtige Bestandteile des Stakeholdermanagements und sind somit ausschlaggebend für einen geordneten Ablauf sowie späteren Erfolg.

Die Wichtigkeit von Feedbackrunden

Besonders am Anfang ist regelmäßiges Feedback bei der Findung eines Themas wichtig. Doch auch bei der Recherche und bei der Gliederung der Arbeit sind regelmäßige Feedbackrunden ausschlaggebend für den Erfolg. Auch während des Schreibens einer wissenschaftlichen Arbeit sollten möglichst kurze, aber regelmäßige Feedbackrunden stattfinden. Am einfachsten lässt es sich mit der SCRUM Methodologie gestalten.

Was bedeutet das für die Lehre?

Für die Lehre kann Folgendes festgehalten werden:

  • Lehrende sollten sich die Grundlagen des Projektmanagements (vor allem agiles Projektmanagement am Beispiel von SCRUM) aneignen, um die Studierenden besser begleiten können. Der SCRUM Leitfaden ist auch in Deutsch verfügbar.
  • Lehrende sollten es möglich machen, mit Studierenden regelmäßiger einen Austausch zu haben (z.B. im Rahmen eines Sprints), um es zu ermöglichen, dass Studierende frühzeitig korrigiert und in die richtige Richtung gelenkt werden
  • Lehrende sollten die Studierenden dabei unterstützen, regelmäßiges Reflektieren im Rahmen einer Arbeit (z.B. am Ende eines Sprints) zu machen und Verbesserungen kontinuierlich umzusetzen.
  • Lehrende sollten bei der Formulierung der Anforderungen für den Produktbacklog einer wissenschaftlichen Arbeit die Studierenden dabei unterstützen, auf welche Punkte besonders zu achten ist, damit die Studierenden lernen, das Wesentliche zu erkennen und richtig zu priorisieren.

Dieter Zibert ist Trainer und Consultant für Projektmanagement mit über 10 Jahren Erfahrung im Projektmanagement. Er hat klassische, agile und hybride Projekte in den Branchen Bahnindustrie, Fabrikautomation, Automobilindustrie und Healthcare geleitet und verfügt über PMP, PMI-ACP, Professional Scrum Master und Professional Scrum Product Owner Zertifizierungen. Mehr unter https://greenprojectsconsulting.com/

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Wissenschaftliches Arbeiten lehren – eine Bestandsaufnahme

Was, wenn nicht das wissenschaftliche Arbeiten, bildet den Kern eines Studiums?

Die fachlichen Inhalte sind natürlich nötig und nicht wegzudenken als Grundlage eines jeden Studiengangs. Jedoch werden Studierende, die ausschließlich Fachwissen erlernen, dabei aber nicht die Kompetenz des wissenschaftlichen Arbeitens aufbauen, ihr Studium nicht abschließen können. Die Fähigkeit, auf wissenschaftliche Art und Weise neues Wissen zu generieren, unterscheidet ein Studium von einer Ausbildung. Um einen Studienabschluss zu erreichen, müssen Studierende nachweisen, dass sie in der Lage sind, eine wissenschaftliche Arbeit zu verfassen (KMK 2017, S. 13-14). Dies gelingt nur, wenn sie kritisch denken, die Methoden des Faches regelgerecht anwenden sowie die Ergebnisse verschriftlichen können. Auch das Einhalten der Regeln akademischer Integrität sollte vorausgesetzt werden dürfen – in der Praxis zeigen sich jedoch oft Probleme. Die lassen sich zum großen Teil lösen, wenn die Studierenden mit der wissenschaftlichen Denkhaltung vertraut sind und die Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens beherrschen.

Die „Einbettung“ des wissenschaftlichen Arbeitens

Spoiler: Das wissenschaftliche Arbeiten schläft allenfalls auf dem Bettvorleger. Eingebettet ist da recht wenig.

Aktuell beobachte ich im deutschen Hochschulsystem höchst unterschiedliche Herangehensweisen. Eine Verankerung als „integraler Bestandteil des akademischen Curriculums“ fehlt (Moritz 2020, S. 91), da kann ich der Kollegin nur zustimmen.

Etliche Lehrende nehmen mit großem Engagement neben der Fachlehre auch das wissenschaftliche Arbeiten in den Blick oder verknüpfen beides im Sinne des forschenden Lernens miteinander. Tiefgreifende curriculare Weiterentwicklungen werden jedoch oftmals nicht öffentlich gemacht. Eine Ausnahme bildet hier beispielsweise der Coburger Weg.

Aus meiner Perspektive stellt sich die curriculare Situation wie folgt dar:

  • An einigen Hochschulen gibt es überhaupt keine curricular verankerten Angebote, so dass Studierende das wissenschaftliche Arbeiten autodidaktisch erlernen. Dafür können sie mancherorts immerhin Handreichungen oder Anleitungen heranziehen (die allerdings oftmals auf Formalia reduziert sind, Ulmi et al. 2017, S. 50 und S. 168).
  • Wenn die Lehre des wissenschaftlichen Arbeitens denn im Curriculum festgeschrieben ist, wird sie oft im überfachlichen Bereich „Schlüsselkompetenzen“/„Soft Skills“ oder in Wahlmodulen verortet.
  • Mancherorts wird in Bezug auf das wissenschaftliche Arbeiten direkt auf die Angebote von Bibliotheken oder – wo vorhanden – von Schreibzentren verwiesen, wobei jedoch vermutet werden darf, dass die Kooperation zwischen Lehrenden und den genannten Einrichtungen der Hochschule (ebenso wie die Kooperation von Lehrenden untereinander) ausbaufähig ist.

Vermutungen über die Lehre des wissenschaftlichen Arbeitens

An Hochschulen, an denen wissenschaftliches Arbeiten immerhin gelehrt wird, habe ich häufig eine einseitige Ausrichtung auf das Zitieren und Formalia festgestellt. Der Schreibprozess als solcher wird oft vernachlässigt, obwohl er ja sehr großen Anteil am wissenschaftlichen Arbeiten hat. Dies zeigt(e) sich auch in der Ratgeberliteratur zum wissenschaftlichen Arbeiten: Hilfreiche Herangehensweisen an den Schreibprozess, wie sie in einschlägigen Ratgebern wie beispielsweise Kruses „Keine Angst vor dem leeren Blatt“ (erstmals 1993 erschienen), Esselborn-Krumbiegels „Von der Idee zum Text: eine Anleitung zum wissenschaftlichen Schreiben im Studium“ (erstmals 2002) und Wolfsbergers „Frei geschrieben“ (erstmals 2007) dargelegt wurden, werden erst in jüngerer Zeit auch in allgemeinen Ratgebern zum wissenschaftlichen Arbeiten behandelt. Das Schreiben als wichtige Teilkompetenz kommt nur langsam im Bereich des wissenschaftlichen Arbeitens und in der Fachlehre an. Die Reihe „Schreiben im …studium“ von UTB hilft dabei sicher auch sehr.

Auch Techniken, die früher als „fortgeschritten“ wahrgenommen wurden, sind erst ab Mitte der 2010er Jahre in der Ratgeberliteratur zu finden. Beispielsweise ist ein Buch zum Arbeiten mit digitalen Quellen, das erstmals 2015 veröffentlicht wurde, mittlerweile in der dritten Auflage erhältlich (Prexl 2019). Mein eigenes Buch zum Einsatz von Tools beim wissenschaftlichen Arbeiten erschien erstmalig im Jahr 2017, die zweite Auflage folgte zum Jahresende 2019 (Klein 2020). Der Ratgeber von Fröhlich/Henkel/Surmann (2017) gibt Hinweise zum kollaborativen Arbeiten und zum Einsatz von Feedback.

Wie wir wissen, wissen wir nichts…

Eine systematische Erfassung der Lehr- und Unterstützungsangebote zum wissenschaftlichen Arbeiten existiert meines Wissens nicht. Allenfalls die Zahl der Schreibzentren könnte mit vergleichsweise geringem Aufwand erfasst werden. Allerdings stellt sich die Situation mit dem Auslaufen der Mittel aus dem Qualitätspakt Lehre zum Jahresende 2020 als dynamisch dar, so dass die Aussagekraft solcher Zahlen gering wäre.

Unklar ist zudem, wer Veranstaltungen zum wissenschaftlichen Arbeiten lehrt. Vermutlich werden hier eher wissenschaftliche Mitarbeitende und Lehrbeauftragte sowie teilweise Tutor:innen eingesetzt, deren Kompetenzstand im Vergleich zu forschungserfahrenen Professor:innen als gering einzuschätzen ist. Eine Sonderrolle nehmen in dieser Hinsicht Schreibtutor:innen bzw. Writing Fellows ein, die speziell für die Unterstützung beim Aufbau der Teilkompetenz „Wissenschaftliches Schreiben“ ausgebildet sind.

Jetzt kommt’s…

Das großer Aber: Trotz all dieser Unzulänglichkeiten in der Lehre wird von den Studierenden unausgesprochen erwartet, dass sie wissen, was Wissenschaftlichkeit ist, wie kritisches Denken funktioniert und wie man eine Argumentation aufbaut. Teilweise herrscht Unverständnis für die Unsicherheit und den ungleichen Kenntnisstand der Studierenden bezüglich wissenschaftlichen Arbeitens. Bereits zu Beginn des Studiums wird erwartet, dass Schüler schon über weitreichende Kompetenzen in Recherche, Quellenbewertung verfügen und den Unterschied zwischen Thema, Fragestellung und Forschungsfrage kennen.

Die Betrachtung von wissenschaftlichem Arbeiten und auch von Wissenschaft an sich als ganzheitlichem Prozess wird im aktuellen System in der Lehre vernachlässigt. Dies beginnt damit, dass den Studierenden selten deutlich wird, wozu überhaupt wissenschaftlich gearbeitet wird und welchen Nutzen das wissenschaftliche Arbeiten (auch außerhalb der Wissenschaft) hat. Die Schwerpunktlegung auf Zitieren und Formales einerseits oder auf Methodenanwendung andererseits helfen den Studierenden nicht dabei, ein ganzheitliches Verständnis von wissenschaftlichem Arbeiten als einer besonderen Kommunikationsform aufzubauen. Ihre Schreibpraxis ist von einem sinnstiftenden Kontext losgelöst und nicht zuletzt aufgrund dieses Sinnvakuums oftmals auf das reine Erreichen einer guten Bewertung ausgerichtet.

Und nun?

Hinsichtlich der Lehre des wissenschaftlichen Arbeitens drängt sich der Eindruck auf, dass das Rad schon tausendfach neu erfunden wurde. Es herrscht wenig Transparenz und somit wenig Orientierung für alle Beteiligten. Weder Studierende noch Lehrende können mit Gewissheit sagen, wer auf welchem Niveau über welche (Teil-)Kompetenzen verfügen soll oder muss. Auf welcher Grundlage diskutieren wir denn (wenn überhaupt!) die Frage, welche Anforderungen wann im Studienverlauf realistischer- und sinnvollerweise gestellt werden dürfen?

Ein Lösungsansatz

Wer mir auf LinkedIn folgt, hat es wahrscheinlich bereits gesehen: Ein Referenzrahmen zum wissenschaftlichen Arbeiten entsteht. Seit November erstellen wir in einer Arbeitsgruppe, die aus dem Coburger Netzwerktreffen hervorgegangen ist, eine erste Entwurfsfassung. Auf der Basis thematisch verwandter Rahmenwerke erarbeiten wir eine tabellarische Übersicht von Teilkompetenzen, um das Erlernen des wissenschaftlichen Arbeitens besser besprechbar zu machen. Damit gehen wir in Feedbackrunden und in die praktische Erprobung.

Zu gegebener Zeit werde ich hier mehr über die Hintergründe und auch über die Fortschritte berichten.

Literatur

  • Esselborn-Krumbiegel, H. (2014). Von der Idee zum Text: Eine Anleitung zum wissenschaftlichen Schreiben (4. Aufl.). utb-studi-e-book: Bd. 2334. Ferdinand Schöningh.
  • Fröhlich, M., Henkel, C. & Surmann, A. (2017). Zusammen schreibt man weniger allein – (Gruppen-)Schreibprojekte gemeinsam meistern. Schreiben im Studium: Bd. 3. Barbara Budrich.
  • Klein, A. (2020). Wissenschaftliche Arbeiten schreiben: Praktischer Leitfaden mit über 100 Software-Tipps (2. Aufl.). Mitp.
  • Kruse, O. (2007). Keine Angst vor dem leeren Blatt: Ohne Schreibblockaden durchs Studium (12. Aufl.). Campus concret. Campus Verlag.
  • Kultusministerkonferenz . (2017). Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse.
  • Moritz, R. E. (2020). Der frühe Vogel – wissenschaftliches Schreiben im akademischen Curriculum. JoSch – Journal der Schreibberatung, 2020(2), 90–96.
  • Prexl, L. (2019). Mit digitalen Quellen arbeiten: Richtig zitieren aus Datenbanken, E-Books, YouTube und Co (3. Aufl.). UTB: Bd. 4420. Schöningh.
  • Ulmi, M., Bürki, G., Verhein-Jarren, A. & Marti, M. (2017). Textdiagnose und Schreibberatung: Fach- und Qualifizierungsarbeiten begleiten (2. Aufl.). UTB Schlüsselkompetenzen: Bd. 8544. Barbara Budrich.
  • Wolfsberger, J. (2016). Frei geschrieben: Mut, Freiheit & Strategie für wissenschaftliche Abschlussarbeiten (4. Aufl.). UTB Schlüsselkompetenzen: Bd. 3218. UTB GmbH.

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CitApp: Wissen aufbauen

CitApp: Das Jura-Zitierspiel der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Preis: kostenlos

Ein Gastbeitrag von David Achenbach

Mit der Applikation „CitApp: Das Jura-Zitierspiel“ (Achtung: gleichnamige Termin-App) hat die Universität Halle-Wittenberg ein gut programmiertes Spiel zum juristischen Zitieren für Google Android und Windows 10 erstellt. Mit Fleiß und Konzentration können grundlegende Zitierweisen der Rechtswissenschaft in spielerischer Umgebung erlernt werden.

Auf die Spielwiese

Die App ist unkompliziert und schnell via Google Play auf das Smartphone zu laden. Eine ständige Internetverbindung ist nicht erforderlich, sodass die Studierenden jederzeit eine Runde lernen können. Auch fragwürdige Berechtigungen müssen nicht eingeräumt werden.

Für Microsoft Windows ist eine Zip-Datei herunterzuladen und zu entpacken, auch dann kann es losgehen (CitApp.exe).

Ladezeiten sind kurz und es entsteht keinerlei Problematik im Spielverlauf. Kehrt man zum Hauptmenü zurück, wird die Sitzung automatisch gespeichert. Nichts stört in dieser Hinsicht das fokussierte Spielen und Lernen.

Optisch ist die Gestaltung schlicht und schön. Kleine Figuren, genannt Citlinge, huschen über den Bildschirm. Es sind Bäume, Felsen und Teiche zu sehen. Geradezu idyllisch diese kleine Stadt. Im Zentrum erleuchtet – wie könnte es anders sein – die Bibliothek.

Die Stadt der Citlinge mit Handwerkern, Häusern, Türmen und der zentralen Bibliothek.

Ein Hort des Wissens

In der Bibliothek sind Lernaufgaben zu bewältigen, mit denen Münzen verdient werden können. Zu Beginn sehr grundlegend und eher mit allgemeinen Fragen: „Was bedeutet ‚Jura‘?“ und darauf mehrere Antwortmöglichkeiten, später Fragen und Aufgaben zur Zitation und Gliederung.

Für neue Aufgaben und damit höhere Münzerträge müssen die Tutorien gestartet und durchgearbeitet werden. Nur keine Sorge! Sie sind sehr freundlich im Chat-Stil gehalten. Das bedeutet, der Tutor schreibt zum Thema, bspw.: „Die Angabe von Schriftensammlungen im Literaturverzeichnis“, und mit einem Button antwortet der Spieler. Es scheint, als würde man sich Nachrichten schreiben.

Mit dem Knopf unten links antwortet der Spieler (meist) automatisch und das Tutorium fährt fort.

Zwischendurch muss der Spieler aus verschiedenen Antwortmöglichkeiten wählen oder eine Beispielaufgabe lösen. Dann reagiert der Tutor je nachdem, ob die Antwort richtig oder falsch war.

Ist ein Tutorium abgeschlossen, darf man sich über Belohnungen im Spiel und über ein kostenloses Skript zum Thema freuen. Letzteres kann man herunterladen. Die alle Themen abdeckenden Skripte sind in den Spielfarben gehalten, doch übersichtlich und leicht verständlich. Sie beinhalten die wichtigen Punkte mit Beispielen. Einziges Manko ist, dass sich beim Herunterladen der Browser öffnet und das Spiel in den Hintergrund geschoben wird.

Möchte man das gerade Gelernte üben, bietet das Menü eine entsprechende Funktion. Schwierigkeitsgrad und verschiedene Modi (Zitierweise Fußnote/ Literaturverzeichnis/ Zufall oder Gliederung alphanummerisch/ nummerisch/ Zufall) können individuell angepasst werden.

Aber nach dem Training gilt: Ran an die Aufgaben in der Bibliothek!

Wachsen, werden, wissen

Bücher fallen nun regengleich vom Himmel. Wie Sterntaler sind sie aufzusammeln und begegnen einem in der Bibliothek als Übungsaufgaben wieder. Nur mit den dort verdienten Münzen lassen sich die ersten Gebäude bauen oder die gebauten erweitern.

Das Baumenü – hier sind alle Gebäude zu finden. Oben werden die verfügbaren Ressourcen angezeigt.

Genauso wie in klassischen Aufbauspielen benötigt man Gold, Holz, Stein, Nahrung und Einwohner, um voranzukommen. Ziele sind im Menü geschildert: das Level erhöhen, die Bibliothek ausbauen und verschiedene Statuen zu Ehren des Wissens aufstellen.

Damit die Stadt wächst und gedeiht, heißt es also: Üben, üben, üben. So wird das Gelesene anschaulich vertieft: Quizfragen beantworten, Textbausteine sortieren, Lückentexte füllen, Fehlendes erkennen und aus der Titelei notwendige Informationen extrahieren. Hat sich in der Lösung ein Fehler eingeschlichen? Dann darf man noch ein bis zwei Mal korrigieren. Ist das Ergebnis richtig, verdient man sich die erforderlichen Münzen.

Und Münzen kann man nie genug haben. Sie sind notwendig, um Weizen zu pflanzen oder später neue Bäume. Wenn eine Ressource fehlt, kann man sie auf dem Marktplatz erwerben. Doch diese Preise!

Die Bibliotheksaufgaben dürfen also nie vernachlässigt werden. Besonders aus einem weiteren Grund.

Angreifer abwehren, Arbeit angehen

Jedes Spiel hat seine eigenen Gegner. In der Stadt der Citlinge sind es die Bücherwürmer und Plagiatoren. Beide entspringen schrecklichen Löchern und wollen die schöne Stadt zerstören. Um sie abzuwehren, sind Schutztürme unabdingbar.

Nur entweichen dem Boden immer neue Feinde. Die Löcher schließen sich zwar wieder, doch bis dahin sind viele Gebäude beschädigt und müssen repariert werden. Günstiger also, die Löcher zuschütten zu lassen. Zehn Gold kostet das, die erst erarbeitet sein wollen.

Die Angreifer zeigen also, was vermieden werden soll: die Wissensarbeit durch Plagiat und Vernachlässigung zerstört zu sehen.

Gleichzeitig sind sie der Mechanismus, der den Spieler vorantreibt. Es gibt nicht viele ruhige Minuten, in denen man ungestört ausbauen kann. Aufgaben müssen angegangen, Tutorien durchgearbeitet werden. Nur durch Fortschritt hat man Gold und Baumaterialien, um das Spiel abzuschließen. Halbe Sachen gibt es nicht.

Frustration und Fokus

Die Attacken der Gegenspieler können frustrieren. Ebenso ist es essentiell, die Spielmechanik zu verinnerlichen. Ungünstig, wenn man eine Spielaufgabe nicht richtig gelesen hat oder „Vorname Autor 1“ und „Vorname Autor 2“ verwechselt. Verhängnisvoll, ein Komma oder einen Punkt zu viel zu lassen. Dies wird so hart bestraft wie ein Vorzeichenfehler in der Mathematik.

Trotz dieser Härte animiert es dazu, das Spiel mit seinen Aufgaben nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Man muss konzentriert bleiben und jeden Fehler bemerken. Vielleicht erkennt man hier den juristischen Korinthen… – Sie wissen schon.

Hat man alle Aufgaben erfüllt, weiß man mit Sicherheit, wie korrekt zu zitieren und zu gliedern ist. Dafür sind einige Spielstunden und Fokus notwendig. Das Spiel kann also zwischendurch gespielt werden. Um es abzuschließen, sollte man allerdings aufmerksam genug sein.

War es das Ziel ein Erstsemester-Tutorium für Zitation und Gliederung zu ersetzen? Falls ja, dann ist es geglückt. Höhere Semester dagegen werden beim Spielen auf Fehlerquellen aufmerksam und die Wiederholung hilft ihnen diese abzustellen.

Möchte man den Spielaspekt abkürzen, können auch nur die Tutorien durchgelesen, die Skripte heruntergeladen und das eine oder andere Training im Menü absolviert werden.

Zu Bedenken ist, dass die App allein auf Google Android und Microsoft Windows zugänglich ist. Der vermutlich recht große Teil der Studierenden mit Apple-Produkten kann nicht bedient werden. Es ist zu hoffen, dass eine solche Version nachgereicht wird.

Gerade beim Lernen zu Hause kann die Nutzung einer App den Studierenden eine willkommene und angenehme Abwechslung sein.

Website: https://schroeder.jura.uni-halle.de/mitarbeiter/rensch/citapp/ (Stand: 10.01.2021)

David Achenbach studiert Jura und würde sich Lernphasen ebenso spielerisch wünschen.

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Boy, that was a tough one

Meine ich mit „a tough one“ das Jahr 2020?

Ja, das war hart, keine Frage.

Aber, nein, das meine ich nicht.

Ich meine eine Publikation, die gerade entsteht.

Was war so schwierig daran?

Es gab natürlich erst einmal den Abgabedruck: zuerst für den Entwurf innerhalb unserer Gruppe, dann den Druck für die Einreichung des finalen Manuskripts.

Ich hatte – obwohl es die schönen, ruhigen Tage zwischen den Jahren waren – keine Zeit und auch nicht die Konzentration, die wichtigsten Quellen zu lesen, geschweige denn, mir tiefergehende Gedanken zu machen.

Vor allem hatte ich bei dem speziellen Thema keine Ahnung, wo ich hilfreiche Literatur finden könnte (ohne gefühlt ein komplettes Philosophie-Studium zu absolvieren) bzw. ob es diese überhaupt gibt.

Kurzum: Ich hatte keinen Überblick über das Gebiet. (Warum ich dann darüber schreibe? Ganz einfach: Es handelt es sich um ein brandneues Gebiet, und wahrscheinlich gibt es einfach überhaupt niemanden, der diesen Überblick hat.)

Ich musste mich langsam herantasten.

Meine Meinung über den Gegenstand wechselte, sie war alles andere als fest. Eine echte Position habe ich demnach sowieso nicht, ich bin nicht gewandt in diesem Diskurs.

Puh…

Das Schreiben verlief… puh, Sie können es sich vorstellen. Es war ineffizient, es war ein einziges Vor und Zurück. Meine erste Version geriet zu lang und wies keinen echten roten Faden auf. Sie war an manchen Stellen dicht, an anderen nichtssagend. Ich verwendete kaum Quellen und konnte mich auf einer Seite Text nur zweimal auf ein Dokument beziehen.

Ich fühlte mich hilflos, unfähig, überfordert. Von Flow keine Spur. Wie ich später erfahren durfte, erging es einigen Mitschreibenden ähnlich.

Was tun?

Abbrechen? Durchziehen?

Natürlich durchziehen! Hoffen, dass die Mühen sich lohnen. Sich freuen, unterwegs viel gelernt zu haben. Gelernt habe ich nicht nur etwas über den Gegenstand des Beitrags als solchen, sondern auch (wieder einmal) über den Schreibprozess.

Unseren Studierenden geht es ähnlich. Sie suchen sich Aufgaben oder bekommen Aufgaben vorgesetzt, von denen sich bisweilen herausstellt, dass diese überfordernd sind. Ihnen fehlt der Überblick über das Gebiet und oft auch die innere Ruhe, sich in die einschlägige Literatur zu vertiefen. Selbst wenn sie die handwerkliche Seite des wissenschaftlichen Arbeitens beherrschen, entstehen Situationen, die sie an den Rand der Verzweiflung bringen können.

Ganz so schlimm war es bei mir nicht. Aber es war ein ungutes Gefühl einer nicht vorhandenen Passung. Der Gegenstand und ich – passten wir wirklich zusammen? Durfte ich dazu wirklich etwas schreiben?

Mein Tipp

Begeben Sie sich in eine solche überfordernde Situation. Schreiben Sie etwas über eine Materie, die Ihnen fremd ist. Gestalten Sie das gegebenenfalls als Experiment, begrenzen es auf einen gewissen kurzen Zeitraum und machen das „nur zum Spaß“. Sie werden sich danach noch besser in die Schreibsituation der Studierenden hineinversetzen können.

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Von „so la la“ zu „uh la la!“

Ich war keine gute Dozentin.

Diesen Satz über mich zu schreiben, tut mir nicht einmal weh. Die meisten Dozierenden haben wohl so anfangen, wie ich es gleich schildern werde. Ich hoffe (und ich denke, dass diese Hoffnung begründet und berechtigt ist), dass dieser Umstand sich im Lauf der Zeit zum Besseren ändern wird, weil die Dozierenden sich besser auf die Aufgabe des Lehrens vorbereiten bzw. vorbereitet werden. Aber das ist ein anderes Thema.

Dieser Satz, wenn er da oben so steht, impliziert natürlich, dass ich mich jetzt für eine gute Dozentin halte. Das ist manchmal wahr und manchmal nicht. Nehmen Sie das also bitte nicht zu ernst, sondern schauen mit mir auf die Dinge, die ich im Laufe der Jahre hinter mir gelassen habe.

Was hat sich gewandelt? (Eigentlich sollte ich lieber schreiben: „Wie habe ich mich gewandelt?“)

Der Fokus

Mein Fokus lag früher eindeutig auf den Inhalten: Was will ich vermitteln? Was muss ich „durchnehmen“? Welche Themenbereiche sind wichtiger als andere? Natürlich sind das heute immer noch interessante Fragen, auch wenn ich sie nicht mehr so formulieren würde.

Ein kleiner Einschub: Dem Zeitgeist entsprechend könnte ich selbstverständlich all die schönen Inhalte als zu erlangende Kompetenzen fassen. Was sollen die Studierenden tun können, wenn sie die Lehrveranstaltung abgeschlossen haben? Das jedoch geht an meinem Punkt vorbei.

Wo liegt mein Fokus heute?

Heute interessieren mich die Studierenden mehr als Inhalte und Kompetenzen. Ich will wissen, was die Studierenden bereits wissen und was sie noch wissen wollen. Worauf sind sie neugierig? Was würden sie gern tun, aber es gelingt ihnen noch nicht?

Sie können sich vorstellen, dass die Antwort auf diese Fragen jedes Mal anders ausfällt. Jeder Kurs unterscheidet sich von dem vorhergehenden, und daher gleichen sich die Veranstaltungen allenfalls in den Grundzügen.

Wie läuft es also ab in der Lehre? Wir fügen gemeinsam zusammen, was nötig ist. Wir sehen uns Inhalte an, greifen uns Nützliches heraus und verwerfen Unsinniges (diese Entscheidungen fallen individuell unterschiedlich aus). Dabei behalte ich das große Ganze im Blick, denn ich habe einen Wissens- und Erfahrungsvorsprung. Ich werfe ein und ich gebe zu bedenken. Ich ermutige, wo es mir sinnvoll erscheint. (Agile Hochschuldidaktik)

Manchmal bin ich so frei und setze Inhalte auf die Agenda, die niemand aus dem Kurs von sich aus hinzugefügt hätte und die anfangs oft sogar abgelehnt werden (Stichwort Wissenschaftstheorie). Der Unterschied zwischen dem Vorsetzen von Inhalten und dem wohlmeinenden Ergänzen ist meist hauchdünn. Ich handele jedes Mal aufs Neue mit mir selbst aus, ob ich das darf oder nicht. Ob ich es soll oder sogar muss. (Kann ich das?) Aber es ist nicht a priori klar, dass ich das tun werde. Vielleicht ist das der Unterschied.

Das Verständnis von Führung

Schlechte Lehre führt nicht. Erstens führt schlechte Lehre (was auch immer das konkret sei) nirgendwo hin – weder zum Lernen noch zur Zufriedenheit der Beteiligten. Aber das meine ich nicht. Ich meine zweitens: Schlechte Lehre vernachlässigt den Führungsanteil, den sie innehat.

Gerade habe ich dargelegt, dass ich als „prima inter pares“ mit den Studierenden die Lehre gestalte. Im Sinne klassischer Führung müsste ich mir nun widersprechen, wenn ich fordere, dass die Lehrperson eine Führungsrolle einnimmt. Denn dann müsste sie Ziele definieren und den Weg vorzeichnen.

Mein Verständnis von Führung ist partizipativer, offener, meinetwegen auch agiler. Auf jeden Fall denke ich ganz bescheiden, dass nicht kraft Amtes von Vorneherein immer alle Entscheidungen für alle Anwesenden treffen sollte.

Grenzen wären beispielsweise dort erreicht, wo wir als Gruppe den Bereich der vorgesehenen Inhalte weit hinter uns lassen würden. Wenn X getan werden soll, dann verwenden wir nicht 100 Prozent unserer Zeit für Y, auch wenn das die Mehrheit der Studierenden vielleicht sinnvoll fände. Darauf muss ich achten, da bin ich streng, um im Sinn der Hochschule zu handeln.

Enger Blick auf die Konventionen

Anfangs brachte ich wenig Toleranz für andere Konventionen des wissenschaftlichen Arbeitens mit. So, wie ich es gelernt hatte, so sollte es sein. Dabei kam mir zugute, dass ich es gleich viermal gelernt hatte. Studiert habe ich ein Hauptfach und zwei Nebenfächer (Anglistik, Politikwissenschaft und Psychologie), promoviert habe ich in der Betriebswirtschaftslehre. Der enge Blick war also gar nicht so eng. Dennoch gab es genügend Punkte, in denen ich eine sehr eindeutige Meinung vertreten habe (z. B. zur Verwendung des Wortes „Ich“), ohne mich kundig zu machen. Das finde ich im Nachhinein schade, denn es wird dem wissenschaftlichen Arbeiten nicht gerecht.

Wo könnte es sich lohnen, näher hinzusehen? Welche Punkte setzen Sie voraus, die vielleicht an anderer Stelle heftig diskutiert werden? Dazu drei Beispiele für solche blinden Flecken:

  • Halten Sie Lehrbücher für zitierwürdig? Wenn ja, bis in welches Semester?
  • Ist eine Danksagung in einer Abschlussarbeit ok?
  • Soll der Aufbau einer Arbeit in einem der ersten Kapitel erläutert werden?

(Weitere Aspekte finden Sie im Ratgeber für Erstlehrende: Klein/Miljkovic 2019, Mein Start in die Hochschullehre, Bern: Haupt/UTB; Kapitel 5: „Was ist ‚normal‘ beim wissenschaftlichen Arbeiten?)

Die konkrete Umsetzung in der Lehre

An dieser Stelle erlaube ich mir, einen Aspekt herauszugreifen, um die konkrete Umsetzung zu veranschaulichen. Früher habe ich mit Negativ-Beispielen gearbeitet, beispielsweise im Fall von Zitiertechnik oder Gliederungen. Erstaunlicherweise kommen viele Dozierende, die erstmals eine Lehrveranstaltung zum wissenschaftlichen Arbeiten halten sollen, auf diese Idee. Man nehme ein schlechtes Beispiel und suche gemeinsam mit den Studierenden die Fehler und Unzulänglichkeiten.

Ich teile Ihnen hier und jetzt mit, dass diese Methode schlecht funktioniert. Egal wie Sie es anstellen: Ein guter Teil des Kurses wird hinterher das Falsche für richtig halten und sich nicht so leicht vom Gegenteil überzeugen lassen. Besser hat sich bewährt, mit den Studierenden direkt an einem vorbildlichen Text zu arbeiten und die Studierenden so und durch vertiefendes eigenes Tun an die Konventionen heranzuführen.

Tipps für einen guten Start

Wenn Sie selbst gerade vor dem Beginn Ihrer ersten Lehrveranstaltung zum wissenschaftlichen Arbeiten stehen, möchte ich Ihnen die folgenden Punkte mit auf dem Weg in die Vorbereitung geben:

  • Reflektieren Sie Ihren Fokus. Wofür treten Sie vorrangig an: für die Inhalte oder für Personen?
  • Reflektieren Sie Ihr Führungsverständnis in Bezug auf die Lehrtätigkeit.
  • Lassen Sie gelten, was andernorts gilt.
  • Setzen Sie nicht die erstbeste Idee um, die Ihnen gut erscheint, oder seien Sie zumindest bereit, sie im Folgesemester auch wieder über Bord zu werfen.

Zum Weiterlesen:

Ulrike Hanke (2016): „Entscheidungen erleichtern“, Blogartikel abrufbar unter https://hochschuldidaktik-online.de/entscheidungen-erleichtern/

Klein, Andrea/Miljkovic, Natascha (2019): Mein Start in die Hochschullehre. Ratgeber für Erstlehrende, Bern: Haupt/UTB.

Schreiben Sie gern in die Kommentare: Was sehen Sie heute anders als zum Beginn Ihrer Lehrtätigkeit? Und wenn Sie gerade den Einstieg wagen: Welche Gedanken treiben Sie um?

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Ein Gastbeitrag ist kein Fisch

Besuch, sagt man, ist wie ein Fisch – nach drei Tagen fängt er an, zu stinken. Ein Gastbeitrag auf einem fremden Blog fängt nach drei Tagen überhaupt erst an, seine Wirkung zu entfalten.

Ich schreibe sehr gern. Ich liebe es, mir Ideen für Blogartikel zu überlegen, sie reifen zu lassen und zu gegebener Zeit meine Gedanken zu verschriftlichen.

Manchmal allerdings mag ich das gar nicht so sehr. Da fallen mir immer nur wieder die gleichen Dinge ein, zu denen ich Sätze formuliere, von denen ich gar nicht mehr sicher sagen kann, ob ich sie nicht schon einmal (zweimal? dreimal?) geschrieben habe.

Aus diesem Grund weiß ich Gastbeiträge sehr zu schätzen. Sie bringen eine neue Perspektive in den Blog. Sie verschaffen Ihnen eine schöne Abwechslung und entlasten gleichzeitig mich. Daher freue ich mich, wenn mir jemand einen Gastbeitrag anbietet oder auf meinen Vorschlag, man könne doch…, direkt einsteigt.

In diesem Artikel erfahren Sie

  • ob es für Sie sinnvoll ist, einen Gastbeitrag auf meinem Blog zu veröffentlichen
  • welche Vorteile Ihnen das bietet und
  • wie das eigentlich geht.

Ein kleiner Haken existiert allerdings auch, und den möchte ich Ihnen natürlich nicht verschweigen.

Das „Who is who“ hinter den Gastbeiträgen

Bei der genaueren Betrachtung, wer hier schon einen Gastbeitrag geschrieben hat, fiel mir auf, dass es im Wesentlichen zwei Gruppen sind.

  • Menschen, die mit (Schreib-)Trainings und Beratung ihr Geld verdienen

und

  • Dozierende, deren Lehre innerhalb eines Curriculums stattfindet und die eine Veranstaltung zum Wissenschaftlichen Arbeiten zusätzlich zur Fachlehre übernommen haben

Übrigens: Wenn Sie am Ende des Artikels bei den Schlagworten auf „Gastbeitrag“ klicken, werden Ihnen die bisherigen Gastbeiträge angezeigt.

Neu dazukommen dürfen gern

  • Studierende oder Ehemalige, die ihre Gedanken beisteuern,
  • Fachlehrende, die gerade nicht Wissenschaftliches Arbeiten lehren, und die gern ein paar Wünsche formulieren möchten
  • Menschen, die an Hochschulen über das didaktische Weiterbildungsangebot entscheiden

und auch

  • Menschen mit thematisch passenden Forschungsvorhaben oder -ergebnissen, die diese gern einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen möchten

Wegbleiben dürfen hingegen bestimmte Angebote aus verwandten Gebieten. Über themenfremde Gebiete müssen wir gar nicht erst sprechen. Denn ich setze sowieso voraus, dass Sie sich nur an mich wenden, wenn Sie etwas zu den Themen des Blogs – Wissenschaftliches Arbeiten lehren sowie Betreuung und Begutachtung studentischer Arbeiten – beitragen können. Immer wieder kommt es jedoch vor, dass mir Beiträge zu generell sinnvollen Themen (z. B. Zeitplanung) angetragen werden, die jedoch keinerlei Bezug zum Alltag an Hochschulen aufweisen und auch nicht auf die Lehre abzielen. Was hier auf dem Blog erscheint, soll entweder unmittelbar den Lehrenden helfen oder eben mittelbar den Studierenden, indem die Lehrenden etwas kennenlernen, das ihren Studierenden hilft. Ein allgemeiner Artikel über Zeitplanungsmethoden, die für alle Büroberufe gelten können, ist mir zu unspezifisch und damit leider durchgefallen.

Ok, gehen wir für alles Weitere davon aus, Sie hätten bereits eine passende Idee, die nicht durch das Raster fällt. Sie denken sich „Das könnte gehen.“ Aber noch haben Sie nicht Kontakt mit mir aufgenommen, denn irgendetwas hemmt sie.

Warum also überhaupt einen Gastbeitrag schreiben?

  • Das Verfassen eines Gastbeitrags bietet eine hervorragende Möglichkeit, das Medium Blog kennenzulernen: Wie schreibe ich einen Blog? Worauf muss ich achten?
  • Mit einem Gastbeitrag können Sie testen, ob Ihnen Bloggen überhaupt Freude bereiten würde. Vielleicht spielen Sie ja mit dem Gedanken, einen eigenen Blog aufzuziehen? Bevor Sie sich die Mühe machen und dieser dann nach fünf Artikel nur herumdümpelt, nutzen Sie doch lieber einen fremden Blog für den Testlauf.
  • Sie bekommen Aufmerksamkeit. Ihren Gastbeitrag lesen Menschen, die sonst nichts von Ihnen lesen. Sollten Sie bereits einen eigenen Blog betreiben, können Sie durch den Gastbeitrag auf dem fremden Blog vielleicht ein paar neue Interessierte gewinnen. Wenn Sie keinen eigenen Blog führen, ist der Gastbeitrag eine wunderbare Möglichkeit zum Netzwerken und Erweitern der Kontakte. Eben weil der Gastbeitrag veröffentlicht und verlinkt wird und außerdem auf Social Media geteilt werden kann. Da bleibt es nicht aus, dass die eine oder andere Kontaktanfrage kommt.

Also wenn Sie das nicht überzeugt, weiß ich auch nicht! 😉 Dann lassen Sie uns einmal die Ärmel hochkrempeln und (gedanklich) zur Tat schreiten.

Wie geht das nun eigentlich konkret mit dem Gastbeitrag?

  • Auswahl des geeigneten Blogs: Normalerweise würden Sie nun erst einmal einen passenden Blog auswählen. Dieser Schritt kann entfallen, wenn Ihre Wahl schon auf meinen Blog gefallen ist. (Ich habe übrigens im Jahr 2017 einen Artikel mit dem Titel „Mein Blog langweilt sie – hier sind die Alternativen“ veröffentlicht. Leider ist auf den meisten der genannten Blogs kaum noch etwas los.)
  • Die Kontaktaufnahme: Wie kommen wir zusammen? Sie können mich selbstverständlich mit einer ausgereiften Idee kontaktieren. Sie haben ein Leib- und Magenthema und möchten darüber schreiben? Immer her mit der Idee! Vorzugsweise schicken Sie mir eine Nachricht an andrea.klein@wissenschaftliches-arbeiten-lehren.de. Im anschließenden E-Mail- oder Telefonkontakt finden wir heraus, ob ich finde, dass die Idee zu meinem Blog passt oder ob wir sie noch ein wenig anpassen. Sie „dürfen“ aber auch den Kontakt suchen, wenn sich eine erste Idee noch entwickeln soll. Manchmal hat man ja so eine Ahnung, wohin die Reise mit dem Text gehen könnte, aber ein kleiner Dreh, ein letzter Schliff fehlen noch, um das Ganze tatsächlich anzugehen. In diesem Fall stehe ich Ihnen gern als Denkhilfe zur Verfügung.
  • Der zeitliche Aspekt: Wann Ihr Gastbeitrag erscheinen soll, ist eine Frage der Absprache. Sie sagen mir, wann Sie mir den Text zusenden, woraufhin ich die Veröffentlichung grob einplane. Sollte etwas dazwischenkommen, lässt sich sicher ein neuer Plan arrangieren. Mittlerweile bin ich deutlich flexibler als früher.
  • Der Aufbau und Stil Ihres Beitrags: Für diese Aspekte gebe ich Ihnen ein paar Hinweise in einem übersichtlichen Dokument mit auf den Weg, sobald es konkret wird. Dem entnehmen Sie, wie lang der Beitrag sein sollte, wie sie ihm Struktur geben können und was hinsichtlich der Sprache zu beachten ist.
  • Die Veröffentlichung: Mit der Technik im Hintergrund haben Sie nichts weiter zu tun. Sie lehnen sich entspannt zurück und dürfen auf meine Nachricht mit dem Link zum fertigen Gastbeitrag warten.

Was hält Sie zurück?

Moment, was ist denn mit den Nachteilen? Die sollten doch auch zur Sprache kommen. Fest steht, dass das Verfassen eines Gastbeitrags Ressourcen bindet. Kosten entstehen für Sie natürlich nicht. Aber einige Zeit wird es schon dauern, bis der Text fertiggestellt ist. Ganz fremd wird Ihnen ja das Schreiben höchstwahrscheinlich nicht sein, daher konnten Sie sich diesen Punkt schon denken.

Was vielen nicht bewusst ist: Einer der eingangs ausgeführten Vorteile kann in einen Nachteil umschlagen. Durch die Veröffentlichung eines Gastbeitrags erhalten Sie Aufmerksamkeit. Sie zeigen sich. Sie treten heraus aus der schweigenden Masse und äußern sich. Bei kontroversen Inhalten kann das durchaus dafür sorgen, dass Sie missverstanden und in (schlimmstenfalls fruchtlose) Diskussionen verwickelt werden. Vielleicht fühlt sich aber auch jemand auf den Schlips getreten und sagt es Ihnen nicht einmal. Dann merken Sie lange nichts, bis Sie anfangen, sich zu wundern. All das kann passieren, und ich möchte, dass Sie sich dieses Risikos bewusst sind und es eingehen (oder eben nicht).

Tja, wie gelingt mir jetzt die Kurve? Ich könnte schreiben „Seien Sie mutig und wagen Sie es! Sie werden sehen, was das Gutes bewirkt.“ Letztlich wissen nur Sie selbst, ob dieser Schritt in diesem Moment für Sie passend ist. Ich persönlich bin immer gut gefahren bei meinen Entscheidungen für größere und kleinere Wagnisse, die mir im Vorfeld ein gewisses Kribbeln beschert haben.

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Quantitative Forschung – Was müssen Einsteiger wissen?

Ein Gastbeitrag von Daniela Keller

Das Feld der quantitativen Forschung ist sehr weit und schreckt vielleicht aufgrund der Nähe zur Mathematik und Informatik viele Studierende ab.

Wie kann man Einsteigern trotzdem einen möglichst einfachen Zugang zu diesem Gebiet geben?

Was muss eine Anfängerin oder ein Anfänger wissen, um mit einem ersten quantitativen Projekt beginnen zu können?

Diese Fragen beantworte ich hier anhand von sechs Punkten:

1. Klare Fragestellung und präzise Hypothesen

Die Forschungsfrage und damit die Fragestellung der Arbeit muss klar formuliert sein. Aus dieser Fragestellung heraus werden anschließend präzise Hypothesen formuliert. Diese Hypothesen dürfen jeweils nur eine Idee enthalten und müssen messbar sein. Messbar heißt: alle für die Beantwortung der Hypothesen benötigten Informationen müssen als Daten vorliegen oder müssen erhoben werden können.

Nur mit einer so klaren Fragestellung und den daraus sich ergebenden präzisen Hypothesen können die Studierenden die nächsten Schritte gehen und verlieren sich nicht in unnötigen oder unmöglichen Datenanalysen.

2. Grundlegendes Verständnis eines Signifikanztests

Die Studierenden müssen verstehen, wie ein Signifikanztest funktioniert. Es muss ihnen klar sein, was eine Nullhypothese und was eine Alternativhypothese ist und wie das Ergebnis des Signifikanztests sich auf diese Hypothesen auswirkt. Sie müssen die Bedeutung der statistischen Signifikanz verstehen und wissen, was das Signifikanzniveau und was die Teststärke sind und wie diese Elemente gemeinsam mit der Fallzahl und der Stärke des Effekts in Wechselwirkung stehen:

  • Um einen kleinen Effekt als signifikant nachzuweisen, benötigt man eine große Fallzahl.
  • Einen großen Effekt kann man auch mit kleiner Fallzahl als signifikant nachweisen.

Dadurch wird es ihnen möglich, das Ergebnis eines Signifikanztests richtig zu interpretieren und richtig in ihr Forschungsergebnis einzuordnen.

3. Bedeutung der Datenerhebung für die Datenqualität

Außerdem sollten die Anwender wissen, woher die Daten kommen und wie sie erhoben wurden. Zudem brauchen sie ein Bewusstsein dafür, wie die Art der Datenerhebung die Datenqualität und damit das Ergebnis der Forschung beeinflusst.

Hier sollten Themen angesprochen werden wie:

  • Grundgesamtheit und Stichprobe,
  • Art der Stichprobenziehung (zufällig, geschichtet, Cluster…),
  • Validität und Reliabilität des Erhebungsinstruments und
  • Erstellung eigener Erhebungsinstrumente (z.B. Fragebogen).

Mit dem Bewusstsein für die Wichtigkeit dieser Themen werden die Forschenden mehr Sorgfalt bei der Wahl sowohl der Stichprobe als auch der Erhebungsinstrumente walten lassen. Und selbst wenn keine optimalen Bedingungen (keine Repräsentativität, keine validierten Fragebögen) bestehen, werden sie ihre Ergebnisse vor diesem Hintergrund richtig einordnen und diskutieren können.

4. Variablentypen kennen und Unabhängigkeit verstehen

Ganz einfach und greifbar lässt sich vermitteln, dass es verschiedene Variablentypen gibt und dass die Kenntnis des Variablentyps wichtig für die Auswahl der passenden statistischen Verfahren ist. Meist reicht es, wenn man zwischen den Messniveaus metrisch, ordinal und nominal unterscheidet. Es sollte zudem noch angesprochen werden, dass es Grenzfälle gibt wie Likert-Items oder Besonderheiten wie Überlebenszeiten.

Ein weiterer wichtiger Punkt, der häufig unter den Tisch fällt, ist die von den meisten statistischen Methoden vorausgesetzte Unabhängigkeit der Messungen. Es wird in den meisten Analysemethoden davon ausgegangen, dass die einzelnen untersuchten Fälle (z.B. Probanden) voneinander unabhängig sind. Diese Annahme kann nicht bestehen, wenn es sich um hierarchische Daten handelt, z.B. Messungen an Schülern sowohl aus der gleichen Klasse als auch aus unterschiedlichen Klassen. Dann sind sich die Schüler aus der gleichen Klasse ähnlicher als die aus verschiedenen Klassen und dies führt zu teilweise verbundenen Daten. Solche Daten benötigen besondere Analysemethoden wie z.B. lineare gemischte Modelle.

Komplett verbundene Datensätze, wie z.B. eine Messwiederholung über die Zeit, ist auch mit klassischen Analysemethoden gut umsetzbar und stellt kein Problem dar. Hier muss nur darauf geachtet werden, dass die passende Methode für verbundene Daten ausgewählt wird.

5. Auf Voraussetzungen achten

Natürlich braucht kein Anwender alle statistischen Methoden mit allen zugehörigen Voraussetzungen komplett zu kennen. Ein Einsteiger sollte aber wissen, dass die meisten Signifikanztests und statistischen Modelle bestimmte Voraussetzungen an die Daten stellen und dass diese vom Anwender geprüft werden müssen.

Zum Einstieg kann man dafür zum Beispiel auf die Normalverteilung und deren Überprüfung eingehen, da diese bei zahlreichen statistischen Methoden zu untersuchen ist.

Ziel ist, dass die Anwender dafür sensibilisiert werden bei der Durchführung der Statistik auf die Prüfung und Einhaltung der jeweiligen Voraussetzungen zu achten.

6. Statistiksoftware kennen

Um die Analyse selbst rechnen zu können, müssen die Studierenden eine Statistiksoftware benutzen. Es gibt verschiedene Software mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen hinsichtlich Benutzerfreundlichkeit, Kosten, Zugänglichkeit und Funktionen.

Wichtig ist, dass den Studierenden klar ist, dass sie eine Statistiksoftware benötigen. Um Zeit während der eigentlichen Auswertung zu sparen und Fehler zu vermeiden, lohnt es sich, sich schon vorab mit der Software in den Grundzügen vertraut zu machen.

Fazit

Wenn Sie es schaffen, Ihren Studierenden diese sechs Punkte zu vermitteln, bereiten Sie sie gut auf den Einstieg in das quantitative Forschen vor. Das erste quantitative Projekt Ihrer Studierenden wird ihnen leichtfallen und sie werden dieses Wissen für alle weiteren Projekte nutzen, dort erweitern und vertiefen.

Wenn Sie selbst oder Ihre Studierenden Ihr Statistikwissen vertiefen wollen und sich eine große Portion Motivation und Fokus für Ihr Projekt holen möchten, dann machen Sie mit bei der gratis, online Statistik-Challenge von 11. bis 13. Mai 2020. Anmeldung hier möglich: https://statistik-und-beratung.de/statistik-challenge/

Daniela Keller, Statistikexpertin

Einen früheren Gastbeitrag von Daniela Keller finden Sie hier: Statistische Irrtümer vermeiden

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Wissenschaftliches Arbeiten mit Herz

Auf meiner Visitenkarte steht geschrieben: „Wissenschaftliches Arbeiten mit Herz“. Wenn ich die Karte überreiche, sehe ich mein Gegenüber meist lesen und dann – lächeln. Die häufigste Reaktion lautet: „Oh, wie schön!“ Und das Lächeln bleibt noch eine Weile im Gesicht.

Seltsamerweise fragt mich niemand, was das eigentlich bedeuten soll, dieses wissenschaftliche Arbeiten mit Herz. Unausgesprochen scheint klar zu sein, dass das etwas sehr Sinnvolles und auch Wünschenswertes sein muss. Etwas, das es nicht so oft gibt in der aktuellen Hochschullandschaft.

Was soll das nun also heißen?

Eins steht zunächst einmal fest: Wissenschaftliches Arbeiten ist mehr als nur korrektes Zitieren. Das hat sich mittlerweile erfreulich weit herumgesprochen. Viele Lehrende unterschreiben diesen Satz, während andere zwar zustimmen, jedoch nur um unmittelbar danach zu ergänzen, dass ja wohl auch die Seitenränder und der korrekte Zeilenabstand dazugehören.

So meine ich das offensichtlich nicht. Tatsächlich meine ich zunächst einmal, dass neben der Form des zu verfassenden Texts auch die Sprache und natürlich inhaltliche Aspekte Gegenstand der Lehrveranstaltung zum wissenschaftlichen Arbeiten sein sollten. (Lehrpersonen, die wissenschaftliches Arbeiten nicht in ihrem Fach lehren, können inhaltlich selbstverständlich nicht in die Tiefe gehen. Dennoch wissen sie, wie argumentiert wird, und können das vermitteln.) Das alles ist gewissermaßen das Produkt des Schreibens.

Gehen wir einen Schritt weiter: vom Produkt zum Prozess.

Meine Überzeugung ist: Um dem Schreiben dieses Produkts gerecht zu werden, sollte auch der Prozess gebührend betrachtet und vor allem von den Studierenden im Rahmen der Lehrveranstaltung auch erlebt werden. Sie sollen handelnd erleben, was wissenschaftliches Arbeiten ist und wie sie den Prozess individuell gestalten können, und ja, auch gestalten dürfen.

Weit und breit noch kein Herz zu sehen, meinen Sie?

Dann lassen Sie uns doch einmal einen Blick auf die Dozierenden werfen.

Eine Lehrperson, die nicht nur die korrekte Form einer wissenschaftlichen Arbeit lehrt, sondern auch Sprache und inhaltliche Aspekte und darüber hinaus noch den Schreibprozess in die Lehrveranstaltung integriert, kann das auf die eine oder andere Weise tun:

  • „Ohne Herz“ ist nach meinem Dafürhalten gleichzusetzen mit „streng, direktiv, festgefahren und unreflektiert“.
  • „Mit Herz“ ist gleichbedeutend mit „verständnisvoll, nicht direktiv, offen für Individualität, reflektiert“.

Sind die Adjektive hier als Gegensatzpaare zu verstehen? Ich denke nicht. Auch Lehren mit Herz kann streng und direktiv sein – allerdings braucht es dafür ein Gespür für die Situation. Dazu wiederum muss die Lehrperson zuhören und die richtigen Fragen stellen können. Manchen Lehrenden geht das komplett ab. Sie ziehen „ihren“ Stoff durch und übersehen dabei, dass sich doch die Studierenden etwas Neues zu eigen machen sollen (also die dargebotenen Inhalte zu ihrem eigenen Stoff machen sollen).

Ein Herz für Studierende

Der Wechsel zur psychologischen Ebene ist hier fließend, denn Themen wie Motivation und Prokrastination spielen beim wissenschaftlichen Arbeiten eine große Rolle. Wer als Lehrperson zuhört und gute Fragen stellt, landet über kurz oder lang bei diesen Themen. Es braucht „Herz“ im Sinne von Empathie, um diese Themen mehr als nur oberflächlich zu behandeln und adäquat auf die Fragen und Bedürfnisse der Studierenden zu reagieren.

Fragen Sie sich in diesem Zusammenhang doch einmal:

Kann ich nicht nur verstehen, sondern sogar akzeptieren,

  • dass der Studierende ein Problem beim wissenschaftlichen Arbeiten hat, das ich selbst noch nie hatte?
  • dass er es anders lösen will bzw. gelöst hat, als ich es lösen würde?

Oder aber:

  • Kann ich nachvollziehen, dass ein Studierender sein Problem noch nicht erkennt und dieses demnach auch nicht lösen möchte?

Und, wie oft haben Sie mit Ja geantwortet?

Was heißt „Wissenschaftliches Arbeiten mit Herz“ nicht?

Auf der Ebene der klassischen Lehrinhalte (Form, Sprache, inhaltliche Aspekte) soll „Wissenschaftliches Arbeiten mit Herz“ nicht bedeutend, dass die Lehrperson so verständnisvoll und offen ist, dass alles möglich ist. Es ist kein softes, orientierungsloses, planloses Herumreden. Es negiert nicht den Erfahrungsvorsprung der Lehrperson (andere würden sagen: die Hierarchie zwischen Lehrenden und Studierenden).

Auf der Ebene der prozessualen und psychologischen Lehrinhalte heißt es nicht „Wissenschaftliches Arbeiten mit Haut und Haaren“. Niemand muss sich komplett offenbaren und all seine Sorgen und Nöte preisgeben, die ihn vom wissenschaftlichen Arbeiten abhalten. Es gibt eine Grenze, die genau dort verläuft, wo die Themen nicht mehr angemessen in der Gruppe besprochen werden können. Das sind dann manchmal Fälle für Einzelgespräche und oft Fälle für den Hinweis auf die psychologische Beratung der Hochschule.

„Wissenschaftliches Arbeiten mit Herz“ heißt auch nicht „Einlullen und lobhudeln“. Es hilft niemandem weiter, wenn ich vor lauter Empathie nicht mehr Klartext über die Unzulänglichkeiten des Texts oder des Arbeitsprozesses reden kann. Auch mit Herz kann ich als Lehrperson einmal unbequem sein, die Samthandschuhe ausziehen und harte Fragen stellen. Ich muss es sogar, es ist mein Job.

Weiterführende Artikel

Ich weiß, was Sie nächsten November tun (2019) – das Eisbergmodell mit den verschiedenen Schichten beim Lehren des wissenschaftlichen Arbeitens

Lehrphilosophie (2017)

Manifest (2016)

Nicht Sie sind das Problem (2016)

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Studentische Texte, die man gern liest

Wie gern würden Sie einmal Texte von Studierenden in den Händen halten, die Sie so richtig gut finden? Bei denen die Lektüre ein Genuss ist?

Das tun Sie andauernd? Prima, herzlichen Glückwunsch! Dann brauchen Sie hier eigentlich gar nicht mehr weiterlesen.

Oder handelt es sich dabei um seltene Glücksmomente, die nur auftreten, wenn Sie Ausnahmestudierende in Ihrem Kurs haben?

(Spoiler: Wahrscheinlich liegt es an Ihnen, wenn Sie „immer“ nur schlechte Texte erhalten. Dann lesen Sie jetzt bitte weiter, auch wenn Sie gerade vielleicht sauer auf mich sind.)

Nicht-Lernerfahrungen

Viel zu viele Studierende machen im Lauf ihres Studiums leider Lernerfahrungen, die ihnen beim Schreiben-Lernen nicht helfen oder aber die sie sogar regelrecht ausbremsen. Eigentlich sollte man diese Erfahrungen besser „Nicht-Lernerfahrungen“ oder „Lernverhinderungs-Erfahrungen“ nennen.

  • Oft erklärt ihnen niemand das Ziel ihres Schreibens („Warum soll ich das überhaupt schreiben? Und wie soll das aussehen?“)
  • Die Schreibaufgabe ist ungeeignet, weil sie suggeriert, man müsse ein Thema abschließend behandeln, anstatt eine wissenschaftliche Frage zu bearbeiten.
  • Feedback ist kein Teil des Lernprozesses.

Da wundert es mich wirklich nicht, wenn Studierende in solchen Settings gar nicht mehr daran glauben, dass sie das Schreiben lernen können.

Ausführlicher habe ich diese Situation, die dahinterliegenden psychologischen Prozesse und vor allem Lösungsmöglichkeiten in einem Gastartikel im Blog von Dr. Eva-Maria Lerche beschrieben.

Ideal wäre es selbstverständlich, wenn an den Hochschulen passende Rahmenbedingungen für studentisches Schreiben geschaffen würden. Das wäre einmal wirklich eine sinnvolle Unterstützung beim Aufbau von Schreibkompetenz. Diese Anpassung der Rahmenbedingungen dauert allerdings ihre Zeit – wenn sie überhaupt Realität wird, wie die zähe Diskussion über die Verstetigung der QPL-Stellen zeigt.

Richten wir also lieber den Blick zunächst auf direkt anwendbare Ansätze für Sie – für Fachlehrende und Lehrende im wissenschaftlichen Arbeiten.

Als Lehrende können Sie darauf hinwirken, dass Studierende ihre Schreibschwierigkeiten bzw. den Umstand, dass es beim Schreiben nicht so geklappt hat, wie es sollte, als ein temporäres Problem, das auch nicht ihre Person in Gänze betrifft, empfinden. Was meine ich damit? Vermitteln Sie Erfolg bzw. Misserfolg als etwas, das zu weiten Teilen von der eigenen Anstrengung abhängt und nicht von festen Eigenschaften.

Zum Weiterlesen: „Nein, der ist nicht faul“ und „Nein, die ist nicht klug“

Das erfordert auf jeden Fall ein Umdenken, und das geht selten von heute auf morgen.

Ok, Sie wollen wissen, was Sie jetzt konkret tun können?

Et voilà! Hier kommen meine Vorschläge für Ihre ersten Schritte.

Erste Schritte für Lehrende in curricularen Veranstaltungen „Wissenschaftliches Arbeiten“

  • Integrieren Sie die Prozesse des Schreibens, Überarbeitens und Feedbackgebens bzw. -nehmens in die Lehre. Lassen Sie die Studierenden den Nutzen von sinnvoller Schreibsteuerung erleben, so dass sie für ihre individuellen Schreibsessions davon profitieren.
  • Kooperieren Sie mit den Fachlehrenden, tauschen Sie sich (am besten regelmäßig) mit ihnen aus.
  • Holen Sie sich Anregungen in einschlägigen Blogs ?

Erste Schritte zu schreibförderlicher Lehre für Fachlehrende

  • Informieren Sie sich über das sogenannte „Schreiben in der Lehre“, um eine Vorstellung davon zu entwickeln, wie Sie kleinere Schreibaufgaben in Ihre Veranstaltung integrieren. (Literaturtipp)
  • Vergeben Sie vor allem anfangs konkrete Schreibaufträge. Lassen Sie (ruhig auch kürzere) Texte schreiben, die auf konkreten Fragen Ihres Fachs beruhen.
  • Wenn Sie mit einer klassischen Themenvergabe arbeiten (müssen), leiten Sie die Studierenden dabei an, wie sie sich das Thema zu eigen machen, es eingrenzen und ihre Fragestellung bzw. Forschungsfragen entwickeln. Studierende brauchen vor allem bei ihrer ersten Arbeit erfahrungsgemäß Unterstützung bei diesem Prozess. Im Studienverlauf können Sie diese Hilfe immer mehr reduzieren.
  • Integrieren Sie kleine Feedback-Übungen zu studentischen Texten in Ihre Veranstaltungen.
  • Machen Sie Ihre Anforderungen an studentische Arbeiten transparent: Wie begutachten Sie? Worauf kommt es Ihnen an?
  • Weitere Anregungen für schreibförderliche Lehre finden Sie im Positionspapier der Gesellschaft für Schreibdidaktik und Schreibforschung (gefsus).

 

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