Da das Thema in einer Diskussion in der Facebook-Gruppe Hochschuldidaktik gerade wieder hochkam, möchte ich in diesem Beitrag noch einmal den Aspekt aufgreifen:
„Wo lernt man denn Wissenschaftliches Arbeiten, wenn nicht an der Hochschule?“
Oder, wie ich es in einem älteren Artikel formuliert habe: „Ist es nicht paradox, dass man sich im wissenschaftlichen System gerade ‚Wissenschaft‘ selbst beibringen soll?“
Lassen Sie uns noch tiefer in die gleiche Kerbe schlagen:
Methodisch und methodologisch gut ausgebildete Studierende sind ein Segen.
Hochschulen sollen den Studierenden nicht nur wissenschaftliches Schreiben beibringen (was viele nicht einmal tun), sondern gefälligst auch, wie sie zu neuen Erkenntnissen gelangen können.
Das bedeutet:
Studierende sollen wissen, welche Methode sie im vorliegenden Fall anwenden möchten, um ihre Fragestellung einer Lösung zuzuführen. Sie sollen auch wissen, welche Methode sie besser nicht anwenden.
- Damit ist einerseits das Wissen darum gemeint, was die Methode zu leisten vermag und was nicht. Studierende sollen wissen, was sie von der gewählten Methode erwarten können und wo die Limitationen liegen. Sie sollen beurteilen können, was herausgekommen ist und wie dies einzuordnen ist.
- Andererseits geht es um die Möglichkeiten der Studierenden. In seinem Kommentar zu meinem Beitrag von Anfang April schreibt Christian Wymann sinngemäß, die Studierenden sollen realistisch bleiben, wenn sie eine forschende Haltung einnehmen. Dem stimme ich voll und ganz zu. Es ist dabei die Aufgabe der Lehrperson, in der Beratung das Forschungshandeln zu kanalisieren und sinnlose oder überambitionierte Projekte in eine bessere Richtung zu lenken.
Eine These
An der Stelle wage ich einmal eine These: Auch mit der besten Schreibberatung kann niemand aus einer schlecht angelegten Arbeit eine sehr gute machen.
Das ist ja auch gar nicht das Ziel. Aber: Wir brauchen alles drei: Schreibtraining, Schreibberatung und eine solide Methodenausbildung im Fach.
Mit einer soliden Methodenausbildung meine ich nicht nur eine einzelne Vorlesung in Statistik. Wer eine solche Vorlesung besucht hat, weiß danach (eventuell!), was er mit Daten tun kann. Aber woher kommen diese Daten, wie werden sie erhoben? Hat das einmal jemand mit den Studierenden besprochen? Geschweige denn, geübt?
Ich wiederhole mich gern: Methodisch und methodologisch gut ausgebildete Studierende sind ein Segen.
Sie wissen nicht nur, was sie tun wollen, sondern auch noch, wie sie es in die Tat umsetzen. Zusätzlich sind sie in der Lage, den Methodenteil ihrer Arbeit so zu verfassen, dass er der Sache gerecht wird und gut lesbar ist.
Methoden als Erfahrungsräume
Der Ausdruck „Methoden als Erfahrungsräume“ aus der Überschrift stammt übrigens nicht von mir, sondern von Rolf Arnold und Christiane Stroh. Sie verwenden ihn in einem anderen Kontext in ihrem Buch „Methoden Systemischer Erwachsenenbildung“. Gemeint ist, dass die Methode viel mehr als nur der Weg zum Ziel ist, sondern Erfahrungsräume für diejenigen öffnet, die an ihr teilnehmen (in einem Setting der Erwachsenenbildung). Da das empirische Forschen ja vom Wortsinn her ebenfalls mit Erfahrung zu tun hat (griechisch empeiria, Erfahrung), passt das gut. Je nachdem, welche Methode jemand in seinem Forschungsprojekt verwendet, öffnet er den einen oder den anderen Erfahrungsraum. Die Person wird mit Methode A andere bzw. andersartige Ergebnisse herausbekommen als mit Methode B. Daher ist das Wissen um die Vor- und Nachteile der Methoden und deren Aussagekraft so wichtig.
Inwiefern sind Sie bei Ihrer Arbeit mit den Studierenden mit Methodenfragen konfrontiert?